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Geldbuße nicht bezahlt? Russland will ausländische LKW lahmlegen

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Das russische Verkehrsministerium ist auf die Idee gekommen, wie Bußgelder von ausländischen Lkw-Fahrern eingezogen werden können. Derzeit kann die Zahlung einer Geldstrafe vermieden werden, dies kann sich jedoch bald radikal ändern.

Das russische Ministerium hat vorgeschlagen, Radklammern in ausländischer Lastwagen und Busse zu installieren, sodass Fahrer das Land nicht verlassen können, berichtet das Portal kommersant.ru. Dies ist das Ergebnis des Änderungsentwurfs, der bereits auf dem offiziellen Portal mit den Rechtsakten der Föderation veröffentlicht wurde. Das Ministerium räumte ein, dass Radarkameras im Hinblick auf die Erhebung von Geldbußen von Ausländern nicht den erwarteten Effekt hatten, weshalb neue, wirksame Maßnahmen erforderlich sind.

Gemäß der vorgeschlagenen Änderung des Gesetzes zur Verbesserung der Kontrolle der im Ausland registrierten Busse und Lastwagen kann Rostransnadzor (Bundesverkehrsaufsichtsdienst), wenn der Fahrer oder der Fahrzeughalter die Geldbuße nicht sofort zahlt, Radklammern im Lastwagen installieren lassen. Das Fahrzeug fährt vorübergehend zum Parkplatz am Grenzübergang. Die Wegfahrsperre soll erst nach Zahlung der Geldstrafe entfernt werden.

Der LKW kann das Territorium der Föderation nach Zahlung des Strafzettels verlassen. Wenn das Unternehmen dies nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist tut, muss der Fahrer des Fahrzeugs den Parkplatz verlassen, darf danach jedoch nicht nach Russland einreisen, betont Vladimir Afonskij, stellvertretender Vorsitzender des staatlichen Ausschusses für Verkehr und Bau. Er bemerkte auch, dass Fahrer aus dem Ausland aufgrund des unvollkommenen Rechtssystems und des Mangels an Datenaustauschkanälen zwischen russischen Abteilungen und Einrichtungen aus anderen Ländern praktisch straflos bleiben.

Geldstrafen für Verkehrsverstöße, die in Russland von Radarkameras aufgezeichnet wurden, gelangen an die Besitzer der Fahrzeuge. Im Falle von Ausländern muss die Anzeige über den Verstoß und die Geldbuße an die juristische Person versendet werden, weil der Fahrer nicht immer als Besitzer des Fahrzeugs gilt. Das Ministerium erklärt, dass „so ein Prozess in der Praxis nicht stattfindet”, zumal es in Russland in den meisten Fällen keinen gesetzlichen Vertreter ausländischer Transportunternehmen gibt. Die Fahrer sind demnach verpflichtet, eine ganze Reihe von Bußgeldern zu zahlen – für Geschwindigkeitsüberschreitungen, Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung, unbezahlte Gebühren im Płaton-System. In der Praxis ist es jedoch nur eine formelle Verpflichtung, die nach der Ausreise aus der Föderation vergessen werden kann. „Infolgedessen können sich ausländische Verkehrssünder in Russland unbestraft frei bewegen”, gibt das Verkehrsministerium zu.

– Wenn Fahrzeuge an der Grenze stehen bleiben würden, hätte dies direkte Auswirkungen auf den gesetzlichen Vertreter eines ausländischen Transportunternehmens. Derzeit enthält das Fahrzeugregister mit ausländischen Zulassungsnummern über 330.000 Lastwagen – sagte Vladimir Afonskij.

Dies wird teuer und brutal sein

Nach Ansicht des russischen Bundeszolldienstes erfordert die Umsetzung des Projekts „erhebliche Investitionen in die Infrastruktur von Grenzübergängen”. Es sollten entsprechende Parkplätze für angehaltene Lastwagen, Busse und Personenkraftwagen gebaut werden, einschließlich spezielle Räume für Fahrer und Passagiere, sanitäre Einrichtungen, Verpflegungsstellen, Geldautomaten und Zahlungsterminals. Darüber hinaus müsste auch das Team der Grenzbeamten erweitert und geschult werden. Überdies sollten dann auch zusätzliche Befugnisse übertragen und neue Verfahren geschaffen werden.

– Das Problem besteht seit Jahren und hätte schon vor langer Zeit gelöst werden müssen – sagt Valerij Wojtko, Präsident des Fahrerverbandes „Dalnobojszczik”. – Wir haben bereits im Jahre 2015 festgestellt, wie schwierig es ist, Ausländer haftbar zu machen, als das Mautsystem Płaton eingeführt wurde. Das Problem wurde vor drei oder vier Jahren besonders akut, als viele chinesische Transportunternehmen auf dem russischen Markt erschienen und von einem Wettbewerbsvorteil gegenüber russischen Unternehmen profitierten, fügt er hinzu.

Seiner Meinung nach vernachlässigen Ausländer am häufigsten „die Mautzahlung im Platon-System und all die Verstöße, die mit überladenen Lastwagen zusammenhängen”. Interessanterweise stimmen die Vertreter des Platon-Betreibers dieser Aussage nicht zu und betonen, dass „ausländische Transportunternehmen diszipliniert sind und nur wenige von ihnen gegen die Vorschriften verstoßen”.

Der Präsident des Verbandes der Frachtführer „Gruzautotrans” Vladimir Matiagin unterstützt ebenfalls die Idee des Ministeriums, nannte aber die Wegfahrsperre eine „nicht ganz zivilisierte” Lösung. Er bevorzugt eher das Modell aus Finnland, wo Zollbeamte Fahrer mit unbezahlten Geldstrafen freigeben dürfen, aber wenn diese im Nachhinein nicht bezahlt werden, erhält der Trucker kein Einreisevisum.

Es ist also möglich, dass man nicht sofort so brutal handeln muss, umso mehr, dass Fahrer ständig die Grenze überqueren – sagte Vladimir Matiagin.

 

Empfehlung des Präsidenten

Die Diskussion über die Vollstreckung von Geldstrafen ist in Russland kein neues Thema. Im Sommer 2019 wies Präsident Wladimir Putin die Regierung an, einen entsprechenden Plan auszuarbeiten, in dem Fahrer mit ausländischen Kennzeichen, einschließlich Personenkraftwagen, zur Zahlung von Geldbußen gezwungen werden. Der Entwurf wurde bisher mehrmals geändert, aber die endgültige Form steht noch aus. Es ist auch nicht bekannt, wann er implementiert wird.

Die Angaben über die Anzahl der Verstöße von ausländischen Fahrern werden nicht veröffentlicht. Es ist nur bekannt, dass es in den ersten neun Monaten des Jahres 2020 in Russland über 3.000 Unfälle mit Beteiligung von Fahrern aus den GUS-Ländern und über 3.400 Unfälle mit Beteiligung von Fahrern aus den sogenannten Drittstaatan. In Moskau warden dies vor allem Fahrer aus der Ukraine (24.000), Armenien (1,75.000) und Moldawien (1,47.000).

Foto: Bundeszolldienst Russland/Facebook

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