Rene Luethen, IT-Direktor, Raben Gruppe

Kurzinterview: “Die Digitalisierung erzeugt ein noch nie dagewesenes Maß an Transparenz im täglichen Geschäftsbetrieb des Unternehmens”

In unserer Kurzinterview-Reihe präsentieren wir, wie Unternehmen aus der Transportbranche die Digitalisierung meistern. Die Interviews finden Sie immer mittwochs auf unserem Portal. Heute erzählt René Lüthen von der Raben Gruppe, welche technologischen Kompetenzen das Unternehmen weiter ausbauen will und welche Trends die Logistik künftig gestalten werden.

Lesezeit 7 Min.

Natalia Jakubowska, Trans.INFO: Wo haben Sie mit der Digitalisierung im Unternehmen angefangen? Welche Ziele haben sie sich gesetzt.

René Lüthen, IT-Direktor, Raben Gruppe:In erster Linie hat die Digitalisierung – wie fast überall – im Bereich Kommunikation Ihre Anfänge gehabt. Recht schnell wurden auch die Geschäftsprozesse digitalisiert. Natürlich mussten wir die grundlegende technologische Infrastruktur schaffen und zur Verfügung stellen. Für einen optimalen Geschäftsbetrieb mussten sämtliche relevanten Unterlagen, Daten, Abläufe, Software und betriebswichtige Programme flächenweit und permanent nutzbar sein.
Manuelle Prozesse, wie bspw. die Erfassung von Sendungen wurden in die digitale Domäne übertragen. Wir hatten uns recht schnell zum Ziel gesetzt, alle wesentlichen logistischen Daten und Interaktionsmöglichkeiten unseren Kunden zur Verfügung zu stellen. Damit wollten wir die Möglichkeit schaffen, relevante Sendungsinformationen jederzeit zur Verfügung stellen zu können und zusätzlich dem Kunden ein einfaches und komfortables Tool an die Hand zu geben, mit dem er selbst bspw. Sendungen beauftragen und verfolgen kann. Weitere Funktionen wie bspw. die Verfügbarkeit von Ablieferbelegen und andere relevante Dokumente wurden ebenfalls zugänglich gemacht. Damit haben wir erreicht, dass alle Informationen jederzeit und unabhängig vom aktuellen Aufenthaltsort oder Arbeitsplatz zur Verfügung stehen können.Wir wollen natürlich die technologischen Kompetenzen weiter ausbauen und investieren in den Ausbau der IT-Systeme und in Forschung und Entwicklung. Wir beschäftigen uns intensiv mit logistischen Abläufen und Lösungen der Zukunft sowie deren Digitalisierungsgrad. Dennoch legen wir weiterhin auch hohen Wert auf die menschliche Interaktion mit unseren Kunden.

Was waren die größten Herausforderungen?

Der digitale Wandel ist ja eine der größten Herausforderungen an unsere Gesellschaft.
Wie gelingt es uns mit der rasanten Entwicklung Schritt zu halten? Uns an neue Technologien anzupassen oder diese sogar gewinnbringend für uns zu nutzen. Dass immer mehr Prozesse, Ereignisse oder auch Produktionsschritte gesteuert werden, dass Daten und Datenbanken, sowie Netzwerke eine große Rolle spielen und dass bisherige analoge Strukturen verändert werden. Grundsätzlich startet in der digitalen Welt alles mit der Information. Haben wir die richtigen Daten vom Kunden, wie bekommen wir zum richtigen Zeitpunkt diese Daten und können diese sauber weiterverarbeiten? Es war wichtig, die Informationen plattformunabhängig zur Verfügung zu haben und wieder zur Verfügung zu stellen um interagieren zu können. Wir mussten die richtigen Antworten finden für Dimensionen wie Echtzeitfähigkeit und Sicherheit sowie Flexibilität und Skalierbarkeit. Diese Aufgaben haben wir auch über ganzheitliche Softwareumgebungen gelöst.

Die Notwendigkeit, sich immer wieder zu optimieren um auf geänderte Markanforderungen zu reagieren, ist dabei elementar. Dies ist uns in der Raben Gruppe sehr bewusst.

Sind erste Effekte auf den Geschäftsbetrieb bereits sichtbar?

