Die USA sind ein bedeutender Absatzmarkt für deutsche Automobilhersteller wie BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen. Im Jahr 2024 wurden 446.566 deutsche Fahrzeuge in die USA exportiert. Die Einführung von 25 Prozent Zöllen auf alle PKW und leichte Nutzfahrzeuge, die nicht in den USA hergestellt werden, würde diese Exporte verteuern, was zu einem potenziellen Rückgang der Nachfrage führen könnte.
Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), bezeichnet die Zölle als “fatal für den freien und regelbasierten Handel” und betont die Belastung für Unternehmen und globale Lieferketten.
Konsequenzen für den Logistiksektor
Ein Rückgang der Autoexporte in die USA würde auch den Logistiksektor betreffen, besonders betroffen sind Transportunternehmen, Häfen und Zulieferer, die eng mit der Automobilindustrie verbunden sind. Weniger Exporte bedeuten reduzierte Transportvolumina für Spediteure und Reedereien, was zu Umsatzeinbußen führen kann. Zudem könnten sich durch die Zölle Handelsströme verlagern, was Anpassungen in den bestehenden Logistikketten erforderlich macht.
86 Prozent der Unternehmen im automobilen Mittelstand gehen davon aus, dass die Zölle der USA gegen zahlreiche Staaten und Regionen auch sie betreffen werden. Dabei geht etwa jedes zweite Unternehmen (54 Prozent) davon aus, indirekt betroffen zu sein, zum Beispiel durch Lieferanten und Kunden. Rund jedes dritte Unternehmen (32 Prozent) sieht sich direkt betroffen”.
Das ist eines der Ergebnisse einer aktuellen Umfrage, die der VDA unter den Automobilzulieferern sowie den mittelständisch geprägten Herstellern von Anhängern, Aufbauten und Bussen im Februar 2025 durchgeführt hat.
Lesen Sie mehr zum Thema: Geschäftsrisiken deutscher Unternehmen in den USA
Häfen: Bremerhaven einer der größten Autohäfen der Welt
Der Hafen Bremerhaven spielt eine zentrale Rolle im internationalen Fahrzeugumschlag. Mit über 1,7 Millionen umgeschlagenen Fahrzeugen pro Jahr zählt er zu den größten Autohäfen der Welt. Ein erheblicher Teil dieser Fahrzeuge ist für den Export in die USA bestimmt. Die Einführung der Zölle könnte zu einem Rückgang dieser Exporte führen, was wiederum den Umschlag im Hafen und die damit verbundenen Dienstleistungen beeinträchtigen würde.
Logistikunternehmen: Autocarrier wie BLG Logistics
Unternehmen wie BLG Logistics, die den AutoTerminal Bremerhaven betreiben, sind direkt von den Exporten der Automobilindustrie abhängig. Ein Rückgang der Fahrzeugexporte in die USA würde ihre Geschäftsaktivitäten erheblich beeinflussen. Der AutoTerminal verfügt über neun Schiffsliegeplätze für Autocarrier, 16 Bahnrampen und vier LKW-Eingangstore, um den kontinuierlichen Fahrzeugstrom zu bewältigen. Ein Rückgang der Exporte könnte zu einer Unterauslastung dieser Infrastruktur führen.
Zulieferer: Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz
Die deutschen Automobilhersteller wie Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz exportieren einen bedeutenden Teil ihrer Produktion in die USA. Zulieferer, die Komponenten für diese Hersteller liefern, könnten von Produktionskürzungen betroffen sein, falls die Nachfrage in den USA aufgrund der Zölle sinkt. Dies hätte direkte Auswirkungen auf die gesamte Lieferkette und könnte zu Umsatzeinbußen und möglicherweise zu Stellenabbau führen.
Die deutsche Automobilindustrie ist seit Jahrzehnten in den USA präsent und erfolgreich, erinnert Hildegard Müller vom VDA.
In den USA beschäftigt die deutsche Automobilindustrie rund 138.000 Mitarbeiter. Davon arbeiten 48.000 bei den Automobilherstellern und weitere 90.000 bei deutschen Zulieferern. Die USA sind ein wichtiger Bestandteil im Produktionsnetzwerk der deutschen Automobilindustrie, auch von dort aus wird der Weltmarkt bedient”.
Im Jahr 2024 haben die deutschen Hersteller in den USA über 844.000 Fahrzeuge in den USA produziert, wovon rund die Hälfte in alle Welt exportiert wurden. Somit profitiert auch der Automobilstandort USA vom internationalen Handel und dem Engagement der deutschen Automobilindustrie, unterstreicht VDA.
Politische Reaktionen und wirtschaftliche Gesamtauswirkungen
Kommissionspräsidentin von der Leyen bedauert die Entscheidung der USA – Zölle auf europäische Automobilexporte zu erheben. In einer Erklärung betonte die Kommissionspräsidentin:
Die Automobilindustrie ist eine treibende Kraft für Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und hochwertige Arbeitsplätze durch tief integrierte Lieferketten auf beiden Seiten des Atlantiks. Wie ich bereits gesagt habe, sind Zölle Steuern – schlecht für Unternehmen, schlechter für Verbraucherinnen und Verbraucher in den USA und in der Europäischen Union gleichermaßen.“
Von der Leyen sagte weiter: „Wir werden nun diese Ankündigung zusammen mit anderen Maßnahmen bewerten, die die USA in den nächsten Tagen ins Auge fassen. Die EU wird weiterhin nach Verhandlungslösungen suchen und dabei ihre wirtschaftlichen Interessen wahren.”
VDA-Präsidentin Hildegard Müller fordert umgehende Verhandlungen zwischen den USA und der EU über ein bilaterales Abkommen, das als Forum für die Erörterung tarifärer und nichttarifärer Handelshemmnisse im Automobilsektor dienen könnte. Ein solches Abkommen würde aus ihrer Sicht zu einem ausgewogeneren Vorgehen beitragen und den Austausch über gesetzliche Regelungen, Normen und Zertifizierungen ermöglichen, wovon beide Seiten profitieren würden.
Der Abbau von Zöllen und Handelshemmnissen ist ein wesentlicher Treiber für weitere Investitionen und Arbeitsplätze in den USA. Exporterfolg und Importe sind komplementär und die zwei Seiten des wirtschaftlichen Erfolgs. Hierfür sollten sich die US-Regierung und EU gemeinsam einsetzen” – betont Müller.
Zudem verweist sie auf die erste Amtszeit von US-Präsident Donald Trump, in der sich die EU und die USA nach intensiven Diskussionen auf eine Lösung des damaligen Handelskonflikts einigen konnten. Dies zeige, dass Verhandlungen zu tragfähigen Kompromissen führen könnten. Angesichts der aktuellen Lage müsse die EU nun geeint und entschlossen auftreten, dabei jedoch weiterhin ihre Verhandlungsbereitschaft signalisieren.
Müller warnt zudem vor den Risiken eines globalen Handelskonflikts, der erhebliche negative Folgen für die Weltwirtschaft, den Wohlstand, Arbeitsplätze und Verbraucherpreise mit sich bringen könnte.