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Reedereien wollen Zuschläge erheben als direkte Folge der Krise im Roten Meer

Die Krise im Roten Meer hat tiefgreifende Auswirkungen auf die globalen Lieferketten, insbesondere auf die Reedereien, die nun mit deutlich gestiegenen Betriebskosten konfrontiert sind. Maersk, einer der führenden globalen Schiffsbetreiber, kündigt die Erhebung von Zuschlägen an, die unter anderem einen sprunghaften Anstieg der Treibstoffkosten um 40 Prozent kompensieren sollen. Zudem versuchen die Reeder, ein fast 20-prozentiges Defizit an verfügbaren Containern auf dem Markt auszugleichen.

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Die militante Gruppe der jemenitischen Huthi-Rebellen hat seit fast sechs Monaten erhebliche Störungen in den weltweiten Lieferketten verursacht. Diese begannen im Dezember 2023 mit gezielten Angriffen auf Schiffe, die für israelische Einrichtungen bestimmt waren oder diesen gehörten, als Zeichen der Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen. Die jemenitischen Gewässer umfassen auch die strategisch wichtige Straße von Bab al-Mandab, die das Tor zum Roten Meer und weiter zum Suezkanal darstellt. Der Suezkanal selbst ist für etwa 12 Prozent des globalen Warenhandels und 20 Prozent des weltweiten Containerverkehrs verantwortlich.

Aufgrund der Bedrohung durch militante Kämpfer haben die meisten großen Reedereien ihre Routen durch den Suezkanal eingestellt und leiten Schiffe, die von Asien nach Europa fahren, um das Kap der Guten Hoffnung um. Diese Route verlängert die Transitzeitt um etwa zehn Tage. Dieser erzwungene Umweg treibt die Treibstoffkosten in die Höhe und führt zu erheblichen Mehrkosten für die Reeder.

Maersk berichtet, dass die Angriffe zunehmend weiter auf dem Meer stattfinden, wodurch die Schiffe gezwungen sind, ihre Routen noch weiter auszudehnen. Nicht nur Maersk, sondern auch andere Reedereien wie Hapag Lloyd meiden derzeit das Gebiet des Golfs von Aden. Die französische Reederei CMA CGM setzt ihre Fahrten durch das Rote Meer und den Suezkanal fort, geschützt von französischen Marineschiffen, jedoch wird ein bedeutender Teil ihrer Flotte ebenfalls um Afrika geleitet. Laut Bloomberg Intelligence ist der Schiffsverkehr durch den Suezkanal seit Beginn der Krise im Roten Meer um 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen.

Containerraten steigen wieder

Die Krise hat auch zu einem deutlichen Anstieg der Containerraten geführt, die nach einem pandemiebedingten Hoch größtenteils rückläufig waren. Nach einem pandemischen Anstieg stabilisierten sich die Preise im Herbst letzten Jahres zunächst auf dem Vor-Pandemie-Niveau. Der Baltic Freightos-Containerratenindex für die Route zwischen Asien und Nordeuropa, der Anfang Dezember 2023 noch bei 1243 USD lag, sprang in der zweiten Januarwoche 2024 auf 4391 USD. Bis Ende März fiel der Index jedoch auf rund 3200 USD und liegt jetzt bei 3550 USD – fast dreimal so hoch wie vor der Krise. Ähnliche Trends zeigen sich bei den Frachtpreise zu den Mittelmeerhäfen, die von 1670 USD Anfang Dezember auf 5168 USD Anfang Januar stiegen und derzeit bei 4445 USD liegen.

Monate vergehen, und die Krise im Roten Meer entspannt sich trotz der Patrouillen westlicher Länder nicht. Die dänische Reederei Maersk prognostiziert für das zweite Quartal dieses Jahres einen Rückgang der Kapazitäten zwischen Asien und Europa um 15-20 Prozent. Der Dominoeffekt macht sich bemerkbar: Die Probleme im Roten Meer führen zu weiteren Herausforderungen auf der Alternativroute nach Europa. Schiffe müssen afrikanische Häfen anlaufen, um teuren Treibstoff aufzufüllen, was zu Überlastungen führt. Insbesondere der Hafen von Tanger erlebt Staus und Engpässe, da er eine Schlüsselrolle im Umschlag von Ladungen nach Nordeuropa und ins Mittelmeer spielt.

Tanger ist bereits überlastet, und wir müssen uns nach Alternativen wie Algeciras oder Valencia umsehen, erklärte Rodolphe Saade, Präsident von CMA CGM, in einem Interview mit Le Monde.

Die Überlastung und die längere Route führen dazu, dass Container nicht mehr so schnell zurückkehren, wie sie es früher taten. Dies verschärft den bereits spürbaren Mangel an Containern. Maersk hat als Reaktion darauf angekündigt, weitere 125.000 Container zu leasen und bemüht sich, “die Zuverlässigkeit und die Geschwindigkeit der Abfahrten zu erhöhen und zusätzliche Kapazitäten zu schaffen,” wie in einer Ankündigung zu lesen war.

Reedereien wollen Zulagen erheben

Kunden des dänischen Betreibers können in naher Zukunft mit zusätzlichen Tarifzuschlägen rechnen.

“Sie werden die entsprechenden Zuschläge auf den jüngsten Rechnungen sehen. Diese sollen die Kosten für die längeren Strecken, die höhere Fahrgeschwindigkeit und die zusätzlichen Treibstoffkosten decken. Wir verbrauchen derzeit 40 Prozent mehr Treibstoff pro Reise und die Charterraten sind jetzt dreimal so hoch und oft für fünf Jahre festgelegt,” heißt es in der Mitteilung von Maersk. Das Unternehmen musste nach einer kürzlichen Senkung des Saisonzuschlags diesen wieder anheben, um die oben erwähnten Kosten zu decken.

Diese Entwicklung ist besorgniserregend für Importeure, die bereits jetzt schon einen Anstieg der Raten spüren. Laut dem Beratungsunternehmen Drewry lag der WCI-Index am 9. Mai bei 3159 US-Dollar pro 40-Fuß-Container – ein Anstieg um 16 Prozent gegenüber der Vorwoche. Besonders stark war der Anstieg auf der Route von Shanghai nach Rotterdam, wo der Index um 20 Prozent auf 3709 US-Dollar kletterte.

Die angekündigten Zulagen werden nicht die einzigen sein, die europäische Importeure zu spüren bekommen. Das bereits erwähnte Problem der Containerknappheit macht sich auch auf anderen Routen bemerkbar. CMA CGM hat angekündigt, ab dem 17. Mai auf den Routen von den türkischen Schwarzmeerhäfen nach Skandinavien, Nordeuropa, den baltischen Staaten, dem Vereinigten Königreich und Polen  Empty Repositioning Surcharge zu erheben, der 150 Euro für einen 20-Fuß-Container und 200 Euro für einen 40-Fuß-Container betragen wird.

Die Krise im Roten Meer wird voraussichtlich noch bis zur zweiten Jahreshälfte andauern, und es ist nicht auszuschließen, dass sie auch bis ins Jahr 2024 hineinreicht. Rolf Habben Jansen, Chef von Hapag Lloyd, äußerte auf einer Konferenz Ende April die Hoffnung, dass die Krise bis Ende des Jahres beendet sein werde.

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