Das Coronavirus-Schlachtfeld. Können wir aus derzeitiger Lage Schlüsse ziehen?

Lesezeit 4 Min.

Im Jahre 2017 hatte die Transportbranche mit einem ganz anderen Virus zu tun.

Der NotPetya-Wurm hatte zur Folge, dass die gesamte IT-Infrastruktur der Firma Maersk binnen sieben Minuten zum Erliegen kam. Glücklicherweise wurden gewisse Daten von Schlüsselbedeutung in der nigerianischen Niederlassung der Firma erhalten geblieben, wo beim Virusangriff… eine Einspeisungsunterbrechung auftrat, wodurch es einen Teil der Computer nicht infizieren konnte.

Aus diesem Keim stellte der IT-Team der Firma mühselig 5000 Server und 45 000 persönliche Geräte wieder her und brachte der Firma die völlige Operationsfähigkeit. Die Verluste wurden auf 300 Mio. Dollar beziffert. Ein Angriff galt auch der FedEx (mit Vermittlung der damals übernommenen TNT) und verursachte 400 Mio. Dollar Verluste.

Etwa ein Jahr später kam es zu zwei Katastrophen der nagelneuen Boeings 737 Max, in denen insgesamt 346 Personen ums Leben kamen. Die Flüge dieser Maschinen wurden ausgesetzt und CNN schätzte die Verluste des Konzerns auf nahezu 19 Mrd. USD (!!!) ein. Wie nachher Ermittlungen von Bloomberg erwiesen, setzten Boeing und seine Subunternehmer zur Erstellung der Flugzeugsoftware (und eben die Software war die Ursache der Katastrophen) niedrig bezahlte Teilzeitmitarbeiter aus Indien ohne Erfahrung in der Flugzeugbranche ein.

Was verbindet diese zwei Angelegenheiten? Maersk sagte bereits Ende vorigen Jahres Personalkürzungen an. Es motivierte diese mit der Notwendigkeit, Mittel für Investitionen in seine Expansion im Bereich Straßentransport und gestiegenen Kraftstoffkosten für Schiffe (im Zusammenhang mit der Richtlinie IMO 2020) zu steigern. Wie der angesehene investigative IT-Service – The Register (https://www.theregister.co.uk/2020/03/03/maersk_redundancies_maidenhead_notpetya_rescuers/) schreibt, plant Maersk unter anderem ihre IT-Abteilung, welche nach dem Angriff des NotPetya-Virus an der Wiederbelebung der Firma gearbeitet hatte, zu entlassen und diese… durch Outsourcing mit Mitarbeitern aus Indien zu ersetzen. Die Mitarbeiter erfuhren das zufällig, weil sie Stellenanzeigen für ihre Arbeitsplätze bei einem indischen Bewerbungsportal fanden.

Kann man erst aus der Zeitperspektive die Irrationalität dieser Handlungen bemerken? Eigentlich sagt uns der gesunde Menschenverstand und Erfahrung, dass es nicht gerade klug ist, die Erstellung kritischer Software billigen, unerfahrenen Mitarbeitern in Auftrag zu geben. Eigentlich sollte man nach Verlust von 400 Mio. USD in 7 Minuten in der Frage der IT-Sicherheit übervorsichtig sein. Eigentlich ist es gleich unvernünftig, seine gesamte Produktion und Lieferkette von einem Staat, in welchem jederzeit eine Krise, ein Krieg oder… eine ansteckende Krankheit, die Fabriken und Logistik lahmlegt, ausbrechen kann, abhängig zu machen. Und wir machen es doch, ignorieren den gesunden Menschenverstand und bisweilen auch Erfahrungen und Tatsachen. Weil wir ja jedes Jahr den Investoren und dem Markt mindestens einen zweistelligen Anstieg von Einnahmen, einen kühnen Expansionsplan oder eine findige Weise zur Kostenoptimierung vorweisen müssen. Wir sind es nicht gewöhnt, dass die Natur, verschiedene Faktoren, auf welche wir keinen Einfluss haben, unsere raffinierte Forecasts und Pläne durchstreichen und uns in die Knie zwingen kann, indem sie zeigt, wie wichtig das NACHHALTIGE Management ist.

Vor uns sind noch größere Herausforderungen, welche viele Firmen und sogar ganze Nationen zu ignorieren scheinen. Die Klimaveränderungen und ihre Folgen werden in den nächsten zig Jahren unsere Lebensweise, wie wir leben und arbeiten so verändern, dass der jetzige Hausarrest wegen Coronavirus wie ein angenehmer, unerwarteter Urlaub erscheint. Was bleibt uns aus der heutigen Situation in einem oder zwei Jahren? Wir sollen Schlüsse ziehen und diese demütigende Lehre nicht schnell vergessen sowie lernen unsere Geschäfte nachhaltiger führen, bevor es zu spät ist, weil wir darüber noch Kontrolle haben.

Foto:  Pixabay/Tumisu

Tags