Was ist eine lineare Lieferkette?
Eine lineare Lieferkette folgt einem klaren, schrittweisen Ablauf, in dem jeder Akteur auf den vorherigen angewiesen ist. Von der Rohstoffbeschaffung über die Produktion bis hin zur Auslieferung an den Endkunden gibt es eine klar definierte Reihenfolge. Typisch für dieses Modell ist die mangelnde Flexibilität: Ein Ausfall an einer Stelle hat direkte Auswirkungen auf die gesamte Kette. Das Bild einer „Kette“, bei der jedes Glied entscheidend ist, beschreibt den Prozess daher sehr gut. Egal ob Staus in Häfen, verspätete Transporte oder Produktionsstopps aufgrund fehlender Materialien, jedes dieser Probleme wirkt sich direkt auf den nächsten Prozess aus und führt zu Verzögerungen. Die Abhängigkeit von jedem einzelnen Kettenglied macht dieses System daher anfällig für Störungen.
Das Liefernetzwerk: Ein vernetztes Ökosystem
Im Gegensatz zur linearen Lieferkette steht das Liefernetzwerk, auch als vernetztes Liefer-Ökosystem bezeichnet. In diesem Modell sind Unternehmen nicht nur auf einen festen Ablauf angewiesen, sondern integrieren zahlreiche Zulieferer und Partner, die miteinander verbunden sind und gleichzeitig agieren können. Es gibt keine klar definierte Reihenfolge der Abläufe mehr. Stattdessen entstehen durch die Vernetzung der Akteure flexible, anpassbare Strukturen. Ein Liefernetzwerk ermöglicht es, in Krisen schnell auf alternative Routen oder Lieferanten umzusteigen und die Abhängigkeit von einem einzelnen Glied zu verringern.
Vorteile eines vernetzten Liefer-Ökosystems
- Flexibilität und Agilität
Unternehmen mit einem Netzwerkansatz sind in der Lage, flexibler auf Probleme wie Naturkatastrophen, geopolitische Krisen oder unerwartete Marktschwankungen zu reagieren. Statt von einem einzigen Lieferanten abhängig zu sein, kann ein Liefernetzwerk alternative Wege und Partner nutzen, um Engpässe zu vermeiden. - Echtzeit-Transparenz
Durch den Einsatz von modernen Technologien können Unternehmen den Status ihrer Lieferungen in Echtzeit überwachen. Dies befähigt sie, proaktiv auf Verzögerungen oder Störungen zu reagieren und alternative Lösungen zu finden, bevor es zu größeren Problemen kommt. - Kosteneffizienz
Durch die Optimierung von Routen, die Reduktion von Leerfahrten und die effizientere Nutzung von Ressourcen können Unternehmen ihre Kosten senken. Auch wenn die initiale Implementierung eines Liefernetzwerks Investitionen erfordert, führt die langfristige Optimierung zu signifikanten Einsparungen. Denn ein Liefernetzwerk ermöglicht eine flexiblere Routenplanung und eine dynamische Anpassung der Logistikprozesse. Dadurch werden teure Ausfallzeiten und Verzögerungen reduziert, die in einer linearen Lieferkette unweigerlich höhere Kosten nach sich ziehen würden.
Durchblick gewinnen – Grenzen der Intransparenz verschieben
Liefernetzwerk statt Lieferkette heißt allerdings auch, dass zwischen einzelnen, bislang nicht miteinander in Kontakt stehende Akteuren – möglicherweise überall in der Welt verstreut – nun Querverbindungen entstehen. Die Verbindung der Prozesse und Subprozessen dieser verschiedenen Akteure benötigt ein deutlich höheres Maß an gemeinsamer Kommunikation. Daher kann das Management eines derartigen Netzwerks auf den ersten Blick überfordernd sein.
Um in einem komplexen Liefernetzwerk den Überblick zu behalten, sind moderne Technologien unerlässlich. Tools für multimodale Echtzeit-Visibilität im interkontinentalen Transport ermöglichen es Unternehmen, den Zustand ihrer Lieferströme kontinuierlich zu verfolgen. Diese Systeme sammeln Daten aus hunderten Datenquellen, wie aus den Netzwerken ihrer Kunden, von Transportanbietern und neutralen Quellen, beispielsweise von Reedereien, Spediteuren, aus dem Cargo Community System oder AIS und konsolidieren sie auf einer einzigen Plattform. Die Kombination aus neutralen Daten, Branchenkenntnissen und hochwertigen Algorithmen sind der Schlüssel für zuverlässige Vorhersagen und Daten.
So erhalten Unternehmen jederzeit einen umfassenden Einblick in die Bewegung ihrer Güter und können kritische Punkte, wie Verspätungen oder Störungen, sofort erkennen und erhalten zuverlässige Ankunftszeiten (Estimated Time of Arrival, ETA). Die Echtzeit-Transparenz erlaubt es, frühzeitig alternative Routen oder Lieferanten zu identifizieren und präventive Maßnahmen zu ergreifen, um Störungen zu minimieren und den Betrieb reibungslos aufrechtzuerhalten.
Diese Daten sind die Basis für bessere Entscheidungen, größere Transparenz und verbesserte Zusammenarbeit. Überforderung wird verhindert und eine gute Zusammenarbeit zwischen den Akteuren gewährleistet.
Warum Unternehmen ein agiles Liefersystem benötigen
In der aktuellen von internationalen Krisen geprägten Zeit reicht es nicht mehr aus, nur auf bestehende Prozesse zu vertrauen. Denn diese können schnell sehr teuer werden. Die Komplexität moderner Liefernetzwerke erfordert Agilität und Flexibilität. Unternehmen, die in der Lage sind, ihre Prozesse anzupassen und strategische Entscheidungen auf Basis von Echtzeitdaten zu treffen, haben einen klaren Wettbewerbsvorteil. Sie können schneller auf Marktveränderungen reagieren, Engpässe vermeiden und letztlich ihre Kunden zufriedener stellen.
Die Zeiten der starren, linearen Lieferketten sind vorbei. Unternehmen, die wettbewerbsfähig bleiben wollen, müssen auf vernetzte, digitale Systeme setzen. Und nur wer den Überblick über sein gesamtes Netzwerk behält und in der Lage ist, flexibel auf Krisen zu reagieren, kann auch in Zukunft erfolgreich agieren.
Über den Autor
Julien Cote ist CEO und Co-Gründer von Wakeo, der Plattform für interkontinentale Echtzeit-Transparenz.
Während seiner Arbeit für globale Unternehmensorganisationen erlebte Julien Cote den Mangel an Transparenz, mit dem internationale Spediteure bei Überseetransporten konfrontiert sind. Zusammen mit seinem Co-Gründer erkannte er den Mehrwert, den Daten und maschinelles Lernen, für eine proaktive Überwachung des Volumens, pünktliche Lieferungen, Transportzeiten sowie der Berechnung der Umweltauswirkungen von Lieferketten liefern können.