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Kurzinterview: Obwohl die Politik viel über Erleichterungen und Verbesserungen redet, setzt sie de facto das Gegenteil um

Der Bedarf an Arbeitskräften in der Logistikbranche steigt stetig. Abhilfe könnte eine realitätsnahe Berufsausbildung schaffen. Aber auch der Trend New Work muss stärker in die Arbeitswelt einziehen, sagt in unserem Interview Volker Kindler, Leiter Personalmanagement der Geis Gruppe.

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Natalia Jakubowska, Trans.iNFO: Europaweit klagen Unternehmen über Fachkräftemangel. Betroffen ist auch die Transport- und Logistikbranche. Welche Erfahrungen haben Sie mit diesem Thema?

Volker Kindler, Leiter Personalmanagement der Geis Gruppe: Definitiv fehlen in der Logistik Fachkräfte, insbesondere Berufskraftfahrer, aber vor allem auch IT-Fachkräfte mit spezifischen Logistik-Kenntnissen. Allerdings gibt es gerade in der operativen Logistik genügend Aufgaben, für die keine Fachkenntnisse benötigt werden und die schnell erlernt werden können. Dazu zählen zum Beispiel Staplerfahren, Kommissionieren, Verpacken oder Prüftätigkeiten. Auch ohne entsprechende Berufsausbildung kann man hier in einem vielseitigen und interessanten Bereich tätig sein und sich einen sicheren Arbeitsplatz aufbauen. Allerdings gibt es auch für diese Aufgaben zu wenige Arbeitskräfte. Daher herrscht in der Logistik aus meiner Sicht mittlerweile ein allgemeiner Arbeitskräftemangel.

Macht die Politik Ihrer Meinung nach genug? Welche politischen Strategien könnten das Problem langfristig lösen?

Ob Verschärfungen bei Arbeitszeitgesetz, Teilzeitbefristungsgesetz, Nachweisgesetz und Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, ob Erhöhung des Mindestlohns im zweistelligen Prozentbereich oder unüberschaubare Regelungen zu Aufenthaltstiteln und Arbeitsgenehmigungen: Obwohl die Politik viel über Erleichterungen und Verbesserungen redet, setzt sie de facto das Gegenteil um. 

Helfen könnte zum Beispiel die wirksame Unterstützung bei der Rekrutierung von Arbeitskräften im Ausland durch die Agentur für Arbeit und die IHKs oder auch eine breit angelegte Imagekampagne für Deutschland als Beschäftigungsland durch die Bundesregierung. 

Und was können Unternehmen machen, damit die Berufe in der Transport- und Logistikbranche wieder ein wenig attraktiver werden? 

Die Unternehmen und Verbände aus der Transport- und Logistikbranche arbeiten schon seit Jahren daran, die Branche für Arbeitskräfte attraktiver zu machen. Das sollten sie konsequent weiter vorantreiben, beispielsweise in folgenden Bereichen:

  • Eine hervorragende Berufsausbildung anbieten, so wie wir es in der Geis Gruppe für unsere rund 350 Azubis erfolgreich praktizieren. So sind wir in diesem Jahr beim Best Azubi-Wettbewerb erneut als bester Logistik-Ausbildungsbetrieb Deutschlands ausgezeichnet worden.
  • Die Arbeitsbedingungen stetig verbessern. Dazu zählen Erleichterungen an den Arbeitsplätzen in der Halle, modernste Assistenz- und Sicherheitstechnik in den Fahrzeugen, neueste IT-Ausstattung in den Büros, flexible Arbeitszeiten und mobiles Arbeiten.
  • New Work in allen Bereichen der Logistik einführen: Die Mitarbeiter durch sehr gute Führung und Kommunikation einbinden und mitnehmen, Ideen und Anregungen der Mitarbeiter aufgreifen, sie bei der Erarbeitung von Lösungen aktiv einbeziehen und ihnen Entscheidungsspielräume gewähren sowie Teamarbeit forcieren.

Wie sieht bei Ihnen im Unternehmen der Wettbewerb um junge Leute aus?

Es ist eine jährlich wiederkehrende und zunehmend größer werdende Herausforderung, genügend qualifizierte junge Menschen für die Berufsausbildung oder für das Duale Studium zu gewinnen. Bei der Geis Gruppe gelingt es uns jedoch bislang immer wieder, die Ausbildungsplätze adäquat zu besetzen. Ausschlaggebend dafür sind zum einen das sehr umfassende Ausbildungskonzept, das zentral koordiniert und von den Standorten dezentral umgesetzt wird, und zum anderen das große Engagement und die langjährige Erfahrung aller an der Ausbildung beteiligten. 

Wichtig ist dabei auch, dass wir den jungen Leuten von Anfang an vielseitige Aufgaben bieten, ihnen Verantwortung übertragen und Entscheidungsspielräume einräumen. Wir begleiten und fördern unsere Azubis, Studenten und Mitarbeiter in ihrer Entwicklung.

Darüber hinaus haben wir durch vielfältige Kooperationen mit führenden Hochschulen gute Ergebnisse bei der Rekrutierung von Hochschulabsolventen erzielt. 

Wie wird sich der Arbeitsmarkt in der Transport- und Logistikbranche in Zukunft entwickeln?

Die Bedeutung der Logistikbranche wird weiter steigen, ebenso wie ihr Bedarf an Arbeitskräften. Die Technisierung und Digitalisierung der Arbeitsplätze und Prozesse wird die Aufgabeninhalte verändern, aber keinesfalls die Menschen ersetzen. Für motivierte Arbeitskräfte auf allen Qualifikationsstufen wird es in der Logistikbranche auch weiterhin sehr gute und sichere Beschäftigungsmöglichkeiten geben.

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