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Die Verkehrspolitik Tirols und deren wirklichen Auswirkungen in der Praxis

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Die Vielzahl an Fahrverboten für den Güterverkehr in Tirol, insbesondere auf der Inntalautobahn (A12) ist mittlerweile für alle Beteiligten kaum noch durchschaubar und umsetzbar, aber trotzdem wird sie mit einem vorgeschobenen Umweltargument weiter ausgebaut.

Das Nachtfahrverbot in Tirol auf der Inntalautobahn (A12) bringt in der Praxis sehr viele negative Auswirkungen für den Verkehr, für die Wirtschaft / Logistik, für das Fahrpersonal und auch für die Umwelt mit sich. Diese Auswirkungen wurden bis zum 31.12.2020 durch die generelle Ausnahme vom Nachtfahrverbot für Lkw der Abgasnorm Euro 6 gemildert, seit 01.01.2021 besteht diese Möglichkeit jedoch nicht mehr. 

Einige der Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit, auf die Wirtschaft und Logistik, auf die Umweltbelastung, und für das Fahrpersonal, sind unter anderem folgende:

1.Im Zeitraum von November bis April verdichtet man künstlich den gesamten Verkehr im Zeitraum von 5 – 20 Uhr an den Tagen Montag bis Freitag, im Zeitraum von Mai bis Oktober beträgt der Korridor zwei Stunden mehr (5 – 22 Uhr). Durch diese vorsätzlich herbeigeführte Verdichtung des gesamten Verkehrsaufkommens steigt das grundsätzliche Risiko im Straßenverkehr an, was das Risiko eines Verkehrsunfalls deutlich ansteigen lässt. Bei Unfällen entsteht unabhängig des zusätzlichen Risikos durch meist aufkommenden Rückstau auf der Fahrbahn, eine zusätzliche Umweltbelastung durch sich im Stau befindliche Fahrzeuge (u.a. Motorleerlaufanteile, Brems- u. Beschleunigungsvorgänge), und ein kaum definierbarer volkswirtschaftlicher Schaden. Das persönliche Leid durch Verletzte und Todesopfer sollte dabei jedoch im Vordergrund stehen, bei der Betrachtung. Außerdem entstehen oftmals hohe Sach- und Vermögensschäden. Bei Unfällen wird oftmals durch das Austreten von Betriebsflüssigkeiten die Umwelt zusätzlich belastet. – dies steht jeglichen Bestrebungen zur Steigerung der Verkehrssicherheit, Reduzierung der Unfallzahlen, Verletzten im Straßenverkehr, und Todesopfer im Straßenverkehr entgegen, zusätzlich zu den anderen negativen Auswirkungen.

2. Durch die künstlich herbeigeführte Verkehrsverdichtung in den „offenen“ Stunden wird der Verkehrsfluss extrem negativ beeinflusst und, unabhängig von einer Steigerung des Unfallsrisikos, wird durch viele Brems- und Beschleunigungsvorgänge bei dem künstlich verdichteten Verkehr die Umwelt deutlich stärker belastet. Maßgeblichen Anteil an der Feinstaubbelastung, welche durch den Straßenverkehr allgemein verursacht wird, hat der Abrieb von den Bremsen und den Reifen. Die Reifen und Bremsen verursachen bei der signifikant erhöhten Anzahl von Bremsvorgängen deutlich mehr Feinstaubbelastung in dem künstlich geschaffenen (unnötig) dichten Verkehr. Das Gleiche gilt für die deutlich höhere Anzahl an Beschleunigungsvorgängen, hierbei erfolgt neben der Feinstaubbelastung durch den Verbrennungsmotor, ein maßgeblicher Feinstaubanteil durch den Reifenabrieb. Der Kraftstoffverbrauch steigt durch die erhöhte Anzahl an Beschleunigungsvorgängen gegenüber eines „freieren“ Verkehrsfluss deutlich an. Faktenbasierte Erfahrungswerte auf dieser Strecke zeigen Kraftstoffverbrauchsanstiege von ca. 12,5% bis ca. 29,8% durch den künstlich verdichteten Verkehr untertags. Dadurch wird die Umwelt erheblich stärker belastet, als es bei „freieren“ Verkehrsfluss gegeben wäre. Durch die Vielzahl an eigentlich unnötigen Brems- und Beschleunigungsvorgängen bei dem künstlich verdichteten Verkehr, entsteht zusätzlich zu der erhöhten Schadstoffbelastung, ein deutlicher Anstieg der Lärmemissionen entlang des Autobahnabschnittes -dass dies wohl kaum einen überlegten und nachhaltigen Umweltschutz darstellen kann, erklärt sich wahrscheinlich selbstredend.

