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Straßenfrachtraten in Europa steigen auf Rekordniveau

Die durchschnittlichen Frachtraten und Kosten im Straßengüterverkehr sind in ganz Europa gestiegen. Besonders im vierten Quartal 2021 und zwar um 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr, berichten Analysten von Transport Intelligence (TI) und Upply. Im Vergleich zum Vorquartal stieg der Durchschnittssatz um 1 Prozent.

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Im letzten Quartal 2021 lag der durchschnittliche Referenzindex der europäischen Frachtraten bei 108,3 Punkten. Dies entspricht einem Anstieg von 1,1 Punkten. (1,0 Prozent) im Vergleich zum Vorquartal, so der jüngste Bericht über die Entwicklung der Straßenfrachtraten (Road Freight Rate Development Benchmark).

Das sei auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen. Die Überlastungen der Lieferketten, Lieferengpässe, Kostensteigerungen und eine steigenden Nachfrage aufgrund der Wiedereröffnung der Wirtschaft, seien Gründe wodurch die Frachtraten immer schneller steigen.

Im dritten Quartal 2021 betrug der Anstieg des Index im Jahresvergleich 2,9 Prozent und im Vergleich zum Vorquartal 0,9 Prozent.

Die Experten von Transport Intelligence betonen, dass das vierte Quartal 2021 das sechste Quartal in Folge war, in dem die Raten im Straßengüterverkehr in Europa gestiegen sind. Zum Beispiel, im zweiten Quartal 2020 (das am stärksten von der Pandemie betroffen war), lag der Index bei 103,5 Punkten.

Steigende Kraftstoffkosten, die in Deutschland, Frankreich und Spanien bis zu 25 Prozent über dem Vorjahr liegen, sowie der anhaltende Fahrermangel haben zu steigenden Transportkosten und Raten in ganz Europa beigetragen, erklärt TI in seinem Bericht.

Die Raten steigen auch aufgrund der hohen Nachfrage nach Transportdienstleistungen in Europa. Dies wiederum ist darauf zurückzuführen, dass die europäischen Volkswirtschaften wieder an Stärke gewinnen. In Deutschland haben die Industrieaufträge den höchsten Stand seit den 1960er Jahren erreicht. Im Vereinigten Königreich lagen die Einzelhandelsumsätze im November um 7 Prozent höher als vor der Pandemie.

Verbindung Deutschland – Polen

Unter den von TI analysierten Verbindungen könnte die Strecke zwischen Warschau und Duisburg in Westdeutschland für polnische Frachtführer interessant sein. Diese Strecke (in beide Richtungen) war im letzten Quartal des vergangenen Jahres durch einen relativ geringen Anstieg der Raten gekennzeichnet. Auf dem Weg nach Deutschland stieg die durchschnittliche Rate im Vergleich zum dritten Quartal um 0,6 Prozent (auf 1.077 Euro pro Strecke oder 1 Euro/km). Der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr betrug nur 0,2 Prozent, was aber einen historischen Höchstsand darstellt.

In der Gegenrichtung lag der Durchschnittspreis bei 1.041 Euro (0,96 Euro/km) und stieg gegenüber dem Vorquartal um 2,2 Prozent.

Während sich noch im dritten Quartal 2021 die Rate in Richtung Deutschland dynamischer entwickelte, waren die Preise im vierten Quartal auf der Strecke nach Warschau dynamischer. Beide Wirtschaften sind eng miteinander verbunden – Deutschland ist Polens wichtigster Handelspartner und Polen ist der drittgrößte Exporteur über den Rhein. Die boomende deutsche Industrie sorgt für eine hohe Nachfrage nach Halbfertigprodukten aus Polen.

Bei anderen Strecken war der Anstieg der Raten wesentlich dynamischer. Von Paris nach Madrid stieg der Durchschnittstarif im Vergleich zum dritten Quartal um 3 Prozent (auf 1.451 Euro bzw. 1,14 Euro/km). In der anderen Richtung fiel der Anstieg mit nur 0,3 Prozent bescheidener aus, was auf den dynamischen Anstieg des Verbrauchs in Spanien zurückzuführen ist, das sich von der Pandemie erholt und besonders stark von COVID-19 betroffen war. Andererseits bremsen die strengen Beschränkungen in Frankreich das Wachstum der Ausgaben in diesem Land stark.

Auch auf dem französischen Binnenmark ist eine höhere Verkehrsnachfrage und damit ein Anstieg der Tarife zu verzeichnen. Im ersten Quartal stiegen die Raten im Vergleich zum Vorjahr um 0,4 Prozent, bevor sie im zweiten Quartal um 2,5 Prozent und im dritten Quartal um 3,5 Prozent stiegen. Im letzten Quartal des Jahres betrug der Anstieg 3,6 Prozent.

Auch die Durchschnittsraten von den Benelux-Häfen (Antwerpen und Rotterdam) nach Deutschland sind dynamisch gewachsen – um fast 7,9 Prozent seit Anfang 2021. Dies ist auf die hohe Nachfrage der deutschen Industrie nach Rohstoffen und Halbfertigprodukten zurückzuführen.

Andererseits hat sich die Situation zwischen dem Vereinigten Königreich und Frankreich beruhigt. Auf den Inseln lag der Anstieg der Raten im vierten Quartal bei 2,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Vom Vereinigten Königreich zum Kontinent war der Sprung viel größer – bis zu 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Allerdings war dies vor allem darauf zurückzuführen, dass die Raten im ersten Quartal 2021 im Zuge des Brexit in die Höhe schossen. Im Vergleich zum letzten Quartal 2020 stiegen sie dann um 12,8 Prozent. Seitdem sind die Raten leicht gesunken, aber dank der Explosion zu Beginn des Jahres liegen sie immer noch deutlich über dem Niveau von Ende 2020.

Keine Besserung in Sicht

Die Wirtschaftsanalysten bei TI gehen davon aus, dass sich die Situation im ersten Quartal 2022 nicht verbessern wird.

Es ist unwahrscheinlich, dass der Anstieg der Frachtraten in Europa auf kurze Sicht nachlässt, so Thomas Larrieu, CEO von Upply.

Er erklärt, dass die Faktoren, die zu den letztjährigen Preiserhöhungen geführt haben, wie z. B. Kraftstoffpreise, Fahrermangel und Probleme bei der Verfügbarkeit von Neufahrzeugen, durch den Wegfall der staatlichen Unterstützung, von der viele Unternehmen profitiert haben, noch verstärkt werden.

In Deutschland lag der Einkaufsmanagerindex PMI des verarbeitenden Gewerbes im Dezember mit 57,4 immer noch auf hohem Niveau, obwohl der Wert im Vergleich zum Vormonat unverändert blieb und der niedrigste seit Januar 2021 war. Der Gesamt-PMI im Inland liegt mit 49,9 Punkten im negativen Bereich, somit ist die Aktivität in anderen Bereichen der Wirtschaft vergleichbar schwach. Da die Nachfrage der Hersteller die Preise von Warschau bis Duisburg in die Höhe treibt, ist es vielleicht die schwächere Entwicklung des deutschen Einzelhandels- und des Dienstleistungssektors, sowie der Bauwirtschaft.

Wenn dann noch eine steigende Verbrauchernachfrage hinzukommt, wird sich dies in höheren Preisen für den Transport niederschlagen.

Zusammenarbeit mit Michał Pakulniewicz trans.iNFO Analytiker.

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