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Wie man Berufskraftfahrer effektiv gewinnt und unlautere Praktiken vermeidet Internationale Rekrutierung als strategische Antwort auf den Arbeitskräftemangel im europäischen Straßengüterverkehr

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Der sich verschärfende Mangel an Berufskraftfahrern stellt eine strukturelle Herausforderung für den europäischen Straßentransportsektor dar. Laut dem Polnischen Institut für Straßentransport (PITD) überstieg die Zahl unbesetzter Stellen bis Ende 2024 bereits 500.000. Prognosen für das Jahr 2025 deuten darauf hin, dass sich diese Zahl auf bis zu 650.000 erhöhen könnte – ein Defizit von etwa 13–15 % des gesamten Personalbedarfs in Europa. Ursächlich für diese Entwicklung ist vor allem eine ungünstige demografische Struktur. Wie PITD berichtet, sind lediglich 2,6 % der Lkw-Fahrer in Deutschland und 3 % in Polen und Spanien unter 25 Jahre alt. Gleichzeitig ist rund ein Drittel der Fahrer über 50 und damit kurz vor dem Rentenalter.

Rekrutierung aus Drittstaaten: Von der Option zur Notwendigkeit

Vor diesem Hintergrund greifen immer mehr Transport- und Logistikunternehmen auf die Rekrutierung von Fahrern aus Nicht-EU-Staaten zurück – insbesondere aus Südasien, dem Nahen Osten und Afrika. Laut Daten von Novalife Global Recruiters besteht eine besonders hohe Nachfrage nach Bewerbern aus Indien, Pakistan, Sri Lanka und Südafrika. Diese Kandidaten sind in der Regel jung, hoch motiviert und betrachten den Beruf des Fahrers als langfristige Karriereperspektive.

Vertreter des Unternehmens Waberer’s, einem führenden Akteur in Mittel- und Osteuropa, berichten von einer außerordentlich niedrigen Fluktuationsrate bei ausländischen Fahrern – lediglich rund 2 % jährlich. Die Mehrheit der neu eingestellten Fahrer bleibt mindestens zwei Jahre im Unternehmen.

Ein strukturierter und transparenter Rekrutierungsprozess

Wie PITD betont, erfordert eine erfolgreiche Rekrutierung aus Drittstaaten einen sorgfältig geplanten, mehrstufigen Prozess. Laut Monal Sachdeva, CEO von Novalife, dauert der gesamte Ablauf in der Regel sechs bis acht Monate. Er umfasst die Vorauswahl geeigneter Kandidaten, die Überprüfung von Qualifikationen und Berufserfahrung, Schulungen sowie praktische Prüfungen.

Bei Unternehmen wie Waberer’s finden diese Tests in Dubai statt. Sie beinhalten Sprachtests in Englisch, persönliche Vorstellungsgespräche sowie praktische Prüfungen auf dem Übungsplatz. Erst nach erfolgreichem Abschluss beginnt das Visumsverfahren, das weitere zwei bis vier Monate in Anspruch nimmt.

Nach ihrer Ankunft im Zielland absolvieren die Fahrer ein Einführungs- und Mentoring-Programm, das zwischen zwei Wochen und einem Monat dauert. Erst danach nehmen sie ihre Tätigkeit eigenständig auf.

Sorgfältige Auswahl von Rekrutierungsagenturen

In einem von PITD und Novalife organisierten Webinar wiesen Experten auf die Gefahren unseriöser Personalvermittlungen hin. Immer wieder kommt es vor, dass Fahrer ohne grundlegende Qualifikationen, ohne ausreichende Englischkenntnisse oder mit mangelnder Praxiserfahrung vermittelt werden.

Sanaya Mistry, Direktorin bei Novalife, rät Unternehmen zur Vorsicht gegenüber sogenannten roten Flaggen: etwa fehlende Lizenzen, eine auffällig kurze Marktpräsenz oder Versprechen, die mit der Realität nicht übereinstimmen. Sie empfiehlt ausdrücklich persönliche Gespräche mit Agenturvertretern sowie den Abschluss eines detaillierten, vertraglich abgesicherten Leistungskatalogs.

Internationale Rekrutierung als strategischer Imperativ

Obwohl einige Unternehmen nach wie vor Vorbehalte gegenüber der Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen haben, lässt die Marktlage keinen Zweifel zu: Internationale Rekrutierung ist längst keine Notlösung mehr, sondern eine strategische Notwendigkeit. Wie Konstantin Bohorszkij von Waberer’s betont, ist mit einer weiteren Zuspitzung des Fahrermangels in Europa zu rechnen. Umso wichtiger ist der Aufbau professioneller, transparenter und rechtskonformer Rekrutierungskanäle – als Grundlage für Wettbewerbsfähigkeit und operative Stabilität in einem zunehmend angespannten Marktumfeld.