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Nutzung von Kapazitäten und Beständen zur Optimierung des Transports

Die Pandemie ist der Auslöser für Lieferverzögerungen und erhöhte Frachtkosten. Vor vielen Häfen stauen sich die Frachtschiffe: Sie können nur mit Verspätung be- oder entladen werden – oder es gibt einfach nicht genug Container, um die Waren zu transportieren. Laut NDR ist in Hamburg seit Jahresbeginn fast kein einziges Schiff mehr pünktlich gewesen. Neben den steigenden Frachtkosten und den Verspätungen gibt es noch andere, vielleicht weniger prominente Störungen, mit denen die Lieferkette zu kämpfen hat: Die eine betrifft die Kapazität, die andere die Bestände. In beiden Fällen gibt es Raum für Optimierungen.

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Die Kapazität ist aufgrund von Schwankungen bei Transport, Angebot und Nachfrage fließend. Im Moment ist der Transportmarkt ziemlich angespannt, was auf viele gängige Faktoren wie Fahrermangel zurückzuführen ist. Nach Angaben des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) fehlen in Deutschland 60.000 bis 80.000 LKW-Fahrer. Hinzu kommt, dass die Spediteure Schwierigkeiten haben, ihre Kapazitäten aufgrund des verfügbaren Equipments zu erhöhen. Die Folge: Die Kapazitäten sind derzeit alles andere als flüssig.

Auch bei den Lagerbeständen fällt es den Herstellern schwer, die Bestände wieder auf das Vorpandemieniveau aufzufüllen. Daher haben auch die Versender nur begrenzte Bestände. Infolgedessen werden die Bestellungen nicht vollständig erfüllt. Unzählige LKWs, die auf der Straße unterwegs sind, sind also nur zur Hälfte beladen. Es liegt auf der Hand, dass es nicht optimal ist, viel Luft zu transportieren, wenn die Kapazitäten knapp sind. Es ist wichtig zu bedenken, dass für jeden suboptimal beladenen LKW, die gesamte Fracht bezahlt werden muss, auch wenn er nur zu 80 % oder 70 % ausgelastet ist.

Als Folge davon üben Kapazität und Bestände derzeit zusätzlichen Druck auf die Lieferketten aus. Die Auswirkungen sind sowohl auf Unternehmens- als auch auf Verbraucherebene in Form von längeren Wartezeiten, vergriffenen Beständen und Preissteigerungen zu spüren. Natürlich leiden auch die Spediteure und Verlader unter der Situation und versuchen, diese Herausforderungen zu bewältigen, indem sie beispielsweise – wenn möglich – zusätzliche Kapazitäten schaffen oder nach alternativen Routen suchen.

Kapazitäten optimieren

Viele Unternehmen ziehen etwa ein dediziertes oder ein hybrides dediziertes Transportmodell in Betracht, um ein gewisses Maß an Kapazität zu gewährleisten. Wer den LKW besitzt und den Fahrer beschäftigt, hängt in der Regel von dem gewählten Transportmodell ab. Dedizierte Transporte sind Dienstleistungen, die von externen Logistikteams angeboten werden und bei denen LKW-Spediteure eine Reihe von Ressourcen (LKW und Fahrer) zuweisen und ein „Mini”-Netzwerk ausschließlich im Auftrag eines bestimmten Versenders betreiben. Dieses Modell ist ideal für regelmäßige Transporte. Im Gegensatz dazu baut eine private Flotte auf dem internen LKW-Team des Versenders auf, das in erster Linie für den Transport seiner eigenen Waren zu den Lagern, Geschäften und Kunden eingesetzt wird. Dieses Modell ist natürlich recht kapital-, personal-, system- und Management-intensiv. Deshalb beschäftigen sich viele Verlader und Spediteure mit autonomen LKWs, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Es wurden zahlreiche Konzepte entwickelt, wie etwa TuSimple oder Projekte von Volvo, um den Fahrermangel auf Strecken mit hohem Verkehrsaufkommen und hoher Kilometerleistung auszugleichen.

