Wie das Bundesverkehrsministerium mitteilte, haben sich Aufsichtsrat und Vorstand der Deutschen Bahn AG gemeinsam mit Minister Patrick Schnieder auf ein vorzeitiges Ende des noch bis 2027 laufenden Vertrags von Lutz verständigt. Der seit 2017 amtierende Bahnchef werde seine Aufgaben fortführen, bis die Nachfolge geregelt ist.
Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder erklärte:
„Ich danke Herrn Dr. Lutz für sein großes Engagement in schwierigen Zeiten bei der Bahn. Ich bin mir sicher, dass er auch in den verbleibenden Wochen alles für die Schiene geben wird.“
Auch der Aufsichtsratsvorsitzende Werner Gatzer würdigte Lutz’ Arbeit:
„Dr. Richard Lutz hat die Bahn über viele Jahre geführt und ihr viele Impulse gegeben. Dafür gebührt ihm großer Dank. Wir werden jetzt einen Auswahlprozess für einen neuen Vorstandsvorsitzenden starten und dann die entsprechenden Beschlüsse für den Aufsichtsrat vorbereiten.“
Bahnstrategie soll im September vorgestellt werden
Schnieder kündigte an, dass er am 22. September seine „Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene“ präsentieren wird. In Berlin sagte er:
„Ich habe immer gesagt: erst die Strategie, dann das Personal. Unser Konzept steht in den Grundzügen, jetzt gilt es, die passende Person zu finden, die es umsetzt. Auch für diesen Auswahlprozess gilt: Gründlichkeit und Sorgfalt vor Schnelligkeit.“
Die Reformagenda soll Eckpunkte zur Struktur der Bahn und zu Verbesserungen bei Qualität, Pünktlichkeit und Effizienz enthalten.
Herausforderungen für den künftigen Bahnchef
Der neue Vorstandsvorsitzende übernimmt ein Unternehmen mit erheblichen Problemen:
- Pünktlichkeit und Infrastruktur: Zwei Drittel der Fernzüge erreichen ihre Halte nicht planmäßig. Die Bahn führt marode und überlastete Strecken als Ursache an. Bis 2036 sollen rund 40 Strecken generalsaniert werden – mit langen Vollsperrungen.
- Finanzierung: Jahrzehntelange Vernachlässigung führte zu einem Investitionsstau im zweistelligen Milliardenbereich. Zwar fließen inzwischen mehr Mittel, doch laut Lutz reichen sie nicht aus, um Projekte wie den „Deutschlandtakt“ umzusetzen.
- DB Cargo: Die EU verlangt bis 2026 schwarze Zahlen. Der Einzelwagenverkehr bleibt defizitär, ist aber für zentrale Branchen und Klimaziele unverzichtbar.
- Tarifverhandlungen: Ende 2025 läuft der Vertrag mit der GDL aus. Ein neuer Arbeitskampf kurz nach dem Führungswechsel könnte die Lage zusätzlich belasten.
Reaktionen aus Politik und Verbänden
Die Nachricht vom bevorstehenden Wechsel an der Bahnspitze löste ein breites Echo aus.
- Peter Westenberger, Geschäftsführer des Verbands Die Güterbahnen, sieht eine „große Chance für einen Kurswechsel“. Er kritisiert, dass Lutz intern nie konsequent auf eine Rückbesinnung auf die Eisenbahn in Deutschland gesetzt habe.
- Paula Piechotta (Grüne) warnte: „Ein Trainerwechsel bringt nicht zwingend den Erfolg.“ Die Krise der Bahn sei auch Folge politischer Vernachlässigung durch frühere Bundesregierungen.
- Luigi Pantisano (Die Linke) nannte den Schritt „neoliberalen Irrsinn“ und forderte eine „Bürgerbahn“, die massiv in Kapazitäten und Infrastruktur investiere.
- Armand Zorn (SPD) sieht in dem Wechsel hingegen „eine Chance, die Trendwende mit frischen Ideen und neuer Energie voranzutreiben“.
Reaktion des DSLV
Der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik äußerte sich in einer eigenen Mitteilung zur Abberufung von Richard Lutz. Hauptgeschäftsführer Frank Huster erklärte:
„Die mit einem Führungswechsel verbundenen Chancen für eine strukturelle Reform des DB-Konzerns müssen eng verknüpft werden mit einer klaren politischen Linie zur zukünftigen Ausrichtung des Staatsbetriebs. Dabei kann es nicht nur um saubere Bahnhöfe, verspätete ICEs und eine mobile Grundversorgung für Reisende gehen. Bei seiner für September angekündigten ‚Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene‘ darf Bundesverkehrsminister Schnieder den Gütertransport und die Logistikperspektive nicht vernachlässigen. Speditionen sind ebenfalls Kunden der Schiene und auf stabile operative Abläufe und eine leistungsfähige Infrastruktur angewiesen.“