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Interview: Die Transportkosten auf dem Seeweg sind oft nicht kostendeckend, die Kosten auf der Bahnstrecke sind oftmals nicht transparent

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Natalia Jakubowska, Trans.INFO:Ist die Neue Seidenstraße Chinas Privatclub? Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, um als ausländisches Unternehmen Geschäfte mit China zu machen?

Lars Bostelmann, Manager Business Administration & Development, Global Management Oceanfreight bei Dachser: Grundsätzlich keine, aber es ist hilfreich, wenn ein Unternehmen über ein eigenes Setup in China verfügt, um vor Ort Kontakte mit den Terminals und den Dienstleistern zu knüpfen. Generell hat sich der interkontinentale Bahnverkehr als Standardprodukt etabliert, da er die Lücke zwischen Luft- und Seefracht schließt.

Wie schneidet die Schiene im Vergleich zu Luft und Wasser ab? Wo sehen Sie die Vorteile und Potentiale?

Eindeutig im Zeitvorteil gegenüber der Seefracht. Mit einer Laufzeit von durchschnittlich 16-20 Tagen ist die Bahn um 15-20 Tage schneller als die Seefracht. Es gibt sogar Verbindungen zwischen China und Deutschland, die noch schneller sind (bspw. 11 Tage). Am schnellsten läuft es natürlich über den Luftweg, jedoch sind die Volumen und das Gewicht dort stark begrenzt, damit die Fracht nicht zu teuer wird. Daher ist bei der Bahnfracht von einem durchschnittlichen Kostenvorteil von mindestens 80 Prozent gegenüber der Luftfracht auszugehen.

Die Seidenstraße ist ein von China hochsubventioniertes Projekt. Sind die aktuellen Transportkosten eigentlich real? Was ist preistechnisch langfristig zu erwarten?

Das wird leider erst die Zeit zeigen. Die Transportkosten auf dem Seeweg sind oft nicht kostendeckend, die Kosten auf der Bahnstrecke sind oftmals nicht transparent. Dies ist sicherlich auch auf die Subventionen, die der Chinesische Staat ausschüttet, um die Aktivitäten auf der neuen Seidenstraße zu erweitern, zurückzuführen. In der Tat ist es so, dass Frachtraten innerhalb der letzten zwei Jahre gefallen sind. Aber ob der Trend weiter anhält, ist nur schwer zu sagen. Die Subventionen durch die Chinesische Regierung sind bislang bis 2021 vorgesehen. Was danach geschehen wird, ist unklar.

Welche Waren werden gefahren? Welche Waren sind nicht erlaubt – aus zum Beispiel politischen oder aus technischen Gründen? Gibt es Limitierungen?

Im Westbound werden typische Konsumgüter wie Haushaltsgeräte und Textilien transportiert. Im Eastbound finden sich Maschinen und Ersatzteile auf den Ladelisten. Beides ist typisch für Warenströme zwischen China und Europa und ist vergleichbar mit Luft- und Seefracht.
„Dangerous Goods“, also Gefahrgut, sind von der Chinesischen Bahnoperateure nicht erlaubt. Schwierig wird es bei einzelnen Lebensmitteln, die exportseitig aus der EU nach Russland verboten sind, ihren Ursprung aber bspw. in der Schweiz haben, und im Transit nach China via Russland verlaufen. Viele Operateure lehnen diese Waren auf diesem Trade ebenfalls ab, was uns dazu veranlasst hat, keine gekühlten Lebensmittel auf der Schiene zu transportieren. Zudem muss man davon ausgehen, dass es auf dem Transport zu teilweise deutlichen Höhenunterschieden kommt, was manchmal zu deutlichen Temperaturschwankungen führt.

Temperaturgeführte Transporte – wie geht man mit dieser Herausforderung um?

Es bleibt vorerst eine Nische, die schwer zu bedienen ist, da die Infrastruktur nicht dafür ausgelegt ist. Der Großteil der Strecke ist nicht elektrifiziert und damit ist die Stromversorgung für die Kühlaggregate nicht gesichert.

Wenn Sie kurz den Transportvorgang auf der Seidenstraße beschreiben könnten.Wie operiert man einen Zug auf dieser Strecke? Wo wird umgeladen? Mit welchen
Wartezeiten ist zu rechnen?

Im Gegensatz zu Air und Ocean Carriern müssen auf der interkontinentalen Schienenverbindung zwischen China und Europa verschiedene technische Anforderungen bedient werden. So kommt es beim Grenzübertritt von und nach China, als auch beim Grenzübertritt von und in die EU, zum sogenannten Umspuren. Dabei werden die Container im Grenzterminal von einem auf den parallel dazu stehenden Zug geladen. Dies ist notwendig, da die Spurweiten der Schieneninfrastruktur in China, Russland und der EU jeweils unterschiedlich sind. Bei diesem Vorgang kommt es immer wieder zu Staus und Engpässen und damit auch zu Verzögerungen. Allerdings beobachten wir hier eine Verbesserung.

Die Seidenstraße verläuft durch zig Länder, da hat Ladungssicherung sicherlich oberste Priorität. Was ist zu beachten? Welche Risiken oder Gefahren können auf der Strecke auftreten?

Da die Züge Gegenden mit den unterschiedlichsten klimatischen Bedingungen durchqueren, sind sie großen Temperatur- und Höhenunterschieden ausgesetzt. Allerdings ist das bei dem Transport via Luft- oder Seefracht ähnlich. Die Ware in den Containern auf dem Zug muss deshalb „seemäßig“ verpackt sein. Zusätzlich sind die Container verschlossen und verplombt und werden an den Terminals überwacht, sodass auch Diebstahl kein Thema ist, mit dem wir uns bislang auseinandersetzen mussten.

Welche Streckenführungen sind in Planung?

Aktuelle Hauptstrecken sind die Transsibirische Route und die Neue Seidenstraße. Es wird an Standardservices laboriert, bei denen Japan, Korea, Taiwan mit angebunden werden. Es gibt unterschiedliche Initiativen, die regional unterschiedlich motiviert sind. So möchte zum Beispiel die Europäische Union die Transeuropäischen Verkehrsnetze mit der Infrastruktur in Osteuropa und Zentral Asien verbinden.

Was müsste Ihrer Meinung nach organisatorisch verbessert werden, damit das volle Potential des Projekts ausgeschöpft werden kann?

Neben der Verbesserung der Infrastruktur in Form von Terminals und der Kompatibilität der Schienen müssen sich auch die Dokumentation und die Zollabwicklungen verbessern, hier bedarf es, wie auch in anderen Bereichen, einer einheitlichen digitalen Lösung. Schnellere Fahrtzeiten auf Teilabschnitten beispielsweise in Deutschland und Polen wären vorteilhaft, um irgendwann eine verkürzte Gesamttransitzeit von acht Tagen zu erreichen. Damit wäre die Bahn zeitlich fast so attraktiv, wie das Luftfrachtprodukt.Schließlich müssen sich auch die Kosten auf ein Niveau einpendeln, dass dauerhaft den Laufzeitvorteil zur Seefracht und Kostenvorteil zur Luftfracht rechtfertigt. Nur dann ist das Produkt dauerhaft interessant für Verlader und wird weiter in die Supply Chains von morgen integriert.

Foto: Wikimedia

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