Eine Kernaufgabe der deutschen EU-Ratspräsidentschaft wird es sein, den Güter- und Warenverkehr in Europa auf den Stand vor Corona zu bringen. Dafür hat die Bundesregierung einen Pandemie-Notfallplan erarbeitet. Der Entwurf soll am 28. September während der kommenden EU-Verkehrsministerratstagung am 28. September präsentiert werden. Das siebenseitige Dokument beinhaltet klare Spielregeln für den grenzüberschreitenden Güter- und Warenverkehr für den Fall einer Pandemie und Mechanismen, die Corona-Einschränkungen im Schengenraum, unter Beachtung der epidemiologischen Lage, koordiniert und sukzessive aufheben. So sollen Alleingänge der Mitgliedstaaten vermieden werden.
Transporte zur Grundversorgung müssen Vorrang haben
Primäres Ziel des Notfallplans, dessen Entwurf dem Handelsblatt bereits vorliegt, ist es den Warenaustausch auf den Stand vor Corona zu bringen, aber auch, sollte es wiederholt zu Einschränkungen kommen, Bedingungen für einen ungehinderten Warenverkehr in der EU zu schaffen und die Lieferketten pandemieresilient zu machen. Hierfür plant die Bundesregierung die Identifizierung eines euweiten Grundversorgungsnetzes für Luft-, Schienen-, Straßen- und Schiffsverkehr bestehend aus strategischen Verkehrsknoten wie Grenzübergänge, Flughäfen, Häfen und Umschlagterminals, die während der Pandemie von den Einschränkungen ausgenommen bleiben sollten, so dass die Grundversorgung gewährleistet bleibt.
Damit alles reibungslos und koordiniert verläuft, will die Bundesregierung, dass in den jeweiligen Mitgliedstaaten Beauftragte berufen werden. Diese würden auch eventuelle rechtliche Maßnahmen einleiten, wie etwa Flexibilisierung von Lenk- und Ruhezeiten, Aufhebung von Verboten oder Verlängerungen von Genehmigungen und Zertifikaten.
Dokumente sollen elektronisch verfügbar sein
Der Entwurf des Notfallplans sieht auch die Errichtung eines EU-Lagezentrums vor, das die nationalen Lagezentren vernetzen würde. Dieses hätte Zugriff auf eine digitale Plattform, auf der alle Informationen für Maßnahmen im Pandemiefall zusammengefasst wären. Die Aufgabe könnte das bereits existierende EU-Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen (Emergency Response Coordination Centre) übernehmen.
Darüber hinaus setzt sich die Bundesregierung das Ziel die Digitalisierung voranzutreiben. Zum einen sollen hierfür Initiativen wie die„Galileo Green Lane App“ zur Beobachtung von Staus an europäischen Grenzen in Echtzeit weiterhin gefördert werden, zum anderen sollen künftig aber auch alle Transportvorgänge und behördlichen Dokumente elektronisch verfügbar sein.
Ausverkauf von Logistikbetrieben soll verhindert werden
Aufgrund der Corona-Krise haben sich viele Logistik-und Transportunternehmen in ihrer Existenz bedroht gesehen. Im Rahmen des Pandemie-Notfallplans möchte die Bundesregierung deshalb die EU-Kommission zur Schaffung eines „beihilferechtlichen Sonderrahmen“ motivieren, damit Firmen wieder in Schwung kommen. Darüber hinaus pocht die Bundesregierung auf die Umsetzung der Vorgaben der EU-Verordnung 2019/452 zur Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen, so dass Investitionen aus Drittstaaten stärker reglamentiert werden und der Ausverkauf von Logistikbetrieben verhindert wird.
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