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Mit widerstandsfähigen und agilen Lieferketten im Wettbewerb punkten: Wie Unternehmen resilient werden können

Agilität und Resilienz – diese beiden Begriffe haben Unternehmen in den letzten Jahren nahezu ununterbrochen begleitet. Einerseits, wenn es um die gesamte Organisation geht und andererseits, wenn Lieferketten im Fokus stehen.

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Resilienz meint allgemein die Fähigkeit, sich von etwas negativem oder einer großen Veränderung zu erholen beziehungsweise einem solchen Ereignis widerstandsfähig zu begegnen. Mit Blick auf Supply Chains geht es um die Fähigkeit eines Unternehmens, Unterbrechungen, Verspätungen und andere bremsende Einflüsse möglichst schadlos zu überstehen. Drei Aspekte spielen dabei eine Rolle: der produktive Umgang mit Unvorhergesehenem, die schnelle Erholung von negativen Einflüssen und die Anpassung an neue, herausfordernde Situationen.

Insbesondere in der aktuellen Zeit ist Resilienz überlebenswichtig, denn Unternehmen befinden sich derzeit sozusagen im „Never Normal“: Die alte Normalität wird nicht wieder zurückkehren und es gibt aktuell auch noch kein „New Normal“. Denn die Supply Chains wandeln sich weiterhin stetig. Sozioökonomische und geopolitische Ereignisse sorgen immer wieder für Störungen und neue Herausforderungen – sowohl in den Lieferketten als auch in allen anderen unternehmerischen Bereichen. Letztes Jahr stellten die Vereinten Nationen in einem Bericht fest, dass bis zum Jahr 2030 die Zahl der weltweiten Katastrophen um etwa 30 Prozent zunehmen wird – wobei etwa 80 Prozent dieser Ereignisse wetterbedingt sein werden. Selbst wenn die Gesellschaft also alle menschlichen und wirtschaftlichen Einflüsse inklusive Kriege und Inflation in den Griff bekäme, blieben niedrige Flusspegel, Überschwemmungen, Stürme und Rekordschneefälle weiterhin massive Einflussfaktoren auf globale Unternehmen und Lieferketten. Organisationen müssen also eine verlässliche Widerstandsfähigkeit aufbauen und flexibel auf neue Störfaktoren reagieren, um auch in Zukunft bestehen zu können.

Neu denken, um künftigen Herausforderungen erfolgreich entgegenzutreten

In der Vergangenheit waren Lieferketten sehr reaktiv und befassten sich in der Regel erst dann mit Störungen, wenn diese bereits eingetreten waren. Inzwischen sind die Prozesse proaktiver geworden – dank einer immensen Datenvielfalt in Kombination mit intelligenter Technologie zu deren Auswertung. Künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen und enorme Rechenkapazitäten bis hin zu Supercomputern spielen dabei eine entscheidende Rolle. Wenn beispielsweise ein Schiff wegen eines Sturms mitten auf dem Meer sinkt, hätten Unternehmen vor zehn Jahren mehrere Monate gebraucht, um herauszufinden, welche Produkte sich darauf befunden haben. Heute wissen sie das – dank Supply-Chain-Visibility-Lösungen wie Movement von project44 – in Echtzeit, weil sämtliche Container durchgängig getrackt werden. Das gilt auch für Hafenschließungen, Streiks und andere Störungen, sie sich beispielsweise auf die durchschnittlichen Verweilzeiten und die Gesamtvorlaufzeiten der Schiffe auswirken: Dank der vorhandenen Daten und der Technologie zu deren Auswertung können Unternehmen verschiedene Szenarien durchspielen und direkt analysieren, wie sich die jeweilige Änderung auf die gesamte Supply Chain auswirkt. Wenn die ursprüngliche Planung nicht funktioniert, wie stark verzögert sich die Lieferung? Ist es möglicherweise sinnvoll, auf eine andere Transportart ausweichen? Wie gestaltet sich die Situation dann? Wie würde die Transitzeit für eine Luftfrachtsendung im Vergleich zu einem internationalen multimodalen Transport aussehen? Lieferketten sind dank der Datenvielfalt inzwischen relativ transparent und gut steuerbar geworden.

