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VW-Vorstand Renschler: „Jahrzehntelang hat Deutschland massiv vom europäischen Binnenmarkt profitiert. Nun ist es an der Zeit, dass wir unseren Partnern helfen, wenn sie in Not geraten.”

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In den en ersten drei Monaten des Jahres 2020 hat die Nutzfahrzeugtochter von VW Traton Group aufgrund der Corona-Krise Rückgänge bei Absatz, Umsatz und Ergebnis verzeichnet. Nun bereitet sich das Unternehmen auf einen Neustart der Wirtschaft in einem sehr anspruchsvollen Umfeld vor.

Der Absatz der drei Marken MAN, Scania und Volkswagen Caminhões e Ônibus ist in den ersten drei Monaten um 20 Prozent von 57.200 auf 46.000  Fahrzeuge geschrumpft. Ein deutlicher Rückgang wurde bei den LKW mit 21 % von 53.000 auf 42.000  Fahrzeuge verzeichnet. Deshalb hat VW-Tochter Traton jüngst staatliche Förderprämien für Elektroautos,  Benziner und Diesel der Abgasstufe Euro 6 gefordert.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie treffen die gesamte Wirtschaft hart, auch die Traton Group. Es braucht jetzt in Europa kurzfristig Investitionsanreize zur umweltfreundlichen Erneuerung der Lkw-Flotten, um die Krise in diesem systemkritischen Sektor zu überwinden, kommentierte Andreas Renschler, TRATON CEO und Mitglied des Vorstands der Volkswagen AG die Lage.

Bei Prognosen für das laufende Geschäftsjahr hält sich das Unternehmen zurück, doch auch für das laufende Quartal erwartet es einen Absatzrückgang, der sich auf alle Spitzenkennzahlen negativ auswirken wird.

„Wir brauchen wirksame Instrumente, um den Not leidenden Ländern zu helfen”

In einem Interview mit dem „Spiegel” kritisierte der VW-Vorstand zudem Alleingänge einiger Staaten im Kampf gegen das Coronavirus und eine mangelhafte Koordinierung der Anti-Corona-Maßnahmen auf EU-Ebene.  Damit meinte er mitunter die Grenzschließungen, die anfangs riesige Staus im Güterverkehr verursacht hatten.

Aber durch geschlossene Grenzen und Nationalismus gewinne ich doch die Kontrolle nicht zurück, ganz im Gegenteil. Probleme wie die Coronakrise und deren wirtschaftliche Folgen können wir nur gemeinsam lösen. Gerade die offenen Grenzen haben Europa stark, lebenswert und erfolgreich gemacht, sagte Renschler.

Zugleich forderte er insbesondere von Deutschland mehr Solidarität in der Krise und warnte vor den politischen Folgen einer Abgrenzung.

Die europäische Solidarität wird immer wieder von plumpem Populismus verdrängt. Leider vermehrt auch in Deutschland. Schnell heißt es, wir müssten an uns selbst denken, andere Länder wollten doch nur an unser Geld. Wenn ich das höre, verstehe ich die Welt nicht mehr. Jahrzehntelang hat Deutschland massiv vom europäischen Binnenmarkt profitiert. Nun ist es an der Zeit, dass wir unseren Partnern helfen, wenn sie in Not geraten. Wir dürfen jetzt nicht wieder anfangen, uns von unseren europäischen Nachbarn abzugrenzen, so der VW-Vorstand.

Er betonte auch vehement, dass eine Stagnation der Entwicklung der EU  gravierende Folgen haben könnte etwa in Form einer Rezession.

Wir brauchen wirksame Instrumente, um den Not leidenden Ländern zu helfen. Wir müssen die Kernländer in Europa wieder zusammenbringen, statt immer weiter auseinander zu dividieren. Im Moment ist das System Europa nicht in der Lage, sich weiterzuentwickeln. Wenn wir es zulassen, dass Europa in eine tiefe Rezession rutscht, sind womöglich Millionen von Arbeitsplätzen gefährdet. Und daraus würden dann die Populisten wieder Kapital schlagen, so Renschler.

Im Interview wurde ebenfalls das Thema der Verkehrswende angesprochen. Hier zeigte sich Renschler zuversichtlich und beteurte, dass den Wandel zur E-Mobilität Corona nicht aufhalten wird, da die Projekte bereits fest eingeplant seien.

Wir werden unsere Entwicklungskosten bei konventionellen Antrieben weiter runterfahren und in die wichtigen Zukunftstechnologien verlagern. Ich kenne in der ganzen Autobranche niemanden, der die Klimaziele und die damit verbundenen Strategien ernsthaft infrage stellt, so Renschler.

Foto: Wikimedia

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