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Ein Riesenaufwand und eine geringe Effizienz-so sieht der Alltag eines Spediteurs aus. Aber es geht auch anders

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40 E-Mails – so viel Korrspondenz muss im Schnitt ein Spediteur mit dem Kunden austauschen, wenn ein etwas schwierigerer Transport organisiert wird, um die Sache zu Ende zu bringen. Dies sind fast zwei Stunden Arbeit an einem einzelnen Auftrag. Spediteure geben zu, dass viele der von ihnen eingesetzten Werkzeuge ihre Arbeit wirksam erschweren. Zum Glück wird die Situation dank digitaler Tools etwas besser, weil sie den Spediteuren erlauben, effizienter zu arbeiten.

Die Margen sinken. Um die Gesamtmarge aufrechtzuerhalten, muss der Spediteur heute viel mehr Aufträge erledigen. Zum Beispiel, wenn er einst 100 Aufträge annehmen und erledigen musste, um mit Gewinn zu arbeiten, dann sind es heute 120 Aufträge, behauptet Jacek Słomski, R&D Manager bei der VAN-Gruppe. Was bedeutet das? Dass die mit unserer Arbeit verbundenen Prozesse optimiert und beschleunigt werden müssen. Und das alles basiert doch auf einer besseren Planung und Automatisierung. Ordner, Papiere, handschriftliche Notizen – wofür der ganze Kram? Heutzutage kann man Kredite bei Banken über Internet aufnehmen und viele Aspekte unserer Arbeit warten auf ähnliche Erleichterungen. Leider hinken wir als Branche immer noch ein Bisschen hinterher.

Und die Praxis zeigt, dass Veränderungen notwendig sind. Denn die hier erwähnte Anzahl von vierzig E-Mails, die zum Abschluss eines Auftrags erforderlich sind, nicht aus dem Finger gesaugt.

Wenn sich unsere Arbeit nur darauf beschränken würde, ein Auto und einen Kraftfahrer für den Gütertransport finden zu müssen, würde ich 25% weniger Leute beschäftigen, sagt Agata Steczek, Speditionsleiterin bei der Fa. Crusar. Die Arbeit eines Spediteurs ist jedoch viel mehr als das. Wir verhandeln die Auftragsbedingungen mit dem Kunden, unterstützen ihn und optimieren die Transportkosten durch die Planung oder Kombination der Ladungen. Durch E-Mails, Telefonate, Kommunikationsgeräten, GPS. Wir überwachen auch den Transport in jeder Phase von der Beladung bis hin zur Auslieferung. Wir stehen in ständigem Kontakt sowohl mit dem Logistiker als auch mit dem Beförderer oder dem Fahrer und müssen uns dabei oft zahlreicher Werkzeuge bedienen.

Steigerung der jährlichen Umsatzerlöse um bis zu 2,5%

Die digitale Revolution im Transportwesen geht jedoch erst recht schleppend nach vorne. Einem DHL-Bericht zufolge wird die Angst der Firmeninhaber vor der Digitalisierung der Lieferkette in erster Linie durch die Befürchtung verursacht, dass moderne Technologien gar nicht so zuverlässig sind, wie es scheint. Bis zu 68% der Befragten haben solche Ängste! Darüber hinaus verweist man auch auf Widerstand gegen Veränderungen in der Organisation (65%) und auf unzureichende oder langfristige Renditen aus Investitionen (64%).

Indes überzeugen die Experten, dass Digitalisierung und Automatisierung der Arbeit messbare Vorteile mit sich bringen. Die Beratungsgesellschaft McKinsey schätzt, dass eine konsequente Digitalisierung der Lieferketten einen Anstieg der Einnahmen von bis zu 2,5% jährlich bringen kann.

Von Big Data bis hin zum Data Sharing

Wie kann man solche Vorteile erreichen? Hierfür gibt es mehrere Möglichkeiten. „Den Befragten zufolge ist die Analyse von Big Data die wichtigste Informationslösung – 73% von ihnen gaben an, dass ihr Unternehmen in diese Technologie bereits investiert hat. Die folgenden Plätze wurden von Lösungen eingenommen, die auf Cloud (63%), Internet der Dinge (55%), Blockchain (51%), Machine Learning (46%) und dem Sharing Economy (34%) basieren. Was die physische Ausrüstung betrifft, so gaben 63% der Befragten an, dass die Robotik am Wichtigsten ist, am zweiten Platz wurden autonome Fahrzeuge (40%) genannt, dann folgten der 3D-Druck (33%) und die erweiterte Realität (28%) sowie Drohnen (27%)“, ist es in der Analyse des oben genannten DHL-Berichts zu entnehmen.

Im weiteren Sinne gilt dies für die Abwicklung der gesamten Lieferkette. Am Treffpunkt Spediteur-Frachtführer oder Spediteur-Belader sagt man oft, dass es notwendig ist, Lösungen einzusetzen, die einen schnellen Kontakt, vorzugsweise mit einem einzigen Tool, und eine möglichst breite Integration der ausgetauschten Daten ermöglichen.

