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Stefan Borggreve, Chief Digital Officer bei 5. 22.09 Hellmann Worldwide Logistics SE & Co. KG

Kurzinterview: “Ein Unternehmen wie unseres zu digitalisieren, ist ein fortwährender Prozess, der am Ende nie aufhören wird”

In unserer Kurzinterview-Reihe präsentieren wir, wie Unternehmen aus der Transportbranche die Digitalisierung meistern. Die Interviews finden Sie immer mittwochs auf unserem Portal. Als Letzter gibt heute Stefan Borggreve von Hellmann Worldwide Logistics einen Einblick in die Digitalisierungsstrategie des Unternehmens.

Lesezeit 5 Min.

Natalia Jakubowska, Trans.INFO: Wo haben Sie mit der Digitalisierung im Unternehmen angefangen? Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?

Stefan Borggreve, CDO bei Hellmann Worldwide Logistics: Im Jahr 2019 haben wir ein firmenweites Programm gestartet, um den digitalen Wandel bei Hellmann Worldwide Logistics gemeinsam global und ganzheitlich voranzutreiben. Seitdem findet Digitalisierung in allen Unternehmensbereichen statt: Angefangen bei digitalen Arbeitsplätzen, über die Weiterentwicklung unserer Prozesse in unseren 263 Niederlassungen, der digitalen Kundenerfahrungen bis hin zum Neudenken von digitalen Geschäftsmodellen. Wir sind davon überzeugt, dass die Digitalisierung für uns als Full-Servicedienstleister im weiten Feld der Logistik DIE zentrale Säule ist, um nachhaltig am Markt agieren zu können und unsere Kunden erfolgreich zu bedienen. Ziel ist es, eine erstklassige Kundenerfahrung zu bieten auf Basis von wettbewerbsfähigen Preisen.

Was waren die größten Herausforderungen?

Ein Unternehmen wie unseres zu digitalisieren, ist ein fortwährender Prozess, der am Ende nie aufhören wird. Dabei geht es in unserem Business neben den technischen Anpassungen vor allem auch darum, dass alle beteiligten Personen lang eingespielte und durchaus bewährte Arbeitsweisen zum Teil ganz über Bord werfen und mit einem „Digital First-Mindset“ unsere Prozesse neu denken, sodass man gemeinsam „in neue Arbeitsweisen eintaucht“. Daher ist es unserer Erfahrung nach sehr wichtig, die Mitarbeiter*innen von Anfang an eng einzubinden und den nötigen Kulturwandel im Unternehmen als gemeinsamen Prozess zu gestalten. Dabei sind sowohl ein offener Dialog als auch ein abteilungsübergreifender Austausch sowie eine offene Fehlerkultur und die Schaffung von Leuchtturmprojekten maßgebend für eine erfolgsversprechende Innovationsentwicklung.

Sind erste Effekte auf den Geschäftsbetrieb bereits sichtbar?

Definitiv! Dank der kurz vor Ausbruch der Pandemie erfolgten Umstellung auf das Digital Office war es unseren weltweit rund 9.000 kaufmännischen Kollegen möglich, quasi von heute auf morgen ins Home Office zu wechseln. Seither ist eine zentrale Erkenntnis, dass virtuelle Zusammenarbeit global und abteilungsübergreifend sehr gut funktioniert und nicht nur effizient, sondern auch kosten- und CO2-sparend ist. Zudem sehen wir einen starken Zuwachs in der Nutzung unserer digitalen Kundenprodukte. Insbesondere die Transparenz