Der deutsche Osthandel hat im ersten Halbjahr 2022 sowohl bei den Importen als auch bei den Exporten einen neuen Höchstwert erreicht. Die Exporteinbrüchen im Geschäft mit Russland (-4,4 Milliarden Euro) und Belarus (-250 Millionen Euro)wurden durch Zuwächse im Export nach Polen (+6 Milliarden Euro) und Tschechien (+3,9 Milliarden Euro) kompensiert. Polen konnte sich im ersten Halbjahr als fünftwichtigster Handelspartner Deutschlands vor Italien behaupten. Auch Tschechien avancierte und befindet sich aktuell vor Großbritannien auf Rang zehn.
Nimmt man die weiteren Visegrád-Staaten Ungarn und die Slowakei noch hinzu, so handelte Deutschland allein mit dieser mittelosteuropäischen Ländergruppe im ersten Halbjahr 2022 Waren im Wert von 186,8 Milliarden Euro (Vorjahreszeitraum: 167 Milliarden Euro), betont der Ost-Ausschuß.
Deutsche Unternehmen schauen sich auch verstärkt in Zentralasien und dem Südkaukasus um. Noch liegen Länder wie Usbekistan und Kasachstan im Handelsranking weiter hinten, weisen aber ein enormes Potenzial vor: So wuchs der deutsche Handel mit Kasachstan im ersten Halbjahr um rund 80 Prozent auf über vier Milliarden Euro, der Handel mit Usbekistan legte um über 100 Prozent auf nun 600 Millionen Euro zu.
Der Krieg Russlands, die Sanktionen, gerissene Lieferketten, explodierende Rohstoffpreise, Fachkräftemangel – es gibt zahlreiche Risikofaktoren für die Konjunktur, aber dennoch keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Dass purer Pessimismus fehl am Platz ist, zeigt die positive Handelsentwicklung, kommentierte der Geschäftsführer des Ost-Ausschusses Michael Harms die aktuellen Zahlen.
Was die den Handel mit der Ukraine betrifft, könnten jüngste Zahlen auf eine Stabilisierung hinweisen. Das Handelsvolumen sank im ersten Halbjahr um elf Prozent, aber im Juni lagen die Rückgänge nur noch bei fünf Prozent lagen.
Deutsche Unternehmen in den weniger vom Krieg betroffenen Gebieten tun alles, um Produktion und Geschäft am Laufen zu halten. Der Nachschub etwa bei Zulieferteilen für die deutsche Automobilindustrie funktioniert wieder, auch die ukrainische Landwirtschaft arbeitet hart daran, die Ernteausfälle möglichst gering und die Transportwege offen zu halten.Es wäre völlig falsch, die Ukraine als Investitionsstandort abzuschreiben. Es gibt international eine hohe Bereitschaft, jetzt die ukrainische Wirtschaft zu unterstützen. Entscheidend ist ein klugstrukturierter, transparenter Wiederaufbauplan mit klaren Zielvereinbarungen, sagte Harms.