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Suezkanal: Umleitung von Schiffen wird zu Bestandsproblemen führen

Der Konflikt im Gazastreifen macht einen Bogen. Aufgrund von Angriffen durch Huthi-Rebellen auf Schiffe  setzen große globale Reedereien ihre Fahrten durch das Rote Meer und den Suezkanal aus. Dies bleibt nicht ohne Folgen für die globalen Lieferketten.

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Maersk hat alle seine Schiffe, die durch die Meeresenge Bab al-Mandab in Richtung Suezkanal unterwegs sind, angewiesen, ihre Fahrten einzustellen und weitere Anweisungen abzuwarten.

Das dänische Unternehmen gab diese Entscheidung bekannt, nachdem sein Schiff „Gibraltar” am Donnerstag angegriffen worden war und ein weiteres Containerschiff am Freitag unter Beschuss geriet. Die Passage von Bab al-Mandab zwischen der arabischen Halbinsel und Afrika ist das Tor vom Indischen Ozean zum Roten Meer. Sie kann in Richtung Suezkanal nicht umfahren werden.

„Wir sind zutiefst besorgt, dass die Sicherheitslage im Roten Meer und im Golf von Aden eskaliert”, teilte Maersk in einer Meldung mit.

„Die jüngsten Angriffe auf Handelsschiffe in der Region sind alarmierend und stellen eine Bedrohung für die Sicherheit der Schifffahrt dar”, heißt es weiter.

Auch Hapag Lloyd stoppte weitere Fahrten, nachdem sein Schiff Al Jasrah von einem Marschflugkörper getroffen wurde, was zu einem Brand an Bord führte.

Dem Beispiel von Maersk und Hapag Lloyd folgten auch die weltgrößte Reederei MSC und die drittgrößte Reederei CMA CGM, die ebenfalls ihre Frachten stoppten. Das unter liberianischer Flagge fahrende Schiff MSC Palatium III wurde von einer Drohne angegriffen. Zwar wurde kein Besatzungsmitglied verletzt, jedoch wurde das Schiff beschädigt. MSC stoppte alle Fahrten durch das Rote Meer und den Suezkanal und leitete einige Fahrten über das Kap der Guten Hoffnung um.

Eskalation im Nahen Osten

Die Probleme in den Gewässern um den Suezkanal sind eine Folge des Konflikts im Gazastreifen. Im vom Bürgerkrieg geplagten Jemen kündigten die vom Iran unterstützten militanten Huthis vor einigen Wochen an, Schiffe anzugreifen, die für Israel bestimmt sind oder sich im Besitz von Israelis befinden, um die in Gaza kämpfende Hamas zu unterstützen.

Jemen ist direkt an der Meeresenge Bab al-Mandab gelegen, und die Huthi verfügen über ein Arsenal, mit dem sie Schiffe beschießen können, die die Meerenge passieren. Am Samstag beschossen die Huthi auch einen bekannten israelischen Ferienort und Hafen in Eilat. Die jemenitische Gruppe hat gewarnt, dass die Angriffe auf Schiffe fortgeführt werden, solange die israelische Offensive im Gazastreifen andauert.

Die Lage ist mittlerweile dermaßen ernst, dass die Vereinigten Staaten ihre Verbündeten aufgefordert haben, ein internationales maritimes Einsatzteam zu bilden, um die sichere Navigation von Handelsschiffen in diesen Gewässern zu gewährleisten.

Die Folgen der Aussetzung der Schiffahrt auf dieser Route durch das Rote Meer und den Suezkanal würden die gesamte Weltwirtschaft negativ beeinträchtigen, vor allem würden aber  Europa und Asien diese zu spüren bekommen.

Ein Déjà-vu-Erlebnis?

12 Prozent des Welthandels gehen durch den Suezkanal, darunter bis zu 30 Prozent des weltweiten Containeraufkommens. Den Suezkanal passieren Schiffe von fernöstlichen Fabriken nach Europa. Durch den Kanal verläuft auch die wichtigste Öltransportroute von der arabischen Halbinsel zum Alten Kontinent. Eine Umleitung über eine längere Route um Afrika würde weitreichende Turbulenzen in den globalen Lieferketten bedeuten.

Wir haben bereits vor zwei Jahren gesehen, welche Auswirkungen die Aussetzung der Schifffahrt auf dieser Route bedeutet. Im März 2021 ist das Containerschiff Evergiven auf Grund gelaufen, worauf hin die Durchfahrt eine Woche lang blockiert war.

Damals wie heute wird die Aussetzung des Suezkanals und die Notwendigkeit, Afrika zu umfahren, zu einer Verzögerung der Verschiffung von Gütern des täglichen Bedarfs in Europa führen. Die Fahrt über das Kap der Guten Hoffnung dauert etwa 10 Tage länger als die über den Suezkanal. Und eine längere Route bedeutet auch höhere Containerpreise.

Des Weiteren, wenn einige Schiffe darauf warten werden, bis die Passage des Rote Meeres wieder sicher ist, wird dies wahrscheinlich zu einer Überlastung des Kanals und in der Folge zu einer Überlastung der europäischen Häfen führen.

Frachtraten werden steigen

Die Verzögerungen werden das Angebot an Containerschiffen auf dem Weltmarkt verringern, was wiederum die Raten in die Höhe treiben wird. Dies gilt umso mehr, da Anfang Februar 2024 das chinesische Neujahrsfest ansteht, das immer eine geschäftige Handelssaison ist. Wenn erhebliche Containerbestände im Roten Meer, im Suezkanal oder in europäischen Häfen feststecken, während sie auf den Routen nach China und Asien benötigt werden, wird dies zu höheren Raten führen.

Peter Sand, Chefanalyst bei der Frachtenplattform Xeneta, postete am Montag auf Linkedin, dass die Containerpreise am vergangenen Wochenende um 20 Prozent gestiegen seien. Das bedeutet etwa 300 Dollar mehr pro 40-Fuß-Container.

Sand fügt hinzu, dass dies aber nicht das Ende der Preiserhöhungen ist.

„Wenn nicht bald eine praktikable Lösung für diese Situation gefunden wird, werden die Dienste umgeleitet (auf die Route um Afrika herum – Anm. d. Red.), was zusätzliche Treibstoffkosten von 1 Million Dollar pro Hin- und Rückfahrt bedeutet”.- betont er bei LinkedIn.

Der Anstieg der Raten war bereits vor der Entscheidung der Reeder, den Schiffsverkehr über das Rote Meer einzustellen, zu beobachten. Am vergangenen Donnerstag stieg der WCI Global Container Rate Index von Drewry im Wochenvergleich um 4 Prozent. Auf den Routen von Schanghai über den Suezkanal nach Rotterdam und Genua war der Anstieg noch deutlicher.

Auf den Routen zu dem niederländischen Hafen stieg der Ratenindex im Wochenvergleich um 7 Prozent auf 1.442 US-Dollar pro 20-Fuß-Container. Auf den Routen zu dem italienischen Hafen lag der Index mit 1 697 US-Dollar dagegen um 6 Prozent höher als in der Vorwoche. Und das war noch bevor die Frachten auf dieser Route gestoppt wurden.

Allerdings sind die logistischen Probleme nicht die einzigen,  die die Containerpreise in nächster Zeit in die Höhe treiben werden. Die Suezkanalbehörde, die den Suezkanal verwaltet, kündigte im Oktober eine 15-prozentige Erhöhung der Kanalgebühren ab dem 1. Januar 2024 an, die sowohl Tanker als auch Containerschiffe betreffen wird.

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