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Gründerinterview: Wir folgen nicht den Trends, sondern setzen oder antizipieren sie

"Als Leistungssportler wurde mir beigebracht, Fehler zu 100 Prozent zu machen. Das hat mich gelehrt, agil zu sein und nach einem Rückschlag, schnell wieder aufzustehen", sagt in unserem Interview Gregory N. Vider. In unserem Interview spricht der Mitgründer von apadua über die Anfänge des Start-ups, den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Einkauf und über die Pläne für die Zukunft.

Lesezeit 6 Min.

Natalia Jakubowska, Trans.iNFO:Was genau macht Ihr Start-up?

Gregory N. Vider, Mitgründer von apadua:apadua betreibt eine B2B-Plattform für den Einkauf von Professional Services, das sind wissensintensive Dienstleistungen, die von jedem Unternehmen eingekauft werden. Beispiele sind klassische Unternehmensberatung, IT-Services, Rechts- und Steuerberatung oder Agenturleistungen.

Was für ein Problem wird durch Ihr Produkt gelöst? Welche Nachfrage wird damit gedeckt?

Obwohl Unternehmen zwischen 3 und 10 Prozent ihres Umsatzes für diese Dienstleistungen ausgeben, ist der Reifegrad im Einkauf in der Professional Services Kategorie häufig sehr niedrig. Das heißt, dass durch beispielsweise eine zu späte Einbindung der Einkaufsabteilung Kosten- und Qualitätspotenziale ungenutzt bleiben. Dass die Zusammenarbeit des internen Kunden und des Einkaufs nicht optimal ist, liegt typischerweise an drei Faktoren. Erstens, an fluiden Spezifikationen: Der Bedarf kann kaum eindeutig spezifiziert werden und verändert sich schon während der Dienstleisterauswahl und auch im Laufe des Projekts ständig. Kunde und Einkauf müssen agil sein. Zweitens, nicht-wiederkehrende Bedarfe: Die Unternehmen kaufen nicht regelmäßig dieselbe Leistung bei denselben Dienstleistern ein. Das reduziert die Vorhersagekraft historischer Daten. Drittens, ständig wechselnde interne Bedarfsträger. Jeder Kostenstellenverantwortliche ist ein potenzieller Abnehmer externer Leistungen. Der Einkauf kann nicht diktieren und muss moderieren.

Was ist Ihre Zielgruppe?

Während wirklich jedes Unternehmen Professional Services einkauft, konzentrieren wir uns bei der Vermarktung unserer Lösungen auf Unternehmen ab ca. 250 Millionen Euro Umsatz. Hier ist der Schmerz üblicherweise ausreichend groß und eine eigene Einkaufsabteilung vorhanden. Branche oder Region spielen keine Rolle.

Inwiefern entspricht das Produkt den aktuellen Markttrends?

Wir vermarkten unsere KI-basierten Lösungen seit fünf Jahren, folgen also nicht den Trends, sondern setzen oder antizipieren sie. Das gilt für den Trend von Software-Suiten, also Komplettlösungen zu Best-Of-Breed-Lösungen. Auch das kommt für uns nicht überraschend und wir sehen uns hier als Vorreiter. Insgesamt profitieren wir von drei Trends: Dem fortbestehenden Nachholbedarf in der Digitalisierung von Einkaufsprozessen, dem Automatisierungspotenzial auch durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Einkauf und insbesondere der steigenden Nachfrage nach externer Unterstützung unserer Kunden.

Wann und wie sind Sie auf Ihre Gründungsidee gekommen?

Die Idee für apadua als One-Stop-Shop für den Einkauf von Professionals Services ist jetzt fast zehn Jahre alt! Damals waren Markus und ich noch als Unternehmensberater tätig und haben die eben genannten Probleme bei wirklich jedem unserer Mandate hautnah erlebt. Wir waren überrascht, wie und auf welcher Grundlage die Kunden an die Auswahl eines Beraters herangegangen sind, insbesondere da dieser ja häufig entscheidende unternehmerische Weichenstellungen mitbeeinflusst. Aus unserer Sicht mussten wir den Kunden hier ein effektives Instrument zur Verbesserung ihrer Position an die Hand geben. Marktreif war unsere erste Lösung dann 2018.

