Automatisierung in der Logistik. Wird der Beruf des Spediteurs verschwinden?

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Vor über einem Dutzend Jahren hat sich kaum jemand vorgestellt, dass ein Telefon Kalender, Kameras, Computer und Taschenrechner ersetzen würde. Die Welt entwickelt sich ebenso wie die Logistik, die immer moderner wird. Werden in den nächsten Jahren revolutionäre Veränderungen auf uns zukommen? Grzegorz Szenejko, der Inhaber von Go Logis, spricht über Logistik im Kontext der sich dynamisch entwickelnden Automatisierung.

TRANS.INFO Wo kann man Automatisierung in der Logistik erkennen?

Gregor Scheneiko: Die erste und gleichzeitig die Zwischenstufe der Versorgungskette sind Lager und Distributionszentren. Die Kontraktlogistik entwickelt sich schon seit einigen Jahren sehr intensiv und in ganz Polen werden immer mehr moderne Distributionszentren gebaut. Im Expresstempo wurden Barcode-Lesegeräte eingeführt, die bereits fast alle besitzen, und Lagerverwaltungsanwendungen WMS (Warehouse Management System), die zum Beispiel die Mitarbeiter über den genauen Standort jedes gelagerten Artikels informieren. Automatische Gabelstapler werden zum Standard. Immer öfter werden vollautomatisierte Lager geöffnet, wie zum Beispiel Olimp Labs. Von den üblichen unbemannten Lagern trennen uns noch der Mangel an standardisierten Sendungen, die Notwendigkeit der Warenkonfektionierung und die Kosten.

Betrifft dieses Phänomen nur Lagerhäuser?

Definitiv nicht. Ein gutes Beispiel ist der Straßentransport. Navigation, Karten oder GPS, die das Auto lokalisieren und seine Route optimieren, sind weit verbreitet. Schon jetzt werden autonome Autos getestet, die in Zukunft offenbar keine Fahrer benötigen werden. Wir hören auch von der Umsetzung verschiedener Projekte, wie der T-Scale* in der EU, die ein Beschaffungssystem für verschiedene Spediteure und Kunden einführt und unter anderem die Optimierung des Laderaums sicherstellen soll. Mann soll jedoch daran denken, wie wichtig der menschliche Faktor ist. In unserer Arbeit sind ausserdem Beziehungen wichtig, d.h. direkter Kontakt zwischen dem Kunden und dem Spediteur. Mit zwei Klicks können wir nicht alle Probleme lösen.

Nun, wie lebt sich der Spediteur im Prozess der Automatisierung ein?

Der Spediteur nutzt sehr gern automatisierte Lösungen, weil sie seine Arbeit erleichtern. Von einfachen Anwendungen, die helfen, die Arbeitszeiten zu optimieren, durch eine Reihe seit kurzem verfügbarer Werkzeuge, die uns in die Welt der elektronischen Kommunikation einführen, wie Internet, Kommunikationsprogramme, E-Mails, allgegenwärtige Smartphones, die uns zwingen, auch nach der Arbeit in Kontakt zu bleiben, oder Facebook. Es gibt auch noch entwickelte ERP (Enterprise Resource Planning)-Anwendungen, auf denen Spediteure arbeiten oder arbeiten werden, die mit ähnlichen Anwendungen von Herstellern integriert werden und dabei berücksichtigen, dass jede jeweils dediziert ist, so dass alle auf einmal nicht ganz kompatibel sind. Hier ist der Schlüssel zum Erfolg. Integration von Anwendungen von Herstellern, Lagerhäusern, Speditions- und Transportunternehmen, die den Umlauf von Dokumenten automatisiert.

Ist das keine Gefahr für Spediteure? Wenn der Fortschritt gut läuft, werden sie möglicherweise nicht mehr benötigt.

Ganz im Gegenteil. In den nächsten ein oder zwei Jahrzehnten werden wir wahrscheinlich weitere kleine Schritte in Richtung der Verwendung von Maschinen und Software unternehmen, aber es wird nicht so schnell möglich sein, die Maschinen unbeaufsichtigt zu lassen. Heute sind wir in der Phase, in der der Preis über die Wettbewerbsfähigkeit der Spedition entscheidet. Aber in naher Zukunft wird man vor allem effektiv sein müssen. Als Spediteure müssen wir daher lernen, Kommunikationsketten zu verkürzen, zum Beispiel indem Informationen automatisch zwischen Anwendungen ausgetauscht werden. Wir werden uns auf die Routenoptimierung und die Beseitigung von Leerfahrten konzentrieren – dabei werden uns Logistikzentren helfen. Wir haben auch noch viel zu tun, wenn es darum geht, den Laderaum optimal zu nutzen, der statistisch im Durchschnitt zu knapp über 50% genutzt wird. Dies wird eine Herausforderung für Verlader sein und glauben Sie mir, sie werden an keinem Mangel an Arbeit leiden!