Digitalisierung in der Praxis – wie Unternehmen Prozesse verbessern

Bei VAN Group wurde beispielsweise bereits vor mehr als zehn Jahren das EDI-System (Electronic Data Interchange) entwickelt. Damals nur für Bedürfnisse eines Kunden. Wie sich Jacek Słomski noch entsinnen kann, war es eine “sehr teure Lösung”, aber zu diesem Zeitpunkt führten das Volumen und die Laufzeit des Vertrages dazu, dass sich diese Investition lohnte.

Solche Lösungen sind heutzutage viel billiger und schneller zu implementieren, so dass wir sie in größerem Umfang einsetzen können. Leider können wir es noch nicht zu 100% nutzen. Und ich bin sicher, dass jede große Speditionsfirma das Gleiche sagen würde. Nicht die Integration unserer Daten mit denen von Beförderern oder Kunden ist das größte Problem, sondern eher die Mentalität. Nicht jeder Kunde und Beförderer ist bereit, diese Lösungen zu nutzen, erklärt Słomski.

Die Arbeit eines Menschen kann von Computern simuliert werden

Davon, dass „die Arbeit ausschließlich mit E-Mail und Telefon ineffizient wird und mit zahlreichen Kommunikationsfehlern behaftet ist“, wenn alle Beteiligten (d.h. Kunde, Spediteur und Beförderer) ständig Informationen austauschen müssen, weiß auch das Unternehmen ROHLIG SUUS Logistics.

Łukasz Włodarczak, internationaler FTL-Product Manager gibt zu, dass „die Spediteure der Vielzahl von Tools am meisten ausgesetzt sind“.

Oft neben mehreren eigenen Speditionssystemen arbeiten sie auch auf Plattformen ihrer Auftraggeber und auf externen Börsen“, gibt er zu. „Es gibt jedoch kein einheitliches System, das eine Alternative wäre und den Spediteuren dabei behilflich sein könnte. Daher ist der Bewusstsein des Arbeitgebers und ständige Investitionen in Systemintegrationen wichtig, die untereinander Daten der jeweiligen Beteiligten an der Transportkette verbinden und direkt übertragen, sagt er.

Wie wir erfahren haben, nutzt RohligSuus Logistics das TMS-System, das alle Funktionen der Auftragserfassung, der Fuhrparkplanung, des Berichtswesens und der Forderungsbuchhaltung vereint. Es lässt sich auch mit Systemen der Handelspartner integrieren.

Ein sehr wichtiges Element im Zusammenhang mit der Zerstreuung von Daten ist auch die Beteiligung an der Entwicklung von RPA (Robotic Process Automation), an der wir bei RohligSuus seit längerer Zeit arbeiten. Laut RPA isolieren wir die zeitaufwändigsten Prozesse, dann erhalten wir mit Algorithmen und Computerprogrammierung eine Computersimulation der menschlichen Arbeit, fügt Łukasz Włodarczak hinzu.

Zweieinhalb Stunden verschwendete Zeit pro Tag

Der Notwendigkeit, die Arbeit des Spediteurs zu digitalisieren, ist sich auch die Firma GTI Logistik, die sich auf Transporte zwischen Deutschland, der Schweiz, Österreich, Italien, Frankreich und Skandinavien spezialisiert hat, durchaus bewusst.

Wir haben uns stark um unseren eigenen Fuhrpark herum digitalisiert. Wir haben unsere Arbeit so weit optimiert, dass wir den gesamten Weg von der Auftragserteilung bis zur Lieferbestätigung elektronisch abwickeln, versichert Maciej Góralski, Geschäftsführer bei der GTI Logistik.Wir haben ziemlich viel in die Soloplan-Software investiert, welche die Mitarbeiter erheblich entlastete, die bisher manuell Auftragsdaten von verschiedenen Medien eingepflegt hatten. Zurzeit werden diese Daten automatisch eingelesen, so dass Spediteure nach Beförderern suchen können und sich mit der Erteilung von Dispositionen und Planung von LKW befassen können.

Und erinnert sich:

Natürlich haben wir bereits früher auf Basis von Mustern gearbeitet, weil sich viele von unseren Aufträgen wiederholen, aber trotzdem hat selbst die Datenpflege wie Gewicht, Tonnage oder Route jedem Mitarbeiter etwa eine halbe Stunde in Anspruch genommen. Bei fünf Personen war das ein Verlust von 2,5 Stunden täglich!

Weitere Vorteile

Aber das ist erst der Anfang. Die Firma will nun die Zusammenarbeit mit Subunternehmern optimieren. Und das ist eine große Herausforderung.

