Welches sind die wichtigsten Trends für das laufende Jahr? Um genau diese Fragen zu beantworten, haben wir verschiedene Prognosen von nationalen Paketdienstleistern sowie Branchenberichte und Brancheneinblicke analysiert.
Geringes Wirtschaftswachstum und Besorgnis über das makroökonomische Umfeld
Der wichtigste Faktor für die Paketzustellung ist natürlich die wirtschaftliche Lage in Europa, die sich negativ auf die Verbrauchernachfrage auswirkt.
Laut einem Bericht von TI mit dem Titel „Global Express & Parcels mid-year Market Sizing 2023“ [Globale Express- und Paketdienste zur Jahresmitte – Bestimmung der Marktgröße 2023] wird der europäische Paketmarkt das Jahr 2023 aufgrund eines erheblichen Rückgangs des Wirtschaftswachstums voraussichtlich mit einem Rückgang von 2 Prozent abschließen.
Dem Bericht zufolge wird für Deutschland im zweiten Halbjahr 2023 ein leichter wirtschaftlicher Rückgang erwartet, während das Wachstum in Großbritannien im Jahr 2023 auf 0,5 Prozent sinken soll.
Nach dem Bericht von TI ist die wirtschaftliche Rezession Europas „auf eine straffere Geldpolitik, eine höhere Inflation und wesentlich höhere Lebenshaltungskosten zurückzuführen“.
Die Situation ist den großen europäischen Paketdienstleistern nicht entgangen, und viele von ihnen haben die makroökonomische Unsicherheit als einen limitierenden Faktor für das Jahr 2024 genannt.
„Die makroökonomische Unsicherheit bleibt bestehen und die Sichtbarkeit der kurzfristigen Entwicklung des E-Commerce-Marktes ist begrenzt, auch über das Jahr 2023 hinaus“ – schreibt die Firma PostNL in ihrer Erklärung zum dritten Quartal.
In ähnlicher Weise äußert sich PostNord in ihrer Erklärung zum dritten Quartal: „Die Welt bleibt herausfordernd, mit einer hohen Inflation, die sich auf unsere Kosten und die unserer Kunden auswirkt, und mit hohen Zinskosten, die die Verbraucher belasten.“
Der Welthandel hat sich nach dem pandemiebedingten Boom weiter normalisiert und die Erholung der Weltwirtschaft ist bisher ausgeblieben, auch vor dem Hintergrund höherer Zinsen und geopolitischer Krisen, so Tobias Meyer, Vorstandsvorsitzender der DHL Group, im Quartalsbericht seines Unternehmens.
Der Kampf gegen die Inflation geht weiter
Ein weiteres Problem ist natürlich die hohe Inflation, die sich auf die Betriebskosten der Unternehmen auswirkt.Leider gibt es Anzeichen dafür, dass die derzeitige Wirtschaftsflaute und die zunehmende Inflation auch im Jahr 2024 anhalten werden. PostNL rechnet mit einem Anstieg der Arbeitskosten im Jahr 2024, während Post Italiane einen Tarifvertrag aushandelt, der die Personalkosten wahrscheinlich steigern wird. PostNord gibt zudem zu, dass das Unternehmen Preiserhöhungen einführen muss, um die steigenden Kosten auszugleichen. Darüber hinaus rechnet die Österreichische Post mit Kostensteigerungen und strebt ein zusätzliches Umsatzwachstum an, um diese zu kompensieren.
Dies alles bedeutet natürlich, dass die Paketdienstleister ihre Kosten noch weiter optimieren müssen. PostNL konzentriert sich nach eigenen Angaben auf die Kostenkontrolle, und auch der Vorstandsvorsitzende der DHL Group, Tobias Meyer, erklärt, dass die DHL Group ihre Kosten „genau im Auge behalten“ muss.
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Aushöhlung der Universaldienstverpflichtungen
Ein dritter Trend, der im Jahr 2023 an Dynamik gewonnen hat und auch 2024 anhalten dürfte, ist der Druck auf die Universaldienstverpflichtungen in vielen europäischen Ländern.Die so genannte Universaldienstverpflichtung ist von Land zu Land unterschiedlich, verlangt aber in der Regel, dass ein Unternehmen die Briefe täglich zustellt – in manchen Fällen bis zu sechs Tage pro Woche.Angesichts des Einbruchs der Mengen der zugestellten Briefe haben jedoch viele nationale Postunternehmen ihre jeweiligen Behörden aufgefordert, diese Verpflichtungen entweder zu lockern oder abzuschaffen.
Ein Beispiel dafür ist Dänemark, wo die Universaldienstverpflichtung am Neujahrstag 2024 ausgelaufen ist. PostNord Denmark, die Briefe im Rahmen der Universaldienstverpflichtung zugestellt hat, hat bereits Ende 2023 angekündigt, dass sie diesen Dienst nach Ablauf einer Übergangszeit einstellen wird.
Diese Entscheidung wird durch den globalen Trend der Digitalisierung vorangetrieben, der in Dänemark seit der Jahrtausendwende zu einem Rückgang des Postvolumens um 90 Prozent geführt hat, sagt Grzegorz Krupa von Last Mile Experts.
