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Kurzinterview: “Eine Digitalisierung nur um der Digitalisierung willen ist sinnlos”

In unserer Kurzinterview-Reihe präsentieren wir, wie Unternehmen aus der Transportbranche die Digitalisierung meistern. Die Interviews finden Sie immer mittwochs auf unserem Portal. Heute erzählt Peter Karel, Chief Digital Officer bei cargo-partner, wo Kunden nach Digitalisierung verlangen und welche Themen die digitale Zukunft der Transportbranche prägen werden.

Lesezeit 5 Min.

Natalia Jakubowska, Trans.INFO: Wo haben Sie mit der Digitalisierung im Unternehmen angefangen? Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?

Peter Karel, Chief Digital Officer, cargo-partner: Im Jahr 2000 haben wir die cloud-basierte Supply Chain Management Plattform SPOT eingeführt. Zunächst handelte es sich dabei um ein simples Tracking-Tool, heute ist SPOT eine umfassende „Visibility & Collaboration Platform“ mit einer Vielzahl an Modulen und Funktionen zur Optimierung jeden Aspekts der Lieferkette – angefangen vom Bestellprozess über Transportmanagement, Lagerverwaltung und Paketversand bis hin zu Sendungsverfolgung und detaillierten Reports.

Ziel war es, unseren Kunden eine Supply Chain Management Plattform zur Verfügung zu stellen, um die Zusammenarbeit mit cargo-partner zu vereinfachen, mehr Transparenz über Transporte zu bieten und ein effizienteres Transportmanagement zu ermöglichen. Im Grunde ging es darum, einen einfacheren Zugang zu Daten und Informationen zu gewährleisten.

Heute und in Zukunft zielen wir vermehrt auf ein vollintegriertes, durchgängiges Kundenerlebnis (Customer Experience) entlang des Transportprozesses ab: von der Planung eines Transports über die Ausführung bis hin zur Analyse und Optimierung von Transportprozessen und -daten.

Was waren die größten Herausforderungen?

Eine der größten Herausforderungen war die Einführung eines strukturierten und kontinuierlichen Change Managements. Veränderung braucht Zeit, Veränderung erzeugt Ängste, die sehr eng begleitet werden müssen. Zusätzlich mussten wir beim globalen Rollout in unseren Standorten von USA über Europa bis Asien die unterschiedlichen digitalen Reifegrade hinsichtlich Prozess- und Datenqualität-Compliance berücksichtigen.

Digitalisierung schafft Transparenz und ermöglicht Automatisierung. Nicht alle Mitarbeiter sind auf Anhieb bereit, diesen Weg mitzugehen. Daher mussten wir Arbeitsprozesse grundlegend umstellen und dies auch effektiv an unsere Kunden kommunizieren. Im Jahr 2000 waren wir im Hinblick auf Kundenakzeptanz für Digitalisierung und die damit einhergehende Transparenz sehr früh dran. Über die Jahre haben sich die diesbezüglichen Kundenanforderungen sehr stark in Richtung digitale Services und Transparenz gewandelt, was sich durch COVID-19 noch zusätzlich beschleunigt hat.

Sind erste Effekte auf den Geschäftsbetrieb bereits sichtbar? 

SPOT hat sich über die Jahre zur zentralen Drehscheibe für Kundenanforderungen und -prozesse sowie auch für unsere interne Abwicklung und Verwaltung von Transportaufträgen entwickelt.

Unsere Kunden und unsere Mitarbeiter können einfach via Web-Browser oder Smartphone-App auf SPOT einsteigen und haben in einem personalisierten Dashboard alle laufenden Transporte – sei es im Luft-, See-, Straßen- oder Schienenverkehr – in einem Überblick zusammengefasst. Zusätzlich ermöglicht SPOT eine einfache Online-Auftragserteilung, 24/7 Sendungsverfolgung, effiziente Kommunikation und Dokumentenverwaltung sowie eigene Module für Lagerverwaltung in Echtzeit, Paketversand einschließlich Preisvergleich und Etikettendruck, Bestell- und Lieferanten-Management.