3. Unabhängig der aktuellen negativen wirtschaftlichen Beeinträchtigungen für viele Unternehmen durch die Corona-Maßnahmen wird durch eine Vielzahl an Fahrverboten in Tirol die Belieferung von Kunden nördlich und südlich der Alpen unnötig erschwert. Im Zeitalter von vielen Just-in-time-Belieferungen muss der Warenfluss grundsätzlich ohne künstlich geschaffene Hindernisse möglich sein. Manche Argumente dazu, unter anderem dass man dann mehr Lagerhaltung betreiben muss, stehen auch nicht für einen durchdachten, nachhaltigen und gesamtheitlichen Umweltschutz, wenn man nur das Thema Flächenfraß anführt. Des weiteren ist es oftmals schlichtweg nicht möglich -aufgrund unterschiedlichster Faktoren- dies durch eine erhöhte Lagerkapazität zu kompensieren.Mit Sicherheit kann man einige Just-in-time-Transporte, sowie Transporte generell infrage stellen, dann sollte man dies auch gesamtheitlich so machen, und nicht durch großzügige Ausnahmen für die heimische Wirtschaft / Transportwirtschaft uneingeschränkt ermöglichen, während man sein EU-Partnerstaaten rücksichtslos ausbremst.

4. Die Vielzahl an Fahrverboten macht das Durchblicken von diesen für alle Beteiligten zunehmend schwieriger bis unmöglich. Besonders darunter leidet das Fahrpersonal. Während die politisch Verantwortlichen sich niemals darüber Sorgen machen müssen, wo sie schlafen (parken) können, und dabei auch noch eine entsprechende Infrastruktur für eine angemessene Verpflegung und Körperhygiene vorfinden, erhöht man mit diesen Fahrverboten zusätzlich künstlich die allseits bekannte desaströse Parkplatzsituation auf südtiroler und bayerischer Seite zusätzlich. Des weiteren werden durch den künstlich geschaffenen dichten Verkehr die Einsatzzeiten des Fahrpersonals künstlich erhöht. Eine reduzierte Produktivität auf den einzelnen Lkw, dadurch noch mehr zusätzliche Lkw zum Bewältigen des Güteraufkommens, Erhöhung des Fahrermangels durch längere Einsatzzeiten für einzelne Transporte, Abwanderung aus dem Beruf seitens des Fahrpersonals aufgrund der nicht mehr kalkulierbaren Rück-/Heimkehrzeiten sind einige von vielen Folgen durch die Vielzahl an Fahrverboten. Und mit der Vielzahl an Fahrverboten macht man genau den Menschen das Arbeitsleben noch schwerer, wie es eh schon ist. Man vergisst oftmals, dass auf den Lkw´s Menschen mit ganz normalen und gewöhnlichen Bedürfnissen sitzen. Dies vergisst man leider nicht nur in diesem Zusammenhang, sondern oftmals mit vielerlei Entscheidungen auf unterschiedlichsten Ebenen.

5. Ein grundsätzlicher Eckpfeiler der EU ist eine freier Warenverkehr und dieser ist für eine funktionierende Wirtschaft unabdingbar. Dieser muss kalkulierbar, kosteneffizient, und zuverlässig sein, aber auch gesamtheitlich umweltgerecht. Die ganzheitliche Weiterentwicklung erfordert eben auch einen zuverlässig funktionierenden Warentransport durch die EU, der nicht durch unnötige Hindernisse wie Fahrverbote ohne wirkliche Nachhaltigkeit beeinträchtigt wird. Gerade in  jüngster Vergangenheit hat man deutlich gesehen, welche Bedeutung ein funktionierender zuverlässiger und kalkulierbarer Gütertransport hat. Zur Sicherstellung wurden unter anderem. eine Vielzahl an Fahrverboten sowie gesetzlichen Regelungen zu den Einsatzzeiten für das Fahrpersonal teilweise ganz aufgehoben oder zumindest deutlich erleichtert. Das ein nicht funktionierender, nicht kalkulierbarer und unzuverlässiger Gütertransport für die Wirtschaft und Gesellschaft erhebliche Problem mit sich bringt, sieht man aktuell auch gerade am Beispiel Großbritanniens wieder.

6. Die Ausnahmen zum Ziel- und Quellverkehr stellen beim sektoralen Fahrverbot, sowie beim Nachtfahrverbot eine signifikante Wettbewerbsverzerrung zugunsten der heimischen Wirtschaft im allgemeinen und der Transport- und Logistikwirtschaft dar. Diese zeigt sich seit jeher beim Nachtfahrverbot auch dadurch, dass an Sonn- und Feiertagen das Nachtfahrverbot erst ab 23 Uhr gilt, damit die „heimischen“ Lkw Tirol über die Inntalautobahn verlassen können. Wenn ein Nachtfahrverbot schon unabdingbar zum Schutz der Umwelt sein soll, dann stellt sich die Frage, warum dieses Schutzbedürfnis an Sonn- und Feiertagen reduziert ist. Außerdem drängt sich die Frage auf, warum eigentlich die Menschen im bayerischen Inntal sowie die dortige Umwelt weniger schützenswert sein soll. Gerade im bayerischen Abschnitt des Inntals leidet die Bevölkerung und die Umwelt durch eine Blockabfertigung zusätzlich, was eine weitere Schikane Tirols an der allen Beteiligten darstellt.

Das der Gütertransport auch unter Umweltaspekten in jeglicher Hinsicht betrachtet werden muss, steht völlig außer Frage. Dann jedoch ehrlich, faktenbasiert, transparent und gesamtheitlich unter Betrachtung aller Faktoren, und nicht nur aufgrund polemischer Entscheidungen auf Basis einer Profilierungssucht und Bevorteilung der heimischen Wirtschaft.

Foto: Fot. Wikiemdia/Vladimir Menkov CC SA 3.0

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