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Umsetzung von EU-Richtlinien in deutsches Recht beschlossen. Auswirkungen und nächste Schritte

Das Bundeskabinett hat Umsetzungsgesetze für die europäische Nachhaltigkeitsrichtlinie (CSRD) und die europäische Richtlinie für Netzsicherheit (NIS-2) sowie eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (GüKG) beschlossen, die Transport- und Logistikunternehmen betreffen. Welche Auswirkungen dies für die Branche hat und wie es jetzt weitergeht.

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Am 24. Juli 2024 hat das Bundeskabinett etwa vier Monate nach Veröffentlichung des Referentenentwurfs​ nun den Regierungsentwurf zur Umsetzung der Corporate Sus­tai­nability Reporting Directive (CSRD) sowie der europäischen Netzwerksicherheitsrichtlinie (NIS-2) in deutsches Recht ohne weitere Aus­​sprache beschlossen, deren Umsetzunspflicht bereits abgelaufen bzw. in Kürze ablaufen wird. Auch eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (GüKG) wurde im direkten Verfahren an das Parlament überwiesen, das eigentlich vor mehr als zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden sollte.

EU-Richtlinie CSDR führt Nachhaltigkeitspflichten ein

Die EU hat 2022 mit der Corporate ‎Sustainability Reporting Directive (CSRD) weitreichende Änderungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen beschlossen. Die neue Berichtspflicht, die eigentlich bis zum 6. Juli 2024 in nationales Recht hätte überführt werden sollen, verpflichtet – zeitlich gestaffelt – eine Vielzahl von deutschen Unternehmen erstmals zur Veröffentlichung eines Nachhaltigkeitsberichts.

Die lang erwartete Einigung der Bundesregierung ist ein positives Signal”, kommentierte Tanja Gönner, Hauptgeschäftsführerin vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) den Beschluss des Bundeskabinetts.

Zukünftig müssen weitaus mehr Unternehmen als bislang im Lagebericht über Nachhaltigkeit berichten, nach Schätzungen des Bundesjustizministeriums werden rund 13.000 deutsche Unternehmen von den erweiterten Meldepflichten betroffen sein, die zeitlich gestaffelt. So gilt die Berichtspflicht nicht mehr nur für kapitalmarktorientierte Unternehmen, sondern für alle großen Unternehmen, die zwei der drei folgenden Größenkriterien erfüllen:

  1. Bilanzsumme von mindestens 25 Millionen Euro,
  2. Nettoumsatzerlöse von mindestens 50 Millionen Euro,
  3. mindestens 250 Beschäftigte.

Zusätzlich werden ab 2027 kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ab zehn Mitarbeitern zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet, sofern eine Kapitalmarktorientierung vorliegt und ab 2029 alle Nicht-EU-Unternehmen mit EU-Niederlassungen oder EU Tochterunternehmen und mehr als 150 Millionen Euro Nettoumsatzerlöse in der EU.

Die Ausweitung der Nachhaltigkeitsberichterstattung stellt die Unternehmen vor große Herausforderungen, daher müsse das Gesetz zeitnah im Bundestag verabschiedet werden, um den Unternehmen möglichst bald Rechts- und Planungssicherheit zu gewährleisten. “An einigen Stellen muss die Politik jetzt schnell vereinfachen”, heißt es weiter.

So sollte das elektronische Berichtsformat erst für die Offenlegung von Lageberichten verpflichtend sein. Auch die im Kabinettsbeschluss vorgesehene Beschränkung der Prüfpflicht ausschließlich auf Wirtschaftsprüfer ist eine vertane Chance. Durch eine Wahl zwischen Wirtschaftsprüfern und unabhängigen Dritten ließen sich Kapazitätsengpässe und hohe Kosten bei der externen Prüfung vermeiden. Es ist sinnvoll, dass auf doppelte Berichtspflichten für die Unternehmen mit Blick auf das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LksG) verzichtet werden soll“ , so Gönner.

Was bringt die neue IT-Sicherheitsrichtlinie der EU ?

Die NIS-2 Richtlinie zielt darauf ab, kritische Infrastrukturen innerhalb der EU durch ein einheitliches Schutzniveau vor Cyberbedrohungen zu schützen und muss laut EU bis zum 17. Oktober in nationales Recht umgesetzt werden.

Die NIS-2-Richtlinie weitet die Zahl der betroffenen Unternehmen aus und stellt u.a. auf die Größe des Unternehmens ab. So wird künftig zwischen „Besonders wichtigen Einrichtungen“ und „Wichtigen Einrichtungen“ unterschieden. Der Sektor Transport und Verkehr gehört zu den „Besonders wichtigen Einrichtungen“ und Verarbeitendes Gewerbe/Herstellung von Waren sowie Anbieter von Post- und Kurierdiensten zu „Wichtigen Einrichtungen“.

