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LBS und LBT zur Tiroler Blockadepolitik: Rückkehr zur Kleinstaaterei

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26.06.2019

Die beiden bayerischen Logistikverbände LBS – Landesverband Bayerischer Spediteure und Landesverband Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen LBT haben die beiden für die Branche zuständigen Ressortminister Hans Reichhart in München und Andreas Scheuer in Berlin mit einem gemeinsamen Schreiben dringend um Unterstützung gegen die Tiroler Anti-Transitpolitik gebeten.

Nahezu durchgehend während der vergangenen beiden Wochen führte Tirol an der Grenze Kiefersfelden/Kufstein wieder Blockabfertigungen für LKW durch, zum Teil mit minimaler Vorlaufzeit angekündigt. Staus durch das gesamte Inntal bis zum Inntaldreieck gehören damit im Umfeld von Ferienzeiten und Feiertagen fast schon zum gewohnten Bild im bayerischen Inntal – mit all ihren Nebenwirkungen wie unkalkulierbare Wartezeiten, kritischen Verkehrssituationen und unnötigen Emissionen durch aufgestaute Fahrzeuge.

Neben der anliegenden Bevölkerung leiden unter der Tiroler Blockadepolitik am meisten die betroffenen LKW-Fahrer, die ihre Wochenenden auf Parkplätzen anstatt zu Hause verbringen müssen, beklagen LBS und LBT.

Die EU-Kommission habe es bisher versäumt, außer ihren bekannten Ankündigungen auch konkrete Schritte gegen Tirol einzuleiten. Damit, so Heinrich Doll und Hans Ach, die Präsidenten der beiden Verbände, fühle sich das österreichische Bundesland gegenwärtig nicht veranlasst, einer Verhandlungslösung näher zu treten. Im Gegenteil komme es zu weiteren Nadelstichen in Richtung seiner Nachbarn – und damit auch der EU – zum Beispiel in Form extrem kurzfristig eingeführten zusätzlichen Blockabfertigungen und den nun umgesetzten zusätzlichen Beschränkungen auch für den PKW-Verkehr.

Form und Stil der Auseinandersetzung erinnern an einen kleinlichen Nachbarschaftsstreit darüber, wessen Bäume für das Laub auf dem Grundstück verantwortlich sind und wer es entsorgen muss, kommentieren LBS und LBT die aktuelle Entwicklung. Wir haben in Europa nicht jahrzehntelang auf eine Einheit hingearbeitet, um nun in der Verkehrspolitik wieder die Kleinstaaterei auszurufen.

Über die aktuellen Störungen hinaus zeichnet sich indes eine dramatische Situation ab, wenn ab dem 1. Oktober 2019 Tirol, wie angedroht, das sogenannte Sektorale Fahrverbot für bestimmte Gütergruppen weiter verschärfen wird. Geht es nach den Plänen aus Innsbruck, dürfen dann zum Beispiel Güter wie Papier und Pappe, Gips, Zement, Rohre, Profile, Getreide und flüssige Mineralölerzeugnisse nicht mehr mit dem LKW durch Tirol transportiert werden – zusätzlich zu schon bestehenden Verboten wie zum Beispiel für Fahrzeugtransporte, Marmor und Travertin, Fliesen und Stahl. Besonders schwer wiegt dabei die Tatsache, dass Tirol im Gegensatz zur aktuellen Regelung nicht einmal mehr LKW mit der momentan besten Schadstoffklasse Euro VI von diesen Fahrverboten ausnehmen will. Genau diese Ausnahme war seinerzeit die Grundlage für die Zustimmung der EU zur Einführung der Sektoralen Fahrverbote.

Damit, so LBS und LBT, drohen den im Italien-Verkehr tätigen mittelständischen Logistikunternehmen erhebliche Einbußen bis hin zu Existenzverlusten. Doch auch den bayerisch-italienischen Warenaustausch mit einem jährlichen Volumen von circa 25 Milliarden Euro pro Jahr sehen die beiden Verbände als massiv gefährdet an, sollten die Tiroler Anti-Transit Pläne nicht gestoppt werden. Wobei Österreichs südlicher Nachbar ebenfalls stark betroffen wäre und dies nicht hinnehmen will, wie aus italienischen Wirtschaftskreisen verlautet.

Wir bitten deshalb sowohl die bayerische Staatsregierung in Person von Staatsminister Dr. Reichhart als auch Herrn Bundesminister Scheuer um zeitnahe und nachhaltige Unterstützung gegen die Tiroler Blockadepolitik, so Doll und Ach in ihrem Schreiben.

Sie weisen u.a. darauf hin, dass nach wie vor österreichische LKW mit großer Selbstverständlichkeit eigene nationale Verkehre über deutsches Staatsgebiet, zum Beispiel zwischen Vorarlberg, Salzburg, und Tirol abwickeln. Mit der gleichen Argumentation, wie sie die Tiroler Landespolitik vorbringt, ließen sich auch diese Verkehre zum Schutz der regionalen Infrastruktur und Anwohner einschränken oder verbieten.

Solche Maßnahmen verstoßen grob gegen die Inhalte und den Geist dessen, was wir alle unter der Freizügigkeit innerhalb der EU verstehen, so die beiden Verbandspräsidenten. An den Bundesverkehrsminister richtet sich unser Appell, bei der EU-Kommission mit Nachdruck auf die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens in Sachen Sektorales Fahrverbot in Verbindung mit einer einstweiligen Anordnung durch den Europäischen Gerichtshof hinzuwirken. Ansonsten befürchten wir existenzielle Probleme nicht nur für unsere betroffenen Unternehmen, sondern für den gesamten Wirtschaftsstandort Bayern, betonen LBT und LBS.

Foto: Wikipedia/Vladimir Menkov 

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