Natalia Jakubowska, Trans.INFO: Womit genau beschäftigt sich Ihr Startup?
Fabian Sedlmayr, Gründer und Managing Director von Warehousing1: Wir bieten über eine zentrale Plattform Fulfillment- und Lagerlösungen für Händler und andere Unternehmen an. Die Services werden über unser Partner-Netzwerk mit über 1.000 geprüften Logistikstandorten abgewickelt. Kunden gehen einfach auf unsere Plattform, melden sich an und geben wichtige Eckdaten ein. Unser System matcht anhand dieser Daten das Projekt mit dem richtigen Logistikpartner und Standort in unserem Netzwerk. Der Prozess wird immer durch einen unserer Berater begleitet, um höchste Standards zu gewährleisten.
Wir berechnen keine Setup-Gebühren und stellen sicher, dass das jeweilige Shopsystem des Kunden in kürzester Zeit angebunden wird. Kunden zahlen für jede Sendung, die versendet wird, eine Gebühr und somit nur für die Leistung, die sie tatsächlich nutzen. Gehen die Bestellungen mal für einen Monat nach unten, sinken auch die Kosten entsprechend. Unser Service umfasst die vollständige Abwicklung der Bestellung im Lager inklusive Verpackung und Versand mit dem gewünschten Paketdienstleister. Außerdem wickeln wir LKW-Transporte der Produkte in das Lager ab oder auch vom Lager in den stationären Handel, falls auch über diesen verkauft wird. In Zukunft wollen wir unser Service-Portfolio weiter ausbauen, um unsere Kunden immer mehr Logistikdienste über unsere Plattform anbieten zu können und auch die digitale Steuerung des Fulfillments weiter auszubauen.
Was ist einzigartig an Ihrer Idee?
Bei uns wird die Lösung auf den Kunden zugeschnitten und nicht das Kundenprojekt auf die Lösung. Das können wir auch dank eines Logistiknetzwerks mit über 1.000 Standorten – damit sind wir eins der größten Fulfillment-Netzwerke. Zusammen mit unserer für die Cloud entwickelten Software und der Expertise, die wir uns über Jahre hinweg aufgebaut haben, können wir Händlern erstklassige Lösungen anbieten. Dabei sind wir sogar so selbstbewusst, dass wir bei unserer Premiumlösung WH1+ sogar eine Geld-zurück-Garantie anbieten, sollten die Kunden nicht zufrieden sein.
Außerdem ermöglichen wir die Integrationen diverser Shopsysteme mit Warehouse-Management-Systemen. Dadurch digitalisiert Warehousing1 die Verwaltung des gesamten Fulfillment-Prozesses auch für Systeme und System-Kombinationen, bei denen die Möglichkeiten zur digitalen Steuerung bisher begrenzt waren.
Wann und wie sind Sie auf Ihre Gründungsidee gekommen?
Ich kenne meine beiden Mitgründer schon aus dem Studium an der WHU, während dem wir sogar zusammen in einer WG gewohnt haben. Unser Mitgründer Nils Aschmann hat nach dem Studium für ein Consulting-Unternehmen einen Kunden betreut, der massive Probleme in der Versand- und Lagerlogistik hatte. Wir dachten uns, wenn es selbst großen Unternehmen, die sich teure Berater leisten können, so geht, wie groß sind dann die Probleme erst für kleine und mittelständische Unternehmen. 2018 haben wir begonnen, an Warehousing1 zu arbeiten – damals noch aus einem winzigen leerstehenden Atelier in München, das wir günstig zwischenmieten konnten. Kurze Zeit später haben wir dann ein erstes Investment gewonnen und sind damit nach Berlin gezogen.
Woher kam das Kapital für Ihr Unternehmen?
Unsere Idee ist auch auf Investoren-Seite von Anfang an auf sehr positive Resonanz gestoßen. Unsere Seed-Funding-Runde, die wir 2019 abgeschlossen haben, umfasste bereits einen 7-stelligen Betrag, den wir unter anderem von HV Capital, Base 10 Partners, Discovery Ventures und den Gründern von Sennder erhielten. Im April 2022 haben wir unsere nächste Finanzierungsrunde – unsere Series A – bekannt gegeben. Wir konnten renommierte Investoren wie Schenker Ventures (DB Schenker), Aster Capital und Wille Finance überzeugen und haben so über 10 Millionen Euro Funding sichern können.