Eine besonders wichtige Einrichtung liegt vor, wenn das Unternehmen:

  • mindestens 250 Mitarbeitende beschäftigt oder
  • einen Jahresumsatz von über 50 Millionen Euro und eine Jahresbilanzsumme von über 43 Millionen Euro aufweist.
  • Sonderfälle: qualifizierter Vertrauensanbieter, Top Level Domain Name Registries, DNS, TK-Anbieter, kritische Anlagen, öffentliche Verwaltung

Eine wichtige Einrichtung liegt vor, wenn das Unternehmen: 

  • zwischen 50 und 249 Mitarbeitende beschäftigt oder
  • einen Jahresumsatz von über 10 Millionen Euro und eine Jahresbilanzsumme von über 10 Millionen Euro aufweist.
  • Sonderfall: Vertrauensdienste

“Neben der Ausweitung der betroffenen Einrichtungen führt die NIS-2-Richtlinie auch zu höheren Anforderungen an die Unternehmen. Dazu gehören mehr Schutzmaßnahmen, die unter anderem Risikoanalysen, Sicherheit in der Lieferkette oder Multi-Faktor-Authentifizierung umfassen. Hinzu kommen verschärfte Meldepflichten und eine intensivere Überwachung, voraussichtlich durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Auch eine Schulungspflicht für das Management ist vorgesehen”, schreibt die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft dhpg.

Bei Nicht-Einhaltung der NIS2-Vorgaben können Bußgelder in Höhe von bis zu 10 Millionen Euro bzw. 2 Prozent des Vorjahresumsatzes (weltweit) verhängt werden, je nachdem, welcher Betrag höher ist. In besonders schweren Fällen können sogar bis zu 20 Millionen Euro oder 4 Prozent des Vorjahresumsatzes weltweit anfallen, je nachdem, welcher Betrag höher ausfällt. Zudem können Behörden weitere Sanktionen erlassen, beispielsweise Zwangsgelder.

Europäische Risikoeinstufung, Bürokratieabbau und Gemeinschaftslizenz für fairen Wettbewerb

Mit dem Gesetz werden die Normen des Güterkraftverkehrsgesetzes (GüKG) an die geänderten unionsrechtlichen Vorschriften zum Berufs- und Marktzugang, sowie die Normen des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) allein hinsichtlich des Berufszugangs angepasst.

Insbesondere erfolgen Anpassungen an das im Rahmen des so genannten Mobilitätspakets I geänderte Unionsrecht (Verordnung (EU) 2020/1055) Dieses hat die das Güterkraftverkehrs- und Personenbeförderungsrecht prägende Verordnung zum Berufszugang (Verordnung (EG) Nr. 1071/2009), sowie die zum Marktzugang des Güterkraftverkehrsrechts bezogene Verordnung (EG) Nr. 1072/20093) geändert.

Erforderlich wurden umfassende Änderungen für die Risikoeinstufung von Güterkraftverkehrsunternehmen. Dezentrale Länderlösungen werden zugunsten eines auf der unionsrechtlich harmonisierten Berechnungsformel basierenden zentralen Risikoeinstufungssystems abgelöst.

Hierzu wird die Verkehrsunternehmensdatei nutzbar gemacht und die rechtlichen Vorgaben für die Verkehrsunternehmensdatei hinsichtlich der zu speichernden Daten und des Zugriffs der Akteure geändert. Die Änderungen werden durch Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen mit dem Ziel der Vereinheitlichung der Ahndung von Verstößen gegen güterkraftverkehrsrechtliche Vorschriften flankiert.

Zudem werden notwendige Anpassungen im nationalen Recht an die durch die Richtlinie (EU) 2022/7384) geänderte Richtlinie 2006/1/EG5) über die Verwendung von ohne Fahrer gemieteten Fahrzeugen im Güterkraftverkehr vorgenommen. Für den Fortbestand der nationalen Erlaubnis nach § 3 GüKG alte Fassung besteht aufgrund der Möglichkeit zur Nutzung der unionsrechtlich harmonisierten Gemeinschaftslizenz auch für rein nationale Beförderungen, die unter den gleichen Voraussetzungen wie zum Berufszugang erteilt wird, kein Bedarf. Neue Erlaubnisse sollen nicht ausgestellt werden, noch in Verkehr befindliche Erlaubnisse nach Ablauf einer Übergangsfrist auslaufen.

Das Gesetz vollzieht die oben genannten Änderungen im Unionsrecht durch entsprechende Anpassungen im GüKG und im PBefG. Durch die bürokratieabbauende Abschaffung der nationalen Erlaubnis ergeben sich zahlreiche redaktionelle Änderungen.

Mit der Anpassung von Ermächtigungsgrundlagen wird die Grundlage für weitere erforderliche Änderungen an der Verordnung zur Durchführung der Verkehrsunternehmensdatei nach dem Güterkraftverkehrsgesetz (VUDat-DV) sowie der Verordnung über den grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr und den Kabotageverkehr (GükGrKabotageV) entsprechend den Erfordernissen des geänderten Unionsrechts geschaffen.

Die Gesetzesänderung verbessert die Wettbewerbsbedingungen im Güterkraftverkehr. Das soll durch verbesserte Kontrollmöglichkeiten von Verstößen und durch Entbürokratisierung erreicht werden, heißt es im Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes und anderer Gesetze.

Nach der Sommerpause wird der Bundestag über die drei Regelungen debattieren. Die nächste Sitzung ist für den 9. September geplant.

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