Foto: Sono-Motors / Lars Löhle, Head of Product

Interview mit Sono-Motors: Können solare E-Fahrzeuge die nächste große Mobilitätswelle auslösen?

Was vor zehn Jahren in einer Garage begann, ist heute ein börsennotiertes Unternehmen (NASDAQ: SEV). Sono Motors ist ein deutsches Start-up, das 2016 erste Bilder eines mit Solarzellen bestückten Elektroautos „Sion“ präsentierte. Wir sprachen mit Lars Löhle, Head of Product über den Werdegang des Unternehmens, von Beginn an bis heute und erfahren mehr über die weiteren Zukunftspläne des Münchner Unternehmens.

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Sabina Koll, trans.iNFO: Vielen Dank, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben. Als kurze Einführung möchte ich Sie bitten, über die ersten Schritte von Sono-Motors als Start-up zu erzählen.

Lars Löhle, Head of Product bei Sono-Motors: Mittlerweile kommt es auf die Definition ein bisschen an, Start-up oder Scale-up. Uns gibt es jetzt seit sechs Jahren und wir haben mittlerweile über 400 Mitarbeiter am Standort München.

Wir wachsen stark und schnell und inzwischen nicht mehr nur im Privatfahrzeugbereich mit dem Sion, sondern seit eineinhalb Jahren mit starkem Fokus auf dem B2B- und Solartechnologie Bereich.

Wie ist Sono-Motors auf die Idee gekommen, Fahrzeuge mit Solarzellen auszustatten?

Die Idee von Sono Motors ist jetzt genau 10 Jahre alt. Damals haben die beiden Gründer, Laurin Hahn und Jona Christians ein Auto umgebaut, den originalen Motor auf einen e-Motor ausgetauscht und erstmals Solarzellen montiert und geschaut, ob deren Idee überhaupt funktioniert. Und 2016 ist dann die Idee in die Gründung gegangen. Sie haben sich die Frage gestellt, wo Energie am Fahrzeug gebraucht wird und eine innovative Solartechnologie entwickelt, die Solarzellen direkt in die gesamte Außenhaut des Fahrzeugs integriert.

Seit eineinhalb Jahren nutzen wir nun diese Technologie und haben sie weiterentwickelt für den Nutzfahrzeugbereich. Wir haben das enorme Potential erkannt und das Interesse der Industrie ist ebenso da. Unsere strategischen Geschäftsbereiche umfassen die Kategorien E-Transporter oder E-Trucks sowie Kühlfahrzeuge und Busse.

Können Sie die Idee, die hinter Sono-Motors steht, in drei Sätzen beschreiben?

Vor allem die Vision, eine Welt ohne fossile Brennstoffe – dafür sind wir angetreten. Unsere Mission ist ganz klar, die Solartechnologie auf jedes Fahrzeug zu bringen. Und das tun wir in unseren beiden Fokusbereichen,der B2B Transport-Sektor und der Fahrzeugendkundenbereich mit dem Sion.

Sono-Motors startete 2016. Was waren in den sechs Jahren die größten Hindernisse als Start-up?

Bei einer Firmenentstehung gibt es viele Hindernisse und es kommt ganz auf die Phase an. Derzeit ist gut ausgebildetes Personal ein Thema und die Finanzierung war mal ein Thema. Seit November 2021 sind wir an der Nasdaq Börse in New York gelistet. Das heißt, wir haben Zugang zum Kapitalmarkt, das erleichtert natürlich vieles. Und technische Herausforderungen gibt es immer.

Warum haben Sie sich für Crowdfunding entschieden und nicht auf große Investoren gesetzt?

Die ersten Sion Prototypen sind durch Crowdfunding finanziert und gebaut worden, um das Konzept vorzustellen. So ist eine Riesen-Community rund um das Fahrzeug entstanden. Wir haben mittlerweile über 20.000 B2C-Reservierungen für den Sion, das ist ein enormer Erfolg und den verdanken wir der Community.

Zudem sind viele sehr aktiv und engagiert. Beispielsweise nahmen während der Vorstellung der letzten Generation an Serienvalidierungsfahrzeugen im Juli dieses Jahres 2.000 Community-Mitglieder teil.

Elektromobilität ist momentan in aller Munde. Ein besonders starker Player ist in diesem Segment Tesla. Das Unternehmen eröffnete kürzlich die Giga-Factory in Grünheide. Sehen Sie Tesla als Ihren Konkurrenten an und was machen Sie anders bzw. besser als Tesla?

Für uns sind Elektrofahrzeuge ganz klar der Gold-Standard heute, da müssen alle hin. Wir sind einen Schritt weiter, für uns sind solar-elektrische Fahrzeuge die nächste große Welle. So können NutzerInnen möglichst autark sein von Ladestation, Energieinfrastruktur etc., was bei den stetig steigenden Energiekosten immer wichtiger wird.