Es sollte jedoch daran erinnert werden, dass die meisten Unternehmer kalkulieren und in wirtschaftlich tragfähige Lösungen investieren. Die volle Generation trennt uns immer noch von der vollständigen Automatisierung. Meiner Meinung nach wird es ein natürlicher Prozess sein, der Menschen ersetzen wird, wenn ihnen die Produktionsprozesse ausgehen. Nichts Schreckliches wird passieren, die Wirtschaft wird nicht zusammenbrechen und es wird mehr und mehr Arbeit für die Spedituere geben.

Lassen wir uns kreativ werden und in die Zukunft versetzen. Wie wird die Tätigkeit des Spediteurs angesichts dieser Veränderungen in ein Dutzend Jahren aussehen?

Es scheint einfach einfacher zu sein. Der Standard wird eine direkte Kommunikation zwischen den Verwaltungsanwendungen beim Kunden des Spediteurs/ Frachtführers sein. Aber es ist noch ein weiter Weg. Die übliche Anwendung für den Beförderer kostet mehrere – mehrere tausend EUR, dedizierte ERP ist eine Investition von Hunderttausenden. Nicht jeder ist bereit, diesen Betrag auszugeben, und nicht jeder kann ihn in Profit verwandeln, und solche Ausgaben müssen wirtschaftlich rentabel sein. Es gibt immer noch keinen einzigen Standard für solche Anwendungen, daher ist die korrekte Synchronisierung von ERP zwischen Hersteller, Lager, Spediteur und Frachtführer ein langer Weg.

Versand von Bestellungen mit einem Klick, Softwareoptimierung des Laderaums, Standardisierung von Verpackungen verschiedener Hersteller. Vergessen wir jedoch nicht, dass der Spediteur ein Spezialist ist. Wahrscheinlich werden wir weniger miteinander sprechen, was ich zutiefst bereue … Geschäftsbeziehungen sind extrem wichtig. Wenn wir aufhören, uns zu treffen und zu reden, werden die Beziehungen bedeutungslos sein und nur die KPIs bleiben übrig, die umgerechnet werden müssen, um das Preisniveau und die rechtzeitige Lieferung anzuzeigen.

Alles hängt von der neuen Generation und der Art der Kommunikation ab. Es ist also möglich, dass Spediteure der Zukunft mehr klicken als reden, mehr bestätigen (Prognosen in Speditionsanwendungen) als planen werden. Auf diesem Gebiet wird der menschliche Faktor jedoch immer noch sehr schwer zu ersetzen sein. Jemand muss diese magischen Automaten beaufsichtigen. Ebenso gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass Fahrer plötzlich überflüssig werden und das Problem des Mangels an Zehntausenden von Fahrern auf dem polnischen Markt verschwinden wird, weil es automatische Autos geben wird. Es ist auch wichtig, dass keiner dieser Prozesse plötzlich auftritt … Wir werden also Zeit haben, uns daran zu gewöhnen und uns vorzubereiten.

Kommentar der Redaktion:

Die Automatisierung wird bald gigantische Veränderungen in der Organisation des Verkehrs mit sich bringen. Der Datenaustausch in Echtzeit, Systeme, die automatisch den besten Spediteur für die Ausführung der Bestellung vorschlagen, oder elektronische Dokumente, die unmittelbar nach der Lieferung der Waren gesendet werden, werden die Arbeit Tausender Menschen in Transport und Logistik radikal verändern. Und genau wie Roboter in Fabriken oder Lagerhallen die Arbeit mancher Menschen ersetzen werden, werden einige Systeme zur Organisation des Transports die so genannten „Sofaspediteure” überflüssig machen.

Die Rolle eines zuverlässigen und kompetenten Spediteurs, der den Transport für den Kunden tatsächlich optimiert und verwaltet, wird zunehmen, nur die Last der Aufgaben wird auf andere Bereiche übertragen. Das ständige Anrufen, und nach Status oder Verfügbarkeit Fragen wird nicht mehr notwendig sein. Das werden z.B. die Algorithmen in Transport-Management-Systemen übernehmen. Hingegen das Schicksal von „Profis”, deren Hauptbeschäftigung geschicktes Kopieren von Angeboten ist, während sie den Lohn für den Beförderer kürzen, ist bereits bestimmt.

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