Annemarie Gardshol, Group CEO und Präsidentin der PostNord AB, kommentierte die Veränderungen vor einigen Wochen mit den Worten:
Das neue Gesetz wird dazu führen, dass unser Postgeschäft, wie wir es heute kennen, in Zukunft anders aussehen wird. Die Präsenz von PostNord auf dem dänischen Paketmarkt ist von den Änderungen nicht betroffen. Wir sehen nach wie vor ein großes Potenzial auf dem Paketmarkt, da immer mehr Verbraucher ihre Einkäufe online tätigen. Wir werden weiter investieren und das Geschäft in diesem Bereich zum Nutzen unserer Kunden in der gesamten nordischen Region ausbauen.
In anderen Ländern fordern die nationalen Postdienstleister ähnliche Änderungen.
In einem im letzten Monat veröffentlichten Finanzbericht äußerte sich Martin Seidenberg, Vorstandsvorsitzender von IDS plc (der Muttergesellschaft der Royal Mail) folgendermaßen:
Es ist einfach nicht tragbar, ein Netz aufrechtzuerhalten, das für 20 Milliarden Briefe gebaut wurde, wenn wir jetzt nur noch sieben Milliarden zustellen. Das Vereinigte Königreich ist nicht immun gegen die Trends, die wir in der ganzen Welt beobachten. Zahlreiche andere, vergleichbare Länder haben ihren Universaldienst bereits reformiert, und das Vereinigte Königreich ist dabei, den Anschluss zu verlieren. Wir begrüßen die Tatsache, dass das Ofcom Optionen für den Universaldienst prüfen wird, aber die Notwendigkeit einer Reform ist dringend.
In Deutschland wurde inzwischen vorgeschlagen, die Universaldienstverpflichtung dahingehend zu ändern, dass Briefe am dritten Werktag nach dem Versand zugestellt werden können. Gegenwärtig werden die Briefe an 6 Tagen in der Woche zugestellt, wobei angestrebt wird, 80 Prozent der Briefe am nächsten Tag zuzustellen.
Das Problem ist, dass die Mengen [der Briefe] sinken und die Kosten steigen. Es gibt zudem Hinweise darauf, dass die Empfänger den Unterschied gar nicht bemerken. Daher stellt sich die Frage, ob wir Zustelldienste für Briefe an fünf, manchmal sogar an sechs Tagen in der Woche brauchen, sagt Marek Różycki von Last Mile Experts.
Dieser Punkt wird im Bericht zum 3. Quartal von DHLDPD hervorgehoben, wo betont wird, dass „Postrückgang und Kosteninflation weiterhin eine Herausforderung darstellen“ und dass der „Spielraum für Kosten- und Ertragsmaßnahmen durch die aktuelle Regulierung begrenzt bleibt“.
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Zunahme der Außer-Haus-Lieferungen in einigen westeuropäischen Ländern
Laut dem Bericht „Out-of-home delivery in Europe” [Außer-Haus-Zustellung in Europa] vom Juni gab es in Polen 2.880 aktive Paketautomaten. Die zweithöchste Zahl ist im Vereinigten Königreich mit 15.460 Paketautomaten zu verzeichnen.
Seitdem gibt es jedoch bemerkenswerte Anzeichen für ein weiteres Wachstum der Netze der Paketautomaten in Ländern wie dem Vereinigten Königreich und Frankreich, die im Vergleich zu Polen über eine geringere Kapazität und Dichte von Paketautomaten verfügten.
Der polnische Paketdienstriese InPost zum Beispiel, der sowohl im Vereinigten Königreich als auch in Frankreich tätig ist, in letztgenanntem Land unter der Marke Mondial Relay, hat sich über sein Wachstum im Ausland geäußert.
Anfang Dezember gab InPost bekannt, dass das Unternehmen die Anzahl von 6.000 Paketautomaten im Vereinigten Königreich erreicht hat – ein beachtlicher Anstieg gegenüber den 5.000 Automaten im März. Das Unternehmen gibt an, dass die Mehrheit der britischen Bürger, die in den Kernstädten (mit mehr als 175.000 Einwohnern) leben, jetzt einen Paketautomaten oder InPost PUDO Punkt innerhalb von 7 Minuten zu Fuß erreichen können. In Frankreich hat Mondial Relay Anfang dieses Jahres die 4.000er-Marke erreicht.
InPost ist zudem darauf bedacht, die Paketautomaten auf diesen Märkten bekannt zu machen, indem sie Sponsoringvereinbarungen mit der Tour de France und dem Premier-League-Fußballverein Newcastle United unterzeichnete.
Darüber hinaus sind PUDO-Netze auf dem Vormarsch, da die Paketzusteller versuchen, ihre Kapazitäten zu erhöhen, Emissionen zu reduzieren, Kosten zu senken und günstigere Alternativen zur Hauszustellung anzubieten. Darüber hinaus gibt es trotz der Diskussion über Paketautomaten gute Argumente dafür, dass PUDO noch einige Zeit ein fester Bestandteil der Außer-Haus-Zustellung bleiben werden.
Für einen PUDO spricht, dass bereits ein Paket pro Tag oder sogar pro Woche ein Problem für einen Verbraucher löst, einen Zugangspunkt für den Lieferer bietet und sogar ein kleines Einkommen für den Einzelhändler darstellt. Das kann man bei einem Automaten dagegen nicht behaupten. Paketautomaten benötigen einen angemessenen Durchsatz, um die Investitionskosten zu decken und um den Platzbedarf zu rechtfertigen. Unterhalb eines bestimmten Schwellenwerts wird es also immer einen Platz für einen PUDO-äquivalenten Dienst geben, sagt Gary Winter, VP of Global Strategic Initiatives bei Quadient, einer Firma, die sowohl PUDOs als auch Paketautomaten betreiben.