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Logistik im Krisenmodus: Wirtschaftliche Unsicherheit dämpft Erwartungen

Im ersten Quartal 2025 blickt der Wirtschaftszweig Logistik wieder weniger optimistisch in die Zukunft als noch zum Ende vergangenen Jahres. Den jüngsten Erhebungen zufolge haben sich die Hoffnungen auf eine positive Entwicklung im Logistiksektor nicht erfüllt.

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Die Zahlen zum 4. Quartal 2024 hatten uns zu leichtem Optimismus verleitet, waren doch die Geschäftserwartungen im Wirtschaftsbereich Logistik leicht gestiegen. Wie die neuen Werte des Logistik-Indikators vom 1. Quartal 2025 zeigen, war die Hoffnung etwas verfrüht. Fast alle Indikator-Werte sind wieder gesunken, wenn auch nur leicht”, schreibt die Bundesvereinigung Logistik (BVL) zu den jüngst veröffentlichten Zahlen.

Demnach verharrt der Logistik-Indikator auf einem niedrigen Niveau, die Geschäftslage bleibt sowohl bei Verladern als auch bei Logistikdienstleistern angespannt. Während die Geschäftslage bei Logistikdienstleistern mit 85,8 Punkten vergleichsweise besser bewertet wird als die Geschäftserwartungen (80,8) und das Geschäftsklima (83,3), zeigt sich bei Industrie und Handel ein gegensätzliches Bild: Hier wird die aktuelle Lage mit 79,8 Punkten schwächer eingeschätzt, während die Erwartungen (87,1) und das Geschäftsklima (83,4) etwas optimistischer ausfallen.

Ein leichter Aufwärtstrend war im Februar erkennbar, als die Indikatorwerte insgesamt minimal stiegen – mit Ausnahme der Geschäftserwartungen und des Geschäftsklimas bei den Verladern, die weiter nachgaben. Die Unsicherheit im Sektor bleibt hoch, nicht zuletzt aufgrund geopolitischer Entwicklungen wie dem Ukraine-Krieg und US-Zöllen. Eine stabile wirtschaftspolitische Strategie der Bundesregierung mit Investitionen in Infrastruktur, Bürokratieabbau und gesenkten Energiepreisen könnte das Vertrauen und die Investitionsbereitschaft stärken.

Gesamtindikator für die Logistik in Deutschland im 1. Quartal 2025

Maut-Fahrleistung als Konjunkturindikator

Ein weiteres Warnsignal ist die rückläufige LKW-Maut-Fahrleistung, ein wichtiger Frühindikator für die wirtschaftliche Aktivität. Im Januar 2025 sank der LKW-Maut-Fahrleistungsindex im Januar 2025 kalender- und saisonbereinigt um 0,1 Prozent gegenüber dem Vormonat und im Februar 2025 um 2,5 Prozent zum Vormonat und lag mit 2,8 Prozent unter dem Wert des Vorjahresmonats. Diese Entwicklung deutet auf eine schwache Nachfrage nach Transportleistungen hin und spiegelt die wirtschaftliche Unsicherheit wider.

ifo-Institut: Erwartungen verschlechtern sich

Das ifo-Institut bestätigt, dass sich das Geschäftsklima in der Logistikbranche weiter verschlechtert hat. Der Klimaindikator fiel auf 83,2 Punkte. Vor allem die Geschäftserwartungen trüben sich erheblich ein: Viele Unternehmen blicken besorgt auf die kommenden Monate. Während der Lageindikator leichte Verbesserungen zeigt, bleibt die aktuelle Geschäftssituation angespannt.

In Handel und Industrie hat sich die Geschäftslage gegenüber dem Vorquartal weiter verschlechtert. Unternehmen klagen über Auftragsmangel und blicken zunehmend pessimistisch auf das kommende Halbjahr. Dementsprechend fiel der Geschäftsklima-Index auf 83,4 Punkte und liegt damit unter dem Vorjahreswert. Besonders auffällig: Trotz gesunkener Zinsen und gestiegener Kaufkraft bleibt die Nachfrage nach Konsum- und Investitionsgütern verhalten, da die “Unsicherheiten über den
wirtschaftspolitischen Kurs in Deutschland und die geopolitischen Rahmenbedingungen hoch sind”, erklärt ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.

Gleichzeitig profitiert die deutsche Exportwirtschaft nicht von der konjunkturellen Erholung auf ihren Absatzmärkten. Hier macht sich zunehmend der Verlust an Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie bemerkbar. Besonders betroffen sind die Exporte nach China, die preisbereinigt im dritten Jahr in Folge rückläufig waren. China hat sich in den vergangenen Jahren vom Abnehmer deutscher Waren zu einem Konkurrenten gewandelt”, so Wollmershäuser weiter.

Engpässe durch schrumpfende Fuhrparks bedrohen Transportkapazitäten

Zusätzlich zu den schwachen Konjunkturdaten warnt die Europäische Ladungs-Verbund Internationaler Spediteure (ELVIS) AG in ihrem aktuellen Marktreport für das vierte Quartal 2024 vor einem weiteren Problem: dem Rückgang der Fuhrparkgrößen.

Laut ELVIS haben viele Spediteure ihre Flotten um 5 bis 10 Prozent reduziert, da sich die wirtschaftliche Unsicherheit und steigende Kosten negativ auf die Branche auswirken.

Das bevorstehende Frühjahrsgeschäft wird die Transportkapazitäten stark fordern. Zuvor konnten Nachfrageschwankungen durch Reserve-LKW und zusätzliche Fahrer ausgeglichen werden – diese Puffer sind nun jedoch weitgehend abgebaut und kurzfristig nicht wieder verfügbar“, warnt Nikolja Grabowski, Vorstand der ELVIS AG.

Die Transportpreise blieben im Januar 2025 zwar weitgehend stabil, doch die Löhne für LKW-Fahrer sind im dritten Quartal 2024 um 6,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Diese Entwicklung setzt den Kostenanstieg der vergangenen Quartale fort und könnte in Verbindung mit sinkenden Transportkapazitäten zu steigenden Preisen führen.

Unsicherheit über wirtschaftliche Entwicklung bleibt hoch

Die deutsche Wirtschaft steckt fest. Das Bruttoinlandsprodukt lag Ende 2024 nur knapp über dem Durchschnittswert von 2019″, so Wollmershäuser.

Besonders betroffen ist die Industrie, die unter einem zunehmenden Verlust an Wettbewerbsfähigkeit leidet. Ein weiteres Problem sind rückläufige Exporte nach China, während sich der Handelskonflikt mit den USA zuspitzt.

Für eine nachhaltige Erholung der Logistikbranche sind verlässliche wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen essenziell. Das ifo-Institut sieht eine potenzielle Stabilisierung, falls die neue Bundesregierung gezielt in Infrastruktur, Bürokratieabbau und wirtschaftliche Anreize investiert. Dennoch bleiben die Konjunkturaussichten für 2025 gedämpft, da sowohl Verbraucher als auch Unternehmen eine abwartende Haltung einnehmen.

Methodik der Erhebung

Der Logistik-Indikator wird vom ifo Institut im Auftrag der Bundesvereinigung Logistik (BVL) berechnet und basiert auf monatlichen Konjunkturumfragen. Dafür werden über 4.000 Antworten von Logistikanbietern (Güterverkehr, Speditionen) sowie Logistikanwendern (Industrie, Handel) ausgewertet.

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