Welche Art von Wissen hatten Sie in diesem Bereich während der Gründung Ihres Start-ups? Und wie haben Sie Ihr Produkt überprüft?

Markus ( Markus Sinz, Mitgründer von apadua, Anm. d. Red. ) . und ich hatten beide einige Jahre sowohl als Einkäufer in der Industrie als auch als Unternehmensberater gearbeitet. Wir kennen also beide Perspektiven und die jeweiligen Stärken bzw. Schwächen sowie die Bedürfnisse sehr gut. Die technische Expertise zur Entwicklung einer SaaS-Plattform und den Einsatz von KI haben wir uns dann dazu geholt.
Im Gründungsprozess haben wir begonnen sehr eng mit potenziellen und tatsächlichen Kunden zusammenzuarbeiten. Immer wenn wir einen ausgereiften guten MVP hatten, haben wir mit unseren Kontakten gesprochen und Feedback eingeholt. Das machen wir noch heute so und sichern uns so nicht nur qualifiziertes Feedback, sondern auch das Engagement unserer Kunden und Nutzer.

Woher kam das Kapital für Ihr Unternehmen?

Von Markus und mir. Die ersten sechs Jahre haben wir unsere Idee komplett selbst finanziert. Als uns das Geld für die Bezahlung unserer Entwicklungspartner ausging, haben wir sie am Unternehmen beteiligt. Wir verdienen seit dem ersten Tag Geld mit unserer Lösung und sind heute operativ profitabel. Im Rahmen einer kleinen Finanzierungsrunde im Januar 2023 haben wir Wachstumskapital aufgenommen. Das gibt uns heute die Möglichkeit einige notwendige Schritte zur Beschleunigung unseres Wachstums vorwegzunehmen.

Was hätten Sie rückblickend in der Startphase anders gemacht?

Nichts. Wir sind heute da, wo wir sind, weil wir so entschieden und agiert haben, wie wir es taten. Wer weiß was andere Entscheidungen für Auswirkungen hätten. Wir blicken sehr optimistisch nach vorne.

Welche Tipps können Sie anderen Gründerinnen und Gründern geben?

Schnell entscheiden und umsetzen. Fehler erwarten und Scheitern in Kauf nehmen. Als Leistungssportler wurde mir beigebracht, Fehler zu 100 Prozent zu machen. Das hat mich gelehrt, agil zu sein und nach einem Rückschlag, schnell wieder aufzustehen. Auch kann es helfen regelmäßig mit den potenziellen Kunden zu sprechen. Ansonsten sollte man sich nicht durch die Meinung anderer Menschen ablenken oder gar verunsichern lassen.

Was ist die größte unmittelbare Herausforderung für Ihr Unternehmen und wo sehen Sie sich selbst in fünf Jahren?

Als ehemaliger Unternehmensberater, habe ich zu den Herausforderungen auch wieder drei Punkte. Erstens: Wir müssen unsere Vertriebszyklen verkürzen und Kunden rascher zum Einsatz unserer Lösung bringen. Neben langen Entscheidungsprozessen halten uns lange Sicherheitsprüfungen auf. Zweitens: Wir müssen weiterhin Trends setzen oder zumindest antizipieren. Das bedeutet, wir müssen nah bei unseren Kunden bleiben. Drittens: Wir müssen die besten Leute finden. Markus und ich sind Einkaufsexperten. Für alle anderen Themen brauchen wir Menschen, die in ihrem Feld mindestens auf einem Niveau sind, auf dem Markus und ich im Einkauf sind.
In fünf Jahren ist apadua mit einem Spend under Management von 50 Milliarden US-Dollarn hoffentlich neben DeepL der zweite große KI-Player aus Köln.

Was würden Sie beruflich machen, wenn Sie kein Start-up hätten?

Keine Ahnung. Mich beschäftigt die Frage was ich als nächstes mache. In einigen Jahren würde ich gerne anderen Neuunternehmern bei der Realisierung ihrer Geschäftsideen helfen – finanziell und fachlich.

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