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Schwierige Zeiten für Online-Händler: Geschäfte laufen nicht wie erwartet

Noch lange nach der Pandemie hat der von den Corona-Maßnahmen beflügelte Boom im E-Commerce angehalten, doch nun scheint er endgültig vorbei zu sein. Immer mehr Online-Händler geben zu, dass die Geschäfte schlechter laufen als erwartet.

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Nach mehreren Jahren verliert auch der Online-Handel an Boden. Laut neuesten Einschätzungen des bevh ist der Brutto-Umsatz mit Waren im Gesamtjahr 2023 zweistellig um 11,8 Prozent auf 79,7 Mrd. Euro, nach 90,4 Mrd. Euro im Jahr davor gefallen. Der Anteil des E-Commerce mit Waren am gesamten Einzelhandel im engeren Sinn (inkl. Lebensmittel, aber ohne Apotheken-Umsätze) ging von 11,8 Prozent auf 10,2 Prozent zurück.

Damit markierte der Branchenumsatz erstmals seit dem Jahr 2020 einen Wert unter 100 Milliarden Euro. Unter Beachtung von Umsätzen, die per Telefon, Fax oder anderen Bestellmedien erzielt wurden, lag der Gesamtumsatz 2023 bei 93,6 Milliarden Euro.

Wir erwarten, dass die Talsohle im deutschen E-Commerce im Laufe des Jahres erreicht wird. Das vierte Quartal 2023 war mit einem Rückgang von 7,1 Prozent das erste Quartal mit einem nur einstelligen Minus seit Frühsommer 2022 und weist für die Zukunft auf eine Stabilisierung der Umsätze hin. Im vergangenen Jahr wirkte sich aus, dass der Onlinehandel in Warengruppen wie Bekleidung und Unterhaltungsartikel stark ist, in denen die deutschen Konsumenten besonders gespart haben.Er ist aber weiterhin in allen Altersgruppen verankert, erfreut sich ungebrochen hervorragender Kundenbeurteilungen und bleibt seiner Rolle als Innovator treu, kommentiert Gero Furchheim, Präsident des bevh und Sprecher des Vorstands der Cairo AG.

Starke Umsatzrückgänge in allen Bereichen

Bei D2C-Vertrieben waren die Umsätze im Vergleich zum Vorjahr um 11,1 Prozent rückläufig. Marktplätze und Online-Händler verzeichneten ein Minus von je 8,5 Prozent und 14,7 Prozent. Am deutlichsten fielen die Umsatzrückgänge im Multichannel-Handel aus mit -18,1 Prozent, was jedoch darauf zurückzuführen ist, dass Kunden wieder vermehrt stationäre Anlaufstellen nutzten.


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Günstige ausländische Anbieter könnten profitieren

Infolge der Wirtschaftskrise hat sich auch das Konsumverhalten verändert.Immer mehr Kunden sind bereit, günstigere, aber gut erhaltene Gebrauchtwaren, sogenannte „preloved goods“, zu kaufen. Wie die Umfrage des bevh ergab, gaben unter den 19-bis-29-Jährigen 8,4 Prozent der Befragten an, „häufiger“ und 31,9 Prozent „gelegentlich“ gebrauchte Waren im Internet zu bestellen. Unter den 30-bis-39-Jährigen lag die Quote bei 11,7 Prozent bzw. 40,1 Prozent.

Immer mehr bemerkbar macht sich auch die Tendenz bei Konsumenten, bei ausländischen Online-Shops einzukaufen, sofern die Preise niedriger sind. Diesem stimmten 22,1 Prozent „voll und ganz“ zu. Im Jahr 2022 lag dieser Anteil noch nur bei 16,8 Prozent. Insgesamt würden aktuell 61,0 Prozent der Kunden „eher“ oder „voll und ganz“ einen ausländischen Anbieter wählen, wenn der Einkauf dort günstiger ist.

Tatsächlich erfreuen sich vor allem chinesische Anbieter in Deutschland immer größerer Beliebtheit. Aktuell ist beispielsweise Temu absoluter Platzhirsch unter den kostenlosen Apps in Deutschland. In einem Interview mit dem SWR sieht Prof. Dr. Richard C. Geibel, Geschäftsführer des E-Commerce Institut Köln jedoch die Gefahr, dass chinesische Anbieter wie Temu oder Shein den Markt mit Billigprodukten überschwemmen könnten.

2024 mit Lichtblicken

Der bevh und das EHI Retail Institute gehen in ihrer gemeinsamen Prognose davon aus, dass sich die Perspektiven für den E-Commerce im Laufe des Jahres 2024 bessern werden und schätzen für das Gesamtjahr ein nominales Umsatzwachstum im Gesamtmarkt von 2,0 Prozent.

Für viele Händler wird es in nächster Zeit darum gehen, diese schwierige Zeit nicht nur zu überdauern, sondern auch Grundlagen für neues Wachstum zu schaffen, betont der bevh.

Unternehmen, die jetzt ihre Prozesse verschlanken, Kosten optimieren und sich noch stärker auf die Kundenbedürfnisse fokussieren, haben gerade jetzt die Chance, stärker aus der Krise zu kommen und über dem Gesamttrend in Handel zu wachsen, so Lars Hofacker, Leiter Forschungsbereich E-Commerce beim EHI Retail Institute.

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