Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes im Juli 2023 um fast ein Viertel (23,8 Prozent) gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen.
Das ist bereits ein weiterer Monat in Folge mit einem hohen Anstieg. Schon im Juni gab es einen Anstieg um 13,9 Prozent gegenüber Juni 2022.
Das Statistische Bundesamt betonte, dass die Regelinsolvenzverfahren erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in die Statistik einfließen. Somit liege der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags in vielen Fällen rund drei Monate davor.
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Trotz deutlichem Anstieg, Zahlen auf niedrigem Niveau
Grund – viele Unternehmen belasten die Konjunkturflaute, hohe Kosten etwa für Energie und Materialien sowie gewachsene Kreditkosten wegen des Zinsanstiegs. Trotzt des Anstiegs sehen Experten keine Pleitewelle, sondern sprechen von einem Pandemie-Nachholeffekt.
Trotz deutlichem Anstieg der Unternehmensinsolvenzen im Juli sehen wir nicht die vielfach erwähnte Insolvenzwelle”, erklärt Dr. Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID).
“Das Insolvenzgeschehen wurde während der Coronajahre von staatlicher Seite deutlich beeinflusst und abgemildert. Auch so ein deutlicher Anstieg jetzt bedeutet vor allem nur eine Normalisierung des Insolvenzgeschehens. Die Zahlen liegen noch unter den Werten des wirtschaftlich guten Jahres 2019″, so der VID-Vorsitzende weiter.
Niering meine zudem, dass viele der jetzt von Insolvenz betroffenen Unternehmen hätten sich schon vor der Pandemie in Schwierigkeiten befunden.
Durch die Vielzahl staatlicher Hilfen während der Pandemie und des Ukrainekriegs wurde bei diesen Unternehmen der Eintritt in die Insolvenz nur aufgehalten. Jetzt sehen wir die Marktbereinigung, die mit einer Insolvenz einhergeht”, so Niering.
Mehr Unternehmensinsolvenzen, weniger Verbraucherinsolvenzen
Endgültige Zahlen liegen für den Mai vor. In dem Monat meldeten die deutschen Amtsgerichte 1478 beantragte Unternehmensinsolvenzen, 19 Prozent mehr als im Vorjahresmonat.
Die Forderungen der Gläubiger bezifferten die Amtsgerichte auf knapp 4 Milliarden Euro. Das war nach Angaben des Statistischen Bundesamts fast doppelt so viel wie im Mai 2022 mit fast 2,2 Milliarden Euro.
In diesem Mai gab es zudem 5679 Verbraucherinsolvenzen, 3,7 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.
Insolvenzen im Bereich Verkehr und Lagerei am höchsten
Die meisten Insolvenzen je 10.000 Unternehmen entfielen auf die Branche Verkehr und Lagerei mit 8,7 Fällen, gefolgt von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen, etwa Zeitarbeitsfirmen, mit 7,4 Fällen. Die wenigsten Insolvenzen gab es in der Energieversorgung.
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