Die Digitalisierung erzeugt ein noch nie dagewesenes Maß an Transparenz im täglichen Geschäftsbetrieb des Unternehmens. Der vereinfachte Zugang zu einer enormen Menge von Informationen und deren Verteilung steigern die Effektivität.
Unsere Plattform „myRaben“, stellt grundsätzliche die gesamte logistische Prozesslandschaft, Services, Buchungsmöglichkeiten und Track&Trace-Möglichkeiten dar, die im Kundendialog wichtig sind. Darüberhinaus haben wir zusätzliche Lösungen entwickelt, wie etwa „ETA“ – estimated time of arrival, die dem Empfänger und unseren Partnern auf Basis von real-time Parametern die geschätzte Ankunftszeit der Sendung liefert. Dies war in der Speditions-Welt ein Novum und wurde – wie auch die erwähnte MyRaben-Plattform – sehr gut von unseren Kunden aufgenommen.
Für uns erleichtert die Digitalisierung grundsätzlich alle Prozesse in der Logistik. Die Anforderungen des Marktes nach Informationstransparenz und –geschwindigkeit können heute erfüllt werden und das macht sich in vielen Punkten bemerkbar: Im Fall von Ablieferhindernissen in der logistischen Kette, liegen diese Informationen allen Beteiligten vor und so können im Bedarfsfall pro-aktiv Maßnahmen ergriffen werden, die den Sendungsverlauf positiv beeinflussen.

Wie stehen Ihre Kunden Digitalisierung gegenüber

Die Logistik gehört zu den Treibern digitaler Innovationen – und das muss sie auch.Wir als Raben arbeiten permanent gemeinsam mit unseren Kunden an Lösungen mit denen digitale Prozesse optimiert und noch bestehende Digitalisierungslücken konsequent geschlossen werden können. Dabei helfen ein neutraler Blick auf den Status quo und eine klar definierte Zeitschiene. Wir bieten unseren Kunden dabei eine hohe Transparenz und machen die Geschäftsprozesse in Echtzeit verfügbar. Die Tatsache, dass mobiles Arbeiten und die Verfügbarkeit von digitaler Infrastruktur überall gegeben ist, unterstützen diesen Trend natürlich. Wo früher Faxgeräte, Telefon und Telex eingesetzt wurden, sind es heute wenige Klicks auf dem Smartphone oder Tablet.

Wie sehen die nächsten Schritte Ihrer Digitalisierungsstrategie aus?

Unsere Strategie beinhaltet die Anbindung neuer Technologien wie z.b. die Robotik, die sich bereits vielfach bewährt hat. Produktionsautomatisierung, smarte Produkte und Serviceplattformen, sowie das Internet of things sind weitere Bereiche mit denen wir uns intensiv auseinandersetzen. Im Headoffice in Robakowo, Polen haben wir ein Genius Lab dass sich mit innovativen Zukunftsthemen beschäftigt. Wir möchten die Transportprozesse nahezu papierlos abwickeln. CMR-Dokumente, Lieferscheine oder Warenfreigabescheine können allen Teilnehmern des Lieferprozesses in elektronischer Form zur Verfügung gestellt werden. Das Projekt trägt den Namen „paperless“.

Wir dürfen aber sicherlich eine weitere Flexibiliserung in der Logistik erwarten. Eine noch schnellere Reaktion seitens der Logistik auf veränderte Kunden- oder Marktanforderungen. Dies wird sich allerdings nicht nur im Daten-Dialog widerspiegeln, sondern auch in neue logistischen Transportkonzepten, wie bspw. der Flexibilisierung des Fuhrparks, neue / alternative Antriebstechnologien, die den steigenden Anforderungen an Umweltschutz entsprechen etc. Grundsätzlich ermöglicht uns die Digitalisierung Geschäftsprozesse viel Ganzheitlicher wahrzunehmen als die früher der Fall war. Dadurch ergeben sich viele Ansätze für systemische Optimierungen – in nahezu allen Bereichen der Berufswelt, wie auch im Privatleben. Wie auch immer sich die Welt in Zukunft vernetzen wird: Der Faktor Mensch ist und bleibt der wichtigste Baustein. Vielleicht ist es naiv – aber wir haben immer noch den Ansatz, dass wir die Technik beherrschen und nicht die Technik uns.

Macht der Staat Ihrer Meinung nach genug was den digitalen Wandel betrifft?

Der digitale Wandel ist grundsätzlich eine große Herausforderung für alle, insbesondere die Schaffung notwendiger Infrastruktur für Innovationen. Gleichzeitig bergen sich hier aber auch viele Chancen für Wirtschaft und Gesellschaft. Der richtige Einsatz wird ausschlaggebend sein für den zukünftigen Erfolg vieler Schlüsselindustrien in Deutschland. Um die Potenziale konsequent und in ganzer Breite zu nutzen, müssen die Kompetenzen im Land gebündelt und gefördert werden. Dies sollte wertvolle Impulse für den schnelleren Ausbau liefern.

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