SPOT hat vor allem positive Effekte auf die Interaktion mit unseren Kunden weltweit – dank SPOT verläuft der Informationsaustausch effizienter, gezielter und rund um die Uhr.

Auch der Geschäftsbetrieb profitiert, da wir dank effizienterem Prozessmanagement Zeit gewinnen, die wir in andere Projekte investieren können: zum Beispiel in die Entwicklung komplexer Supply-Chain-Lösungen für unsere Kunden oder in den Ausbau unserer IT-Lösungen, um unsere Produktivität und Datentransparenz weiter zu steigern.

Wie stehen Ihre Kunden Digitalisierung gegenüber?

Hierbei gilt es zwischen Groß- und Klein- bzw. mittelständischen Unternehmen zu unterscheiden. Diese haben unterschiedliche Bedürfnisse, wenn es darum geht, Anknüpfungspunkte digital darzustellen.

Zusätzlich muss bedacht werden, dass Digitalisierung kein Allheilmittel für unvollständig oder ungenügend kontrollierte Transportprozesse ist. Kunden erwarten nach wie vor eine operativ und qualitativ hochwertige Abwicklung der Transportkette – Digitalisierung ist hier nur ein Mittel zum Zweck. Eine Digitalisierung nur um der Digitalisierung willen ist sinnlos. Dahinter muss stets ein beabsichtigtes Geschäftsergebnis oder eine konkrete Anforderung stehen.

Wir sind der Überzeugung, dass unsere Kunden Digitalisierung dort verlangen (oder akzeptieren), wo menschliche Interaktion keinen Mehrwert bietet oder digitale Lösungen einen zusätzlichen Mehrwert in der Supply Chain generieren.

Ein großes Zukunftsthema in der Digitalisierung ist die datengetriebene Vorhersehbarkeit in der Supply Chain (predictive / prescriptive analytics). Kunden wollen nicht unbedingt in Echtzeit sehen, wo ihre Ware gerade ist, sondern im Falle einer unerwarteten Begebenheit oder Störung in der Supply Chain proaktiv darüber informiert werden, was mit ihrer Ware geschieht, welche Lösungsoptionen es gibt (prescriptive analytics) und was die eventuellen Auswirkungen auf Kosten, Lieferzeiten etc. sind (predictive analytics).

Mit der Schaffung einer zentralen Stelle in unserem Unternehmen, dem Digital Office, sprechen wir dem Thema Digitalisierung und den diesbezüglichen Wünschen und Erwartungen unserer Kunden eine zentrale strategische Rolle zu. So schaffen wir eine zielgerichtete digitale Kompetenz, um die digitale Customer Experience unserer Kunden entlang der Supply Chain kontinuierlich zu analysieren und zu verbessern.

Wie sehen die nächsten Schritte Ihrer Digitalisierungsstrategie aus?

Grundsätzlich verstärken wir unseren Fokus auf erwartete Kunden- und Geschäftsbedürfnisse, und das immer mit entsprechend messbaren digitalen Zielsetzungen. Denn auch hier gilt: Keine Digitalisierung nur um der Digitalisierung willen.

Aktuell konzentrieren wir uns vor allem auf den Bereich Customer Experience. Wir wollen unseren Leitspruch „we take it personally“ auch hier klar etablieren und stellen daher die „Customer Journey“ in den Vordergrund, um die Erwartungen unserer Kunden besser zu verstehen und unsere Prozesse und Systeme dahingehend zu optimieren. Unser Ziel ist es, unseren Kunden im Laufe der nächsten Jahre ein nahtloses digitalisiertes Erlebnis und somit ein intuitiveres und gleichzeitig effizienteres Management von Transportprozessen zu ermöglichen.

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