Immer mehr Firmen planen die Beschaffungs- und Fertigungsaktivitäten aus China zu verlagern

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Ein Drittel der befragten Supply-Chain Verantwortlichen haben ihre Beschaffungs- und Fertigungsaktivitäten aus China bereits verlagert  oder wollen dies in den nächsten zwei bis drei Jahren tun.Der Grund für die Verlagerung ist aber nicht allein die Corona-Pandemie.Dies hat eine Umfrage ergeben, die Gartner unter 260 Unternehmen im Februar und März durchgeführt hatte.

Die Ergebnisse der Umfrage von Gartner zeigen, dass die Corona-Pandemie den Trend der Regionalisierung zwar verschärft hat, aber die Regionalisierungsprozesse bereits davor im Gange waren. 33 Prozent der befragten Supply-Chain Verantwortlichen haben angegeben, ihre Beschaffungs- und Fertigungsaktivitäten aus China bereits verlagert zu haben oder dies in den nächsten zwei bis drei Jahren tun wollen.

Die globalen Lieferketten wurden lange vor COVID-19 unterbrochen. Bereits in den Jahren 2018 und 2019 hat der Handelskrieg zwischen den USA und China die Supply-Chain Verantwortlichen auf die Schwächen der globalisierten Lieferketten aufmerksam gemacht und die stark ausgelagerten,  konzentrierten und voneinander abhängigen Netzwerke in Frage gestellt. Infolgedessen entstand ein neuer Fokus auf die Stabilität der Netzwerke und die Idee einer regional ausgerichteten Fertigung, sagte Kamala Raman, Senior Director Analyst bei der Gartner Supply Chain Practice.

Zollkosten sind das Problem

China hat sich seit Jahrzehnten  als wichtige Bezugsquelle für fast alle wichtigen Branchen einschließlich Einzelhandel und Pharma etabliert. Untersuchungen von Gartner haben jedoch ergeben, dass sich der Abstand zwischen den Unternehmen, die in China Arbeitsplätze schaffen wollen, und denen, die diese abbauen wollen, im Jahr 2019 stark verringert hat. Der Hauptgrund ist der Anstieg der Zollkosten.

Wir haben festgestellt, dass die von den Regierungen der USA und China in den letzten Jahren auferlegten Zölle die Kosten der Lieferketten für mehr als 40 Prozent der Unternehmen um bis zu 10 Prozent erhöht haben. Für etwas mehr als ein Viertel der Befragten waren die Auswirkungen sogar noch höher.Beliebte alternative Standorte sind Vietnam, Indien und Mexiko. Der zweite Hauptgrund für die Verlagerung des Geschäfts aus China ist, dass die Supply-Chain-Verantwortlichen ihre Netze widerstandsfähiger machen wollen, so Raman.

Widerstandsfähigkeit kostet

Nur 21 Prozent der Befragten gaben an, dass sie heute über ein widerstandsfähiges Netzwerk und genügend Flexibilität verfügen, um ihre Beschaffungs-, Fertigungs- und Vertriebsaktivitäten schnell verlagern zu können. 55 Prozent waren jedoch der Meinung,  dass sie  innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre über ein resilientes Netzwerk verfügen werden. Doch das hat natürlich seinen Preis, dessen sich auch die Befragten bewusst sind: 85 Prozent gaben an, dass eine höhere Ausfallsicherheit auch zu zusätzlichen strukturellen Kosten führt.

Wir befinden uns an einem Scheideweg bei der Bewertung globaler Lieferketten, bei denen Just-in-Time-Systeme zur Verbesserung der operativen Effizienz mit Just-in-Case-Plänen verglichen werden, bei denen die Planung und Vorbereitung einer Reihe plausibler Szenarien im Vordergrund steht.Um ein Gleichgewicht zu finden, müssen die Supply-Chain-Verantwortlichen ein Risikomanagement durchführen, um die Risikobereitschaft ihres Unternehmens zu bewerten und das Risiko im Vergleich zu anderen Netzwerkzielen wie der Kosteneffizienz quantifizieren zu können, betont Raman.

Teiloptionen sind möglich

Ein Viertel der Befragten gab an, dass sie die Fertigung bereits regionalisiert oder lokalisiert haben, um näher an der Nachfrage zu sein. Denn trotz höherer Kosten können regionale Lieferketten Verzögerungen und Engpässe in Zeiten von Unterbrechungen verringern.

Viele westliche Unternehmen müssen neue Formen der Automatisierung erforschen, um die Kosten für die Near- oder Onshore-Produktion zu senken. Einige bevorzugen auch eine Teiloption, wie die Herstellung in Asien und Nearshoring-Aktivitäten in Bezug auf die Endmontage, sagt die Expertin abschließend.

Foto: Pixabay.com

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