Zudem ist Tesla hinsichtlich des Preissegments sowieso keine Konkurrenz für uns, da wir ein Fahrzeug für 30.000 Euro anbieten. Wir freuen uns, dass es Richtung E-Mobilität geht und wir freuen uns, der Partner für solar-elektrische Mobilität zu sein.

Welche Rolle spielt der Geschäftsbereich Logistik und Transport bei Sono Motors?

Seit eineinhalb Jahren ist das unsere zweite wichtige Säule, neben dem Sion. Um das zu verdeutlichen, haben wir vor 18 Monaten mit zwei unterschriebenen Partnerschaftsverträgen angefangen, jetzt sind es 22 Partnerschaften. Darauf sind wir stolz, jetzt sind wir im Auslieferungsmodus, d.h. die ersten Fahrzeuge aus der Nutzfahrzeugbranche gehen auf die Straße. Und seit Frühjahr rollen bereits die ersten Busse über die Straße, z.B. bei der MVG in München. Es bewegt sich viel bei uns in den verschiedenen Kernbereichen.

Gehen wir zu den technischen Aspekten und dem Klimawandel über. Von Interesse für unsere Leser*innen sind vor allem leichte und schwere Nutzfahrzeuge. Kann die Solartechnologie beim Diesel-LKW integriert werden und wie sieht das aus?

Grundsätzlich ginge es auf Diesel-LKW. Ganz gut zeigen wir das an einem Diesel-Bus, da ist das Prinzip das gleiche, wir installieren 1,4 Kilowatt Peak auf dem Dach, gehen in die 24 Volt Batterie, die auch beim Diesel-LKW existiert und können so den Dieselverbrauch reduzieren. Das erste skalierbare Retrofit-Produkt für diesen Anwendungsfall ist allerdings für den Busbereich gedacht, unser Solar Bus Kit.

Im Nutzfahrzeugbereich konzentrieren wir uns momentan auf die Kühlfahrzeuge, d.h. wir betreiben mit der Solarenergie die elektrische Kühlanlage des Anhängers. Und wenn wir dann Richtung E-Truck und E-Transporter etc. denken, da haben wir praktisch ein ähnliches Prinzip wie bei unserem Sion, da sprechen wir von Reichweitenverlängerung, reduzierten Ladezyklen etc.

Laurin Hahn, CEO und Mitgründer von Sono Motors sagt, dass Ihre Solarlösungen neben CO2-Emissionen auch Kraftstoff und Kosten sparen, sowie die Reichweite erhöhen. Können Sie mir hierzu konkrete Zahlen nennen?

Für den Bereich Diesel, Diesel-Busse in dem Fall, da erwarten wir bis zu 1.500 Liter Dieseleinsparung pro Jahr und pro Fahrzeug. Für z.B. Kühlauflieger (40-Tonner), wenn wir sowohl Seiten als auch das Dach nutzen, dann können wir in Summe bis zu 50 Prozent des Energiebedarfs der Kühleinheit pro Jahr zur Verfügung stellen. Das ist der Jahresdurchschnitt, in wärmeren Monaten haben wir höher und im Winter natürlich entsprechend niedrigere.

Muss das Fahrzeug stundenlang im direkten Sonnenlicht stehen und wie sieht es bei weniger idealen Bedingungen aus?

Ganz grundsätzlich: Mehr Sonne hilft mehr. Wir haben aber unsere Solartechnologie daraufhin optimiert, dass wir auch bei diffusen Lichtverhältnissen laden. Braucht man natürlich auch bei der Autoentwicklung, man will nicht nur in Spanien aber auch in Nordeuropa gute Ergebnisse erzielen. Das erreichen wir dank der Anwendung von effizienten Zellen, d.h. wir sprechen von 22 bis 23 Prozent Effizienzen auf der Solarzellen Ebene. Wir nutzen klassischerweise IBC-Solarzellen, mit Rückkontakt, dann haben wir vorne keine Drähte etc., was zu Verlusten führt. Effiziente Zellen sind also das eine und das andere ist unser intelligenter Solarladeregler, die MCU.

Die Auslieferung des Sion soll im nächsten Jahr beginnen. Was sind die nächsten Meilensteine, die Sie anstreben?

Beim Sion ist der nächste große Meilenstein die Auslieferung im zweiten Halbjahr 2023. Bis dahin müssen diverse Tests mit unserer Serienvalidierungsflotte durchgeführt werden.

Im Nutzfahrzeug-Segment ist der Hochlauf des Solar Bus-Kits ein großer Meilenstein für uns. Außerdem gehen wir mit unseren Partnern wie Chereau, Kögel etc. in die Erprobung und Testphase, d.h. wir finalisieren die elektrische Integration wir testen die Installationen im Alltagstest und wir validieren die Solarertragszahlen aus unseren Simulationsmodellen.

Quelle: Sono-Motors

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