Noch die Transportzuteilung, Verarbeitung der Daten durch TMS, die Versendung der Bestellung, all das ist gewissermaßen digitalisiert. Der Auftrag generiert sich aus dem Frachtverteilungssystem selbst und dann wird er automatisch per E-Mail an den Subunternehmer gesendet. Doch die Einzelheiten des Auftrags oder die Versendung der Angebote an mehrere Subunternehmer, das alles geschieht manuell, mit Hilfe vieler verschiedener Kommunikatoren dazu“, gibt Maciej Góralski zu und fügt hinzu, dass sich sein Unternehmen seit kurzem für eine TfF-Lösung, d.h. für ein Werkzeug zur Automatisierung des gesamten Transportmanagements – von der Frachterfassung bis zur Suche nach einem Spediteur – interessiert.
„Gerade diese Lösung geht in die richtige Richtung. Ja, die Vielzahl von Tools für die Kommunikation mit Kunden und Subunternehmern gehört zu unserem Beruf. Wenn es jedoch gelingen würde, die ganze Reihe der Nachfragen zu allen Details des Auftrags zu reduzieren und zwar durch den Einsatz eines einzigen Tools, das es ermöglichen würde, die gesamte Zusammenarbeit mit den Spediteuren an einem Ort zu überwachen, würde dies nur Vorteile bringen, kommentiert der Geschäftsführer.

Es besteht die Möglichkeit, die Anzahl der Kommunikationsmittel zu begrenzen, mit denen der Kontakt mit dem Spediteur auch während und nach der Ausführung des Auftrags aufrechterhalten wird.

Heutzutage ist es üblich, dass wir den Unternehmer anrufen müssen, um herauszufinden, wo sein Fahrer ist. Er legt auf, ruft seinen Mitarbeiter an. Er kommt mit einer Antwort zurück. Und manchmal ist es notwendig, mehrmals anzurufen, weil z.B. der Fahrer nicht telefonisch erreichbar ist. Man schreibt also die SMS…. Eine Zeitverschwendung für eine sinnlose Arbeit, die automatisch erledigt werden könnte, fügt Góralski hinzu. Am besten wäre es, wenn wir mit einem einzigen Tool in die Routen aller Autos Einsicht hätten und sogar die Belader und die Endkunden sollten sie haben.

Dann könnten die Spediteure nach Schätzungen von Góralski eine weitere halbe Stunde am Tag einsparen.

Gespartes Geld für zusätzliche Experten

Die Arbeitszeit des Spediteurs kann im Zusammenhang mit der Suche nach Frachtmöglichkeiten und der Überwachung der Auftragsausführung nach Berechnungen von Paweł Wasiewicz, dem Leiter der Flottenabteilung bei Omida Logistics um 15 oder sogar um 20% reduziert werden.

So hoch haben wir die Einsparungen durch den Einsatz von TfF eingeschätzt, sagt er. Dazu führt die Automatisierung von Prozessen. Im Zeitalter von Industrie, Transport und Logistik 4.0. führen solche Zeiteinsparungen zu konkreten finanziellen Vorteilen. Bis zu 10 oder 15% Zeitersparnis auf Monats- oder Jahresbasis, bei einem aus 6 Personen bestehenden Arbeitsteam, bedeutet, dass die Firma Geld spart, um einen weiteren Experten einzustellen, der sich beispielsweise um die Akquise von Neukunden kümmern kann, argumentiert Paweł Wasiewicz.

Und fügt hinzu:

Das Wichtigste scheint uns die automatisierte Ausfüllung des Bestellformulars, die Routenberechnung und die Analyse aller Ereignisse zusammen mit Meldungen über Änderungen zu sein. Dadurch sind Daten, die einmal in einem bestimmten Zusammenhang eingepflegt werden, weiterhin im System verfügbar und man kann sie nur geringfügig abändern. Dadurch sparen wir Zeit bei der manuellen Eingabe von Daten und der Überwachung der Ladung in der Lieferkette. Die zweite Sache ist die Optimierung der Arbeit durch eine intelligente Streckenplanung. Es lag uns daran, dass wir in einem bestimmten Umkreis automatisch Benachrichtigungen über nachfolgende Ladungen für Spediteure erhalten, damit sie nicht 100 km vom Ort, an dem sie sich befinden, dorthin fahren müssen, fügt er hinzu.

Die Firma strebt auch danach, dass alle von ihren Beförderern benutzten Telematika mit ihrem eigenen TMS integriert werden.

Wir erwarten, dass mehrere Dutzend verschiedene Telematiksysteme in Echtzeit >miteinander sprechen<, d.h. Daten austauschen, damit wir nicht Zeit damit verschwenden müssen, Kilometer mit dem Beförderer abzurechnen und uns dabei jedes Mal bei anderen Telematiksystemen anmelden. Die zusätzliche, landkartenbezogene Software berechnet die optimale Route, unter Berücksichtigung der zulässigen Gesamtmasse des Fahrzeugs, der Spediteur erhält Zugang zu unserer Plattform mit Zugriff auf alle Bestellungen und Routendetails, erklärt er.

Dank neuer Technologien bewegt sich die Logistik in Richtung Vollautomatisierung und Digitalisierung von Prozessen zur Verbesserung der Abläufe für die TSL-Branche und es wird entscheidend sein, ein einziges System zu verwenden, das die Kommunikation mit verschiedenen Plattformen (Telematik, TMS) ermöglicht. Wenn Unternehmen aus der Transport- und Logistikbranche nicht innerhalb weniger Jahre auf dieses Modell umsteigen, kann es passieren, dass die Einholung der Wettbewerber nicht mehr möglich ist.

Foto: Pixabay/lukasbieri/public domain

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