Nach dem World Investment Report 2023 der Welthandels- und Entwicklungskonferenz UNCTAD belief sich der Zufluss ausländischer Direktinvestitionen in Afrika im Jahr 2022 auf 45 Milliarden US-Dollar.
Spitzenreiter unter den Investoren in Afrika ist Europa. Die Liste der globalen Top-Investoren wird angeführt vom Vereinigten Königreich (60 Milliarden US-Dollar) , Frankreich (54 Milliarden US-Dollar) und den Niederlanden (54 Milliarden US-Dollar). China belegte mit Investitionen von 44 Milliarden US-Dollar den fünften Platz. In die Top 10 schaffte es auch Deutschland mit Investitionen in Höhe von 15 Milliarden US-Dollar.
Das Investitionsklima gilt in Afrika insgesamt als gut, wobei die Bedingungen in den 54 afrikanischen Staaten sehr unterschiedlich sind.
Relativ stabilen Demokratien wie Kenia oder Sambia stehen von Militärputschen betroffene Länder wie Mali oder Niger gegenüber. Während sich einige Märkte dynamisch entwickeln und wie Tansania oder Côte d’Ivoire Wachstumsraten des BIP von über 6 Prozent aufweisen, zieht die lahmende Konjunktur in den großen Volkswirtschaften Südafrika und Nigeria den Gesamtdurchschnitt nach unten, sagt Dr. Marcus Knupp, Senior Manager Africa/Middle East bei Germany Trade & Invest (GTAI).
Investitionen werden insbesondere bei Infrastruktur, erneuerbaren Energien, Bergbau, Landwirtschaft und Transport getätigt.
Auf der Agenda etlicher Regierungen in Afrika steht daher die wirtschaftliche Diversifizierung. Wichtige Ansatzpunkte sind die Verarbeitung lokal vorhandener Rohstoffe aus Bergbau und Landwirtschaft und die bessere eigene Versorgung wachsender Konsumgütermärkte in Afrika. Beides kann zum Beispiel die Nahrungsmittelindustrie leisten.Im Zuge der Dekarbonisierung weltweit und der Verringerung der Abhängigkeit von einzelnen Standorten wird die Aufbereitung von Batterierohstoffen wichtiger. Große Investitionen sind zur Herstellung von grünem Wasserstoff geplant. Dieser kann neben seiner Rolle als Energieträger auch Ansatz zum Aufbau chemischer Industrien sein, sagt Knupp.
Den afrikanischen Kontinent nehmen aber auch immer mehr Autobauer ins Visier. Noch ist der Markt für die Autoindustrie sehr klein. Aber Schätzungen von Mordor Intelligence zufolge wird er von 1,33 Millionen Einheiten im Jahr 2023 auf 1,78 Millionen Einheiten im Jahr 2028 wachsen. Profitieren könnten vor allem Zulieferer.
Neben Südafrika hat sich in den letzten Jahren Marokko als Standort der Automobilindustrie etabliert. In anderen Ländern wie Ghana oder Ruanda geht es bisher nicht über die Montage von Teilesätzen hinaus. Standorte wie Tunesien oder Botsuana konnten aber erfolgreich Zulieferbetriebe ansiedeln, erklärt der Experte.
AfCFTA zeigt geringe Wirkung
Überzeugen kann der afrikanische Kontinent vor allem mit Marktgröße und –wachstum und bietet sich mittelfristig durchaus als Alternative zu anderen beispielsweise asiatischen Standorten an, da die Lohnkosten vergleichsweise gering sind. Leider ist das Niveau der Qualifizierung auch als niedrig anzusehen.
Mittelfristig steht das hohe Bevölkerungswachstum für eine wachsende Nachfrage einerseits und ein großes Potenzial an Arbeitskräften andererseits. Viele europäische, aber auch einige asiatische Märkte sehen sich mit stagnierender Nachfrage und einem zunehmenden Mangel an Arbeitskräften frequentiert, sagt Knupp.
GTAI rät deshalb, sich auf die einzelnen Länder zu fokussieren, da sich deren Marktpotenzial sowie praktische Regelungen wie Zoll- und Einfuhrbestimmungen, Zertifizierungen, Investitionsförderung oder Devisentransfer stark unterscheiden.