Was waren die größten Hindernisse bei der Gründung Ihres Startups?
Sich in der sehr alten und eher technologie-skeptischen Logistikbranche als junges Tech-Unternehmen zu etablieren und einen Namen zu machen, war definitiv eine enorme Herausforderung. Im deutschen Mittelstand braucht es Zeit und Resultate, um Vertrauen aufzubauen und das ist uns gelungen.
Was war der Wendepunkt, als die ersten Kunden auftauchten und Sie zu glauben begonnen haben, dass dies funktionieren würde?
Als die COVID-19-Pandemie losging, haben wir unseren Fokus noch stärker auf E-Commerce-Fulfillment gelegt. Dadurch konnten wir stark vom Boom des Onlinehandels, der zu dieser Zeit stattfand, profitieren. Denn gerade in volatilen Zeiten ist es immer wichtiger für Händler ein Logistik-Setup zu haben, das ihnen erlaubt, flexibel auf Nachfrageschwankungen zu reagieren. Durch unser großes Netzwerk bieten wir unseren Kunden quasi unbegrenzte Skalierbarkeit und machen ihre Logistik somit resilienter. Die Pandemie-Zeit hat nicht nur gezeigt, dass wir bei der Gründung die richtige Idee hatten. Sie beschleunigte auch unsere Entwicklung deutlich und hat bewiesen, dass wir eine widerstandsfähige Organisation mit einem großartigen Team aufgebaut haben.
Was hätten Sie rückblickend in der Startphase anders gemacht?
In der Anfangszeit einer Gründung passieren eigentlich jeden Tag Fehler. Wir haben zum Beispiel einem LKW zu spät die Anlieferadresse eines Lagers geschickt. Der LKW-Fahrer hatte zu dem Zeitpunkt bereits einfach die Adresse aus unserer Signatur genommen – und hat dann mehrere Stunden mit einer Ladung Paletten vor unserem Büro in Berlin-Mitte gewartet. Aber Fehler – ob klein oder groß – sind das, was in einer Gründungszeit die Lernkurve so steil macht. Daher haben wir auch immer noch eine konstruktive Fehlerkultur als festen Unternehmenswert etabliert. Fehler dürfen passieren – sie sollten sich nur nicht wiederholen.
Welche Tipps würden Sie anderen Startup-Gründern geben, die gerade erst anfangen?
Als Gründerin oder Gründer sollte man keine Angst vor Unerwartetem haben. Denn tatsächlich weiß niemand genau, wie sich die Wirtschaft entwickelt oder welche Trends sich durchsetzen. Die Entwicklungen der letzten zweieinhalb Jahre hat zum Beispiel wirklich niemand voraussagen können. Aber auch dieses Jahr bringt neue, unerwartete Herausforderungen für jeden Wirtschaftsakteur. Da müssen Gründerinnen und Gründer offen sein für neue Veränderungen und zu jeder Zeit neue Chancen identifizieren und annehmen können. Aber das für Startups auch immer eine spannende Chance.
Was ist die größte unmittelbare Herausforderung für Ihr Unternehmen und wo sehen Sie sich selbst in 5 Jahren?
Eine der größten Herausforderung ist es, die richtigen Talente für unsere Mission zu gewinnen. Der Arbeitsmarkt ist gerade stark umkämpft und viele Startups konkurrieren um die Aufmerksamkeit der potenziellen Bewerberinnen und Bewerber. Zum Glück haben wir ein sehr motiviertes Recruiting-Team, das beim Hiring tolle Erfolge erzielt. Nur mit dem richtigen Leuten können wir unser Ziel erreichen, eines der führenden Tech-Unternehmen im Logistik-Segment zu werden. Dafür haben wir uns letztes Jahr unseren Chief Technology and Product Officer Leandro Loiacono an Bord geholt. Leandro hat zuvor beim französischen Startup Sendinblue ein Team aus über 100 Entwicklern geleitet. Bei uns treibt er seit letztem Jahr die Entwicklung unseres Produkts weiter voran. Mittelfristig haben wir das Ziel, uns nicht nur als Logistik-, sondern auch als SaaS-Unternehmen (Software-as-a-Service) fest zu etablieren.
Was würden Sie tun, wenn Sie kein Startup-Unternehmen gründen würden?
Wahrscheinlich in einem Startup arbeiten oder in andere Startups investieren. Ganz loslassen von dieser Welt könnte ich, glaube ich, nicht.