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Quelle: Adobestock / ferkelraggae

Bald werden die Kraftstofflieferungen aus Russland eingestellt. Wie wird sich dies auf die Preise auswirken?

In weniger als zwei Wochen wird eine umfangreiche Beschränkung der russischen Erdöleinfuhren in Kraft treten. Ab Februar wird es außerdem ein Verbot für den Dieselimport aus Russland geben. Ist daher mit einem Anstieg der Kraftstoffpreise oder schlimmer noch mit einer Verknappung zu rechnen?

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Im Juni dieses Jahres beschlossen die Staats- und Regierungschefs der EU, ein Embargo gegen russisches Erdöl zu verhängen, das auf dem Seeweg importiert wird. Die Sanktion wird am 5. Dezember in Kraft treten. Darüber hinaus wird ab dem 5. Februar 2023 ein Verbot für die Einfuhr von erdölähnlichen Produkten (einschließlich, aber nicht beschränkt auf Diesel) aus Russland in Kraft treten.

Wird es zu einer Verknappung des Erdöls kommen?

Rafał Bogucki, Experte für den Kraftstoffmarkt bei e-petrol, ist der Ansicht, dass es bei der Ölversorgung keine größeren Probleme geben dürfte.

Wir bekommen das Erdölproblem in den Griff. Es gibt viele Quellen, aus denen wir Öl importieren können – die Vereinigten Staaten, der Nahe Osten, Westafrika oder Südamerika” – sagt Bogucki.

Im Laufe dieses Jahres haben sich die Beschaffungsquellen von Erdöl in unserem Land in der Tat grundlegend geändert. Im zweiten Quartal stammte etwas mehr als die Hälfte der polnischen Ölimporte aus Russland, wie aus den Daten der Zentralbank von Polen hervorgeht. Jedoch bereits ein Drittel kam aus Saudi-Arabien. Die Lieferungen aus dem arabischen Königreich haben sich im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht.

Auswirkungen auf die Preise

Der Experte von e-petrol erwartet einen gewissen Anstieg der Erdölpreise nach dem Embargo im Dezember. Er erklärt, dass dies durch den logistischen Wandel, der auf dem Markt stattfinden muss, beeinflusst wird. Die Richtung der weltweiten Ölexporte und -importe wird sich ändern, was sich auf den Preis pro Barrel Erdöl auswirken wird.

Andererseits ist Urszula Cieślak von BM Reflex der Ansicht, dass das Ölembargo selbst keine besonderen Auswirkungen auf das Preisniveau von Erdöl haben dürfte. Sie weist darauf hin, dass die europäischen Regierungen einige Vorräte angelegt haben. Außerdem wird es noch einige Wochen dauern, bis die vor dem 4. Dezember aufgegebenen Bestellungen abgewickelt werden.

Die Ruhe vor dem Sturm?

Die Experten machen sich daher keine besonderen Sorgen über die Auswirkungen des Embargos, das im Dezember in Kraft tritt.

Ein viel schwierigeres Thema stellt das Embargo gegen die Lieferung von erdölähnlichen Produkten dar” – sagt Dr. Bogucki.

Dieses Embargo, das im Februar nächsten Jahres in Kraft treten soll, ist für die europäischen Länder möglicherweise schwerer zu ertragen. Und auch für den Transportsektor, denn durch die Beschränkung wird u. a. der Weg für billigeren russischen Diesel nach Europa geschlossen.

Alle Europäer werden nach Diesel suchen, und das wird natürlich die Preise in die Höhe treiben” – so Dr. Bogucki.

Mit der Verfügbarkeit von Diesel dürfte es eher keine Probleme geben, erklärt der Experte von e-petrol. Polen hat Zugang zum Meer, verfügt über einen Ölhafen und importiert bereits erhebliche Mengen an Erdöl und Diesel über diesen Weg.

Eine logistische Herausforderung

Die Ostsee ist ein recht flaches Meer, das für die größten Tanker unzugänglich ist. Das bedeutet, dass der von ihnen transportierte Kraftstoff auf kleinere Schiffe umgeladen werden muss, die dann erst polnische Häfen erreichen. Das ist durchaus machbar, aber es bedeutet ein weiteres Glied in der Lieferkette, welches mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.

Die möglichen Auswirkungen von Logistikproblemen auf die Preise erwähnt auch Urszula Cieślak von BM Reflex.

Polen ist bereit (für die Einstellung der russischen Diesellieferung – Anm. d. Red.), weil wir Versorgungsquellen haben, aber andere werden es auch brauchen, was logistisch gelöst werden muss. Das könnte einige Störungen auf dem Dieselmarkt verursachen.” – erklärt Urszula Cieślak. Sie fügt hinzu, dass es sich dabei nicht um Störungen im Zusammenhang mit der Kraftstoffknappheit, sondern um Preisstörungen handelt.

Während polnische Analysten optimistisch sind, was die Versorgungssicherheit angeht, sind die westlichen Experten besorgt. Nach Ansicht der Analysten von Argus Media könnte es in Europa zu größeren Versorgungsunterbrechungen kommen. Sie argumentieren, dass Diesel zwar aus Indien oder dem Nahen Osten bezogen werden kann, aber wahrscheinlich zu hohen Preisen, da wir um Kraftstoff mit asiatischen Ländern konkurrieren werden müssen.

Das Problem sind jedoch die rekordverdächtig niedrigen Dieselvorräte in Europa. Die hohen Gaspreise und die Belastung durch die Emissionskosten haben die Raffinerien dazu veranlasst, in diesem Jahr lieber auf Kraftstoffvorräte zurückzugreifen, anstatt Öl zu verarbeiten. Nach Angaben von Argus Media waren die Lagerbestände an Erdölprodukten in 16 größten europäischen Volkswirtschaften so niedrig wie seit 2008 nicht mehr. In den Niederlanden, die reich an Kraftstoffvorräten sind, lagen die Dieselbestände im August um 40 Prozent niedriger als im Vorjahr. In anderen Ländern war die Differenz kleiner (z. B. 10 Prozent Rückgang in Deutschland und 12 Prozent im Vereinigten Königreich), doch zeigt dies das Ausmaß des Problems.

Es wird noch teurer sein

Für Frachtführer ist die wichtigste Frage, ob sich das Embargo auf den Dieselpreis an den Tankstellen auswirken wird. Nach den Erhöhungen infolge des Krieges in der Ukraine machen die Kraftstoffpreise Schätzungen zufolge bereits bis zur Hälfte der Kosten der Transportunternehmen aus.

Dr. Bogucki sagt, dass dies schwer vorherzusagen ist, schon allein wegen der mangelnden Information über potenzielle Kraftstoffquellen. Die Notwendigkeit, teureren Diesel als russischen zu importieren und ihn aus weit entfernten Regionen einzuführen, wird sich jedoch sehr wohl auf das Preisniveau auswirken.

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