Die afrikanische Freihandelszone AfCFTA ist diesbezüglich noch Zukunftsmusik, urteilt Knupp.
Das Freihandelsabkommen wurde am 21. März 2018 unterzeichnet, am 1. Januar 2021 die von allen Staaten mit Ausnahme Eritreas umgesetzt, zeigt aber bisher wenig Wirkung.
Afrikanische Märkte gelten als schwierig, sind für diejenigen Unternehmen, die sich dort etabliert haben, aber durchaus attraktiv. Investoren müssen Zeit, Geduld und Flexibilität mitbringen. Nicht alles funktioniert so wie erwartet. Am Ende findet sich aber meist eine Lösung. Das Geschäft basiert stark auf persönlichen Kontakten vor Ort. Diese müssen gepflegt und ausgebaut werden. Die europäischen Regelungen zur Verringerung des CO2-Ausstoßes und zur Beachtung von Sorgfaltspflichten bezüglich der Lieferketten verlangen gegebenenfalls zusätzliche Voruntersuchungen, betont Knupp.
Hinzu kommt die Tatsache, dass die afrikanischen Länder stark abhängig von wenigen Sektoren und Rohstoffexporten sind, was sie sehr anfällig für externe wirtschaftliche Schocks macht.
Die Entwicklung auf den Weltmärkten beispielsweise für Erdöl oder Kupfer hat daher erhebliche Konsequenzen für die Wirtschaft in Ländern wie Nigeria, Angola, der DR Kongo oder Sambia. Die lokale Wertschöpfung bleibt in der Regel gering. Es entstehen nicht ausreichend Arbeitsplätze für die wachsende Bevölkerung. Gute Information ist daher essenziell, betont Knupp.
Koloniale Muster bestimmen die Infrastruktur
Trotz aller Risikofaktoren und Herausforderungen hat der afrikanische Kontinent Potential zu einem wichtigen Logistikstandort aufzusteigen und eine Brücke zwischen Europa, Nahost und Asien zu bilden.
Aus europäischer Perspektive ist Afrika der Nachbarkontinent. Insbesondere von Nordafrika sind die Transportwege nicht lang. Auch vom westlichen oder südlichen Afrika sind keine Engpässe wie Meerengen oder der Suezkanal zu überwinden, sagt Knupp.
Obwohl weiterhin Lücken in der Infrastruktur bestehen, betont GTAI, dass die Bevölkerung Afrikas jung und offen für Neues ist, so dass der geringere Entwicklungsstand beispielsweise in der Kommunikationstechnik oder der Energieversorgung so zum Vorteil werden, wenn direkt effizientere Lösungen eingeführt werden.
Beispiele sind Zahlungsverfahren per Smartphone oder die lokale Stromversorgung mit Solaranlagen. Das schafft Spielraum zur Umsetzung innovativer Lösungen und Produkte, erklärt Knupp.
Die Verkehrsinfrastruktur -auch zwischen den Staaten des Kontinents- ist weiterhin unzureichend, obwohl sich die Investitionen in die Infrastruktur in den vergangenen zwei Jahrzehnten deutlich verstärkt haben. Transportkorridore sind weiterhin von kolonialen Mustern geprägt, so dass die Lage von Häfen, Eisenbahnstrecken und Fernstraßen oft noch auf den Export von Rohstoffen ausgerichtet ist und nur bestimmten Routen folgt.
Rund um den Kontinent entstehen moderne Häfen. Neue Eisenbahnstrecken, Straßen und Flughäfen machen Transporte einfacher, günstiger und planbarer. Noch bestehen aber zahlreiche Lücken im Verkehrsnetz sowie in der Energie- und Wasserversorgung.Positiven Beispielen mit spürbaren Verbesserungen wie Marokko, Senegal oder Tansania stehen Länder wie Südafrika gegenüber, dessen Infrastruktur sich mangels Investitionen in den letzten Jahren eher verschlechtert hat. Eisenbahnstrecken sind außer Betrieb, der Güterverkehr weicht in großem Umfang auf die Straßen aus, deren Zustand sich in der Folge verschlechtert. Generell kann man feststellen: Verbesserungen sind an vielen Stellen spürbar, es bleibt aber noch viel zu tun, sagt Knupp abschließend.