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Gefährdung – rücksichtsloses Handeln im Straßenverkehr

Kurz noch schnell aus der Seitenstraße rausfahren, obwohl jemand kommt; rechts überholen; den Fußgängerweg ignorieren – solche Gefährdungsdelikte sind für manche Fahrer kleine Bagatellen und gehören in ihren Augen zum normalen Straßengeschehen dazu. Doch sind solche Verstöße wirklich harmlos oder handelt es sich dabei um verkehrswidriges Verhalten, das strafbar ist?

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Unaufmerksamkeit vs. Rücksichtslosigkeit

Ob eine Gefährdung vorliegt, hängt gemäß dem Oberlandesgericht Stuttgart (DAR 1976, 23), Düsseldorf (zfs 2000, 413) und Hamm (zfs 2006, 110) davon ab, ob ein Fahrer

  • einfach gedankenlos war (bzw. schlichtweg menschliches Versagen vorlag) oder
  • grob verkehrswidrig und gleichzeitig rücksichtslos gehandelt hat.

Im Falle von Unaufmerksamkeit liegt nach Auffassung vieler Gerichte keine bewusste Gefährdung vor. Ein Beispiel hierfür ist, dass ein Fahrer die Veränderung der Ampelschaltung nicht wahrgenommen hat (Landesgericht Saarbrücken zfs 2003, 42).

Anders sieht es bei grober Verkehrswidrigkeit und Rücksichtslosigkeit aus. In dem Fall gehen Gerichte von Gleichgültigkeit gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern, Eigensucht oder Leichtsinn aus (Oberlandesgericht Koblenz SVR 2016, 353). Hieraus resultiert eine bewusste Gefährdung des Straßenverkehrs.

Rücksichtsloses Handeln im Straßenverkehrsstrafrecht

Unter § 315 StGB und den folgenden Paragrafen hat der Gesetzgeber verschiedene Gefährdungen im Bahn-, Luft-, Schiffs- und Straßenverkehr gesammelt. Dazu zählen auch gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr, wie das Zerstören von Anlagen und Aufstellen von Hindernissen.

In § 315c StGB Absatz Nr. 2 wird geregelt, was als akute Gefährdung des Straßenverkehrs gilt:

  • Vorfahrtsregeln nicht beachten
  • falsches Fahren an Fußgängerüberwegen
  • zu schnelles Fahren an unübersichtlichen Stellen
  • die rechte Fahrbahnseite nicht einhalten an unübersichtlichen Stellen
  • entgegen der Fahrtrichtung, rückwärtsfahren oder wenden auf Kraftfahrtstraßen und Autobahnen
  • die nicht ausreichende Sicherung von haltenden oder liegengebliebenen Fahrzeugen

Kommt es hierdurch zu Schäden an Personen oder Gegenständen mit bedeutendem Wert, kann bei leichteren Delikten eine Geldstrafe verhängt werden. Es ist allerdings auch eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren möglich.

Die Höhe des Strafmaßes ist hierbei vom tatsächlichen Schaden abhängig. Einige Gerichte gehen davon aus, dass ein bedeutender Wert bei ungefähr 750 Euro beginnt (BGH DAR 2013, 709).

Achtung: Besonderes Augenmerk legt der Gesetzgeber auf den das Fahren unter Drogen oder Alkohol sowie trotz geistiger oder körperlicher Mängel. In diesem Fall reicht schon die fahrlässige Verursachung einer Gefahr – ohne weitere Folgen, um gemäß § 315c StGB Absatz 3 zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren verurteilt zu werden.

Besonderheit: ein Vorsatz liegt vor

In vielen Fällen entscheiden sich Gerichte dafür, den vollen Strafrahmen von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe nicht auszuschöpfen. Oftmals handelt es sich schlichtweg um eine Vorsatz-Fahrlässigkeit-Kombination – daher fällt die Strafe geringer aus.

Kann dem Kfz-Führer nachgewiesen werden, dass ein bedingter Vorsatz vorliegt, handelt es sich um einen besonders schweren Fall. Hierfür muss der Fahrer nicht nur die Gefahrenlage, sondern auch deren Konsequenzen billigend in Kauf genommen haben. (BGH 4 StR 569/18; BGH NJW 2016, 1109)

Beifahrer tragen keine Schuld

Bei rücksichtslosem Fahren handelt es sich um ein eigenhändiges Delikt. Deshalb wird nur der Fahrer des Fahrzeugs bestraft – selbst, wenn der Halter auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat.

Wichtig: Eine Ausnahme ist, wenn der Mitfahrer das Fahrzeug vom Beifahrersitz aus lenkt – in dem Fall gilt er als Fahrer.

Abgrenzung zur Behinderung im Straßenverkehr

Eine Behinderung im Straßenverkehr liegt vor, wenn andere Verkehrsteilnehmer in ihrer Bewegungsfreiheit beeinträchtigt, aber nicht direkt gefährdet werden.

Beispiele:

  • Behinderung: Ein parkendes Auto parkt auf der Fahrbahn.
  • Gefährdung: Ein Fahrer will rasant überholen und geht davon aus, dass der Gegenverkehr für ihn bremsen wird. Hierdurch verursacht er einen Unfall mit Personen- oder Sachschaden.

Achtung: Kommt es durch einen Falschparker zu einer Sichtbehinderung mit Unfallfolge, kann der Fahrzeugführer nach Auffassung des OLG Karlsruhe zur Mithaftung herangezogen werden.


Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter bussgeldkataloge.de.

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