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„Gefälschter Treibstoff von Polen nach Deutschland. Spediteure unter potenziellen Opfern eines großen Tankbetrugs?”

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Deutsche Behörden haben im Rahmen einer umfangreichen europäischen Ermittlung zu einer Steuerhinterziehung bei Kraftstoffen im Wert von 200 Millionen Euro zwei Verdächtige festgenommen und ihr Vermögen beschlagnahmt – darunter Kryptowährungen, Schusswaffen und Luxusuhren, wie letzte Woche von der Europäischen Staatsanwaltschaft (EPPO) mitgeteilt wurde.

Die Operation richtete sich gegen eine organisierte kriminelle Gruppe, die verdächtigt wird, chemisch modifizierte Kraftstoffe zu vertreiben, um sowohl Mehrwertsteuer als auch Verbrauchsteuern zu umgehen.

Ermittler schätzen, dass die Aktivitäten der Gruppe seit 2023 zu einem Ausfall von 66 Millionen Euro an nicht abgeführter Mehrwertsteuer und über 137 Millionen Euro an nicht gezahlten Verbrauchssteuern geführt haben.

„Wasser zu Wein” – der Betrug mit sogenannten „Designertreibstoffen”

Im Fokus der unter dem Codenamen „Water into Wine” geführten Ermittlungen steht eine Masche, bei der gefälschte Kraftstoffe so verändert wurden, dass sie Schmierölen ähnelten, um eine Besteuerung zu vermeiden. Nach der Einfuhr nach Deutschland wurden diese Produkte fälschlicherweise als Diesel deklariert – Diesel unterliegt wesentlich höheren Abgaben.

Die Produkte wurden zunächst fälschlich als Schmieröl deklariert und später als Diesel umetikettiert, um Energiesteuern zu umgehen“, heißt es in der Erklärung der EPPO.

„Diese Methode untergräbt die Rückverfolgbarkeit der Lieferkette und verschleiert die wahre Beschaffenheit und Herkunft der Produkte.“

Treibstoffe gelangen über Polen nach Deutschland – Herkunft weiterhin unklar

Der Treibstoff wurde vermutlich über Polen nach Deutschland geschmuggelt, allerdings ist die tatsächliche Ursprungsquelle weiterhin unbekannt. Zur Verschleierung von Herkunft und Beschaffenheit wurde ein komplexes Netz aus triangulären Handelsgeschäften genutzt. An dem Verfahren sollen auch Unternehmen aus Litauen, Lettland und Ungarn beteiligt gewesen sein, um den Anschein eines legalen Handels zu erwecken.

Verdacht auf Einsatz von sogenannten „Missing Traders”

Die Organisation wird zudem verdächtigt, sogenannte „Missing Traders“ – Firmen, die lediglich zur Ausstellung falscher Rechnungen ohne tatsächliche Steuerabführung gegründet wurden – zur Mehrwertsteuerrückerstattung missbraucht zu haben. So wurde der Eindruck erweckt, dass Steuern bezahlt würden, obwohl weder Mehrwertsteuer noch Verbrauchssteuer entrichtet wurden.

Beschlagnahmte Vermögenswerte – Tresore, Kryptowährungen, Uhren und Waffen

Bei der Aktion wurden zwei Tresore, Krypto-Wallets, Serverräume, Rolex-Uhren sowie Schusswaffen und Munition sichergestellt. Ermittler vermuten, dass ein Teil der illegalen Gelder über Investitionen in Edelmetalle gewaschen oder mittels Zahlungsdienstleistern auf Auslands­konten transferiert wurde.

Tätigkeit in mehreren EU-Staaten

Die kriminelle Gruppe soll in mindestens sieben EU-Ländern operiert haben: Deutschland, Belgien, Ungarn, Lettland, Litauen, Polen und der Slowakei – mit dem Ziel, sowohl öffentliche Finanzen als auch Endverbraucher zu schädigen.

Ermittlungsführung durch EPPO und Europol

Die Ermittlungen wurden von der in Luxemburg ansässigen EPPO geleitet, durchgeführt unter Mitwirkung des Berliner Büros in Kooperation mit Zoll- und Steuerbehörden aus Hamburg, Hannover, Berlin und Magdeburg. Die Koordination erfolgte über Europol, das eine virtuelle Kommandozentrale zur grenzübergreifenden Kommunikation einrichtete.

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