Doch diese neu gewonnene Visibilität ist nur eine Seite der Medaille. Darüber hinaus braucht es das richtige Mindset, um Resilienz in der Praxis zu erreichen: Unternehmen müssen ständig darüber nachdenken, was möglicherweise passieren könnte und wie sie Störungen entgegenwirken können. Sie müssen die eigene Organisation flexibler gestalten – Stichwort: Agilität. Resilienz und Agilität bedeuten nicht nur, dass Betriebe widerstandsfähiger werden, sondern auch, dass sie sich sehr schnell verändern können, um sich an die jeweilige neue Situation anzupassen. Dazu darf das Management keine Angst haben, etablierte Prozesse und gewohnte Methoden zu ändern, wenn es notwendig ist.

Resilienz ist eine Management-Aufgabe

Resilienz im Unternehmensalltag erfordert vor allem die Fähigkeit, sehr schnell fundierte Entscheidungen zu treffen. Doch genau hier scheitern viele Organisationen. Dabei sind die notwendigen Daten vorhanden und können dank intelligenter Technologie in Sekundenschnelle ausgewertet werden. Doch rasante Entscheidungen benötigen neben einer verlässlichen Datenanalyse auch eine offene Kommunikation sowie reibungslose Zusammenarbeit – intern sowie mit Partnern. Denn die Supply Chain ist – wie der Begriff schon sagt – eine Kette. Sie betrifft nie nur ein einziges Unternehmen, sondern funktioniert grundsätzlich nur, wenn verschiedene Betriebe zusammenarbeiten. Und was stromaufwärts beispielsweise mit einem Lieferanten passiert, hat Auswirkungen auf die darauffolgenden Organisationen, weil diese auf Materialien und Produkte angewiesen sind, um selbst produktiv sein zu können. Transparenz und Kommunikation auf allen Ebenen sind also unerlässlich für den Erfolg sämtlicher an der Lieferkette beteiligten Betriebe.

Hier steht das Management in der Pflicht. Denn es gilt, die Unternehmenskultur auf Kommunikation und Zusammenarbeit auszurichten und dabei Prozesse, Infrastruktur und Führungsstil nicht aus den Augen zu verlieren. Um all das erfolgreich umzusetzen, braucht es ein Team, das sich gerne mit Technologie beschäftigt, digital arbeitet und möglichst vielfältig zusammengesetzt ist. Wer Veränderung grundsätzlich infrage stellt und sich stattdessen auf althergebrachte und langjährig gewachsene Prozesse versteift, passt nicht in eine auf Resilienz ausgerichtete Unternehmenskultur. Die Etablierung des passenden Mindsets wird zum Schlüsselfaktor. Ebenso wie die Investition in eine agile, flexible und anpassungsfähige Infrastruktur.

Krisen zeigen deutlich, wer resilient aufgestellt ist

In den vergangenen drei Jahren haben zahlreiche Unternehmen, wie beispielsweise Einzelhandelsunternehmen sowie Gastronomiebetriebe eindrucksvoll ihre Widerstandsfähigkeit unter Beweis gestellt. Die Pandemie führte zu Lockdowns und plötzlich wurden die bisherigen Geschäftsmodelle obsolet. Dann hieß es: Nur wer erfinderisch wird, bleibt bestehen. Restaurants bauten ihre Lieferservices aus, Einzelhändler verlagerten sich auf Online-Marktplätze und zahlreiche Unternehmen entdeckten digitale Kanäle für sich, um der drohenden Insolvenz entgegenzuwirken. Das ist es, was Resilienz ausmacht: agieren statt reagieren, gestalten statt beobachten und verändern statt erstarren. Der aktuelle Wandel der Wirtschaft ist noch in vollem Gange, aber die Rezession von 2008 und 2009 zeigte bereits eindrucksvoll, dass anpassungswillige Unternehmen und solche, die am meisten in neue technologische Möglichkeiten investiert haben, am Ende viel besser aufgestellt waren. Widerstandsfähigkeit und Flexibilität führen auf lange Sicht zu Leistungsfähigkeit und Stärke.

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