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„Wettbewerbsgleichheit wird nicht durch zusätzliche Gesetze hergestellt.” DSLV nimmt Stellung zu aktuellen Problemen der Logistikbranche und niedrigen Frachtpreisen

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Durch den Shutdown wurden große Teile der produzierenden Industrie und des Handels ebenso wie deren Zulieferer und Dienstleister stillgelegt und dadurch wirtschaftlich stark eingeengt. Die coronabedingten Schwächen der ex- und importstarken Branchen Automotive, Maschinenbau und Textilhandel sowie des Einzelhandels (außer Food) sind ursächlich für den dramatischen Einbruch der verladerseitigen Nachfrage nach logistischen Dienstleistungen. Der wirtschaftliche Druck wird in der gesamten Wertschöpfungskette direkt auf Speditionen und Logistikunternehmen und weiter auf ihre Transportdienstleister übertragen.

Mit Ausnahme des Luftverkehrs und der Lagerlogistik gibt es derzeit bei allen Verkehrsträgern erhebliche Überkapazitäten, die den Preisdruck zusätzlich erhöhen. Der Logistik- und Güterverkehrsmarkt hat auf den Einbruch der Nachfrageseite direkt mit einem Preisverfall reagiert. Zusätzlich verschieben sich die Marktanteile durch einen zunehmend aggressiveren Wettbewerb auf der Angebotsseite. Wie in jeder extremen Marktkrise sortieren sich Angebot und Nachfrage neu und spalten sich in die Gruppen der „Überlebenskämpfer” und der „Goldgräber“.

Deutsche Speditionshäuser – Konzerne ebenso wie größere inhabergeführte Mittelstandsbetriebe sind sehr personalintensiv. Zahlreiche Logistikunternehmen haben Kurzarbeitergeld beantragt, weshalb es in der Branche bislang kaum Fälle betriebsbedingter Kündigungen gab. Darüber hinaus handeln die Unternehmen je nach finanzieller Leistungsfähigkeit und Kostenstruktur sehr unterschiedlich: einige ansonsten marktstarke Speditionen müssen jetzt aus eigenen wirtschaftlichen Zwängen den Druck auf die Frachtraten und damit auf die Transportpartner erhöhen, nicht zuletzt, um den bisherigen Kundenbestand aus der verladenden Wirtschaft zu erhalten. Andere Player sind sogar in der Lage, eigene Rettungsschirme für ihre Transportdienstleister zu spannen, um sicherzustellen, dass auch nach der Krise ein ausreichendes Laderaumangebot zur Verfügung steht.

Bei den derzeit niedrigen Frachtraten wird nicht jeder Transport kostendeckend durchgeführt, doch kann deswegen auch nicht unterstellt werden, dass das Speditionsgeschäft in Deutschland allein auf illegalem Verhalten (Mindestlohn- oder Kabotageverstöße u. ä.) basiert. Bei zunehmend ausbleibenden Gütermengen ist es ökonomisch nicht jedes Mal unvernünftig, eine niedrigpreisige Rückladung anzunehmen, um zumindest einen Teil der Kosten zu decken.

Als Antwort auf den Ratenverfall wird jetzt der Ruf nach staatlichen Interventionen und ordnungspolitische Maßnahmen wie etwa ein generelles Kabotageverbot oder gesetzliche Mindestfrachttarife lauter. Doch das ist europarechtlich nicht durchsetzbar.

Die Außerkraftsetzung EU-rechtlicher Bestimmungen widerspräche zudem völlig den Bemühungen der Bundesregierung und der Europäischen Kommission für die Solidarität der Staaten der Europäischen Gemeinschaft und die Aufrechthaltung des Binnenmarktes mit freiem Waren- und Personenverkehr – die der DSLV ausdrücklich unterstützt – vor allem während der Corona-Pandemie zu werben. Die negativen Auswirkungen der kilometer- und tagelangen Grenzstaus zu Beginn der Krise sind noch in Erinnerung. Es wäre für Deutschland politisch kaum begründbar, warum osteuropäische Arbeitskräfte nicht nur für die Logistik, sondern auch als Erntehelfer etc. dringend in Deutschland beschäftigt werden müssen, während osteuropäische Unternehmen ihre Dienstleistungen (natürlich in den engen rechtlichen Grenzen wie den Kabotageregeln) nicht mehr zu – sicherlich überstrapazierten – Marktpreisen anbieten dürften.

Befürworter eines (befristeten) Kabotageverbots führen an, dass der durch die Corona-Krise zusätzlich entstandene Wettbewerbsdruck für deutsche Güterkraftverkehrsunternehmer durch illegale Angebote gebietsfremder Transportunternehmen untragbar verschärft werde. Sofern der Wettbewerbsvorteil auf illegalem Verhalten beruht, das durch fehlende behördliche Kontrollen nicht unterbunden wird, würde sich die Situation durch eine Aussetzung des Kabotagerechts aber nicht wesentlich ändern. Denn auch ein vollständiges Kabotageverbot könnte mangels Kontrollen leicht umgangen werden. Keineswegs soll hiermit eine illegale Situation legalisiert werden, doch würde am Ende Deutschland Marktabschottung politisch vorgeworfen werden, ohne dass ein wettbewerbsbereinigender Effekt erzielt wurde. Die möglicherweise folgende Abschottungseskalation der EU-Mitgliedstaaten kann nicht im Interesse der auf Arbeitsteilung basierenden Logistik und der Versorgungssicherheit des Wirtschaftsstandortes Deutschland sein.

Ohnehin muss bezweifelt werden, dass die momentane Wettbewerbsverschärfung auf dem deutschen Güterkraftverkehrsmarkt allein auf eine ausländische „Billigkonkurrenz“ zurückzuführen ist. Im allgemeinen Abwärtstrend weist die aktuelle BAG-Statistik über die Mautfahrleistung vom März überproportional rückläufige Zahlen für ausländische Lkw aus. Der Bruch internationaler Lieferketten hat bereits dazu geführt, dass weniger ausländische Anbieter auf dem deutschen Markt erscheinen.

Wettbewerbsgleichheit wird nicht durch zusätzliche Gesetze, sondern durch das konsequente Kontrollieren bestehender Vorschriften hergestellt.

Foto: dslv.org

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