Es ist in gewisser Weise einer der Vorteile der Pandemie, dass mehr Unternehmen als je zuvor offen für neue Technologien sind und die Digitalisierung im Speditions- und Logistikbereich vorantreiben. Ein weiterer Vorteil besteht hoffentlich darin, dass sich die Dichotomie zwischen dem Versender- und dem Speditionsmarkt auflöst und wir uns auf eine breitere Zusammenarbeit zwischen beiden zubewegen.

Außerdem befassen sich immer mehr Unternehmen mit neueren Konzepten wie der LKW-Laderaumoptimierung, um das Problem der halb vollen LKWs zu lösen. Dies ist sinnvoll, da die Technologie zur Optimierung der LKW-Ladung eine Maximierung der Sendungen für die gesamte Lieferkette ermöglicht und die Auslastungsrate der Aufträge um fünf bis zehn Prozent erhöht.

Ein weiterer Optimierungsbereich ist die Transportprognose, bei der die Verlader wissen, was sie aus Kapazitätssicht in den nächsten Tagen benötigen. Und dann wird diese Kapazität über einen längeren Zeitraum hinweg betrachtet, um sie zu glätten und die Schwankungen zu reduzieren, damit sie besser mit der verfügbaren Kapazität übereinstimmt.

Bestandsoptimierung

Die Bestandsoptimierung nimmt Druck vom Transport, da weniger Waren transportiert werden müssen. Starke Variabilität und Ineffizienzen in der Lieferkette führen nicht nur zu Engpässen, sondern auch zu massiver Bestandsverschwendung.

Machen wir uns nichts vor. Die Chancen stehen gut, dass Unternehmen selbst unter den gegenwärtigen Bedingungen über einen gewissen Bestand verfügen – sie sollten also sicherstellen, dass dieser bestmöglich genutzt wird. Automatisierung, Datenanalyse, Algorithmen und KI spielen dabei eine entscheidende Rolle. Hier kann ein solches fortschrittliches Supply-Chain-Planungssystem wirklich glänzen, indem es die Lagerbestände von Unternehmen entsprechend ihren Geschäftszielen wie Rentabilität, Umsatzmaximierung oder Bruttomargen zuweist. In besseren Zeiten optimieren Unternehmen oft ihre Bestände, um Kosten zu senken oder den Umsatz zu maximieren und Marktanteile zu gewinnen. In der gegenwärtigen Situation, in der es zu schweren Versorgungsengpässen kommt, sind Unternehmen daran interessiert, ihre Gewinnspanne zu optimieren. Solche Planungssysteme können auch mögliche Bestandsungleichgewichte erkennen und korrigieren, indem sie überschüssige Bestände im Netz auf andere Standorte umverteilen.

Eine weitere Taktik zur Optimierung des vorhandenen Bestands ist die Nachfragesteuerung. In Zeiten, in denen das Management von Lieferengpässen für das Überleben des Unternehmens entscheidend ist, ist die funktionsübergreifende Zusammenarbeit der Schlüssel zur Kundenzufriedenheit. Mitarbeitende aus den Bereichen Lieferkette, Marketing, Merchandising und Werbung, die zusammenarbeiten, können die Nachfrage proaktiv auf verfügbare Produkte umleiten oder auf solche, die innerhalb der vom Kunden erwarteten Vorlaufzeiten geliefert werden können. Dadurch steht der Transport weniger unter Druck.

Bestands- und Kapazitätsoptimierung sind zwei wichtige Hebel, die nicht nur beim Transport helfen, sondern auch den Druck auf die gesamte Lieferkette erheblich verringern. Technologie, Transportprognosen und vollere LKWs sind nur einige der Maßnahmen, die Lieferketten ergreifen sollten, um die Herausforderungen im Transportwesen zu minimieren, die uns, wenn die Experten Recht haben, leider noch ein wenig länger begleiten werden.

Über den Autor: Mauro Adorno ist Chief Operating Officer EMEA & APAC bei ToolsGroup. Der erfahrener Supply Chain Experte hilft seinen Kunden dabei, Nachfragevolatilität und Komplexität in der Supply-Chain zu überwinden und hervorragende Servicequalität bei reduzierten Lagerbeständen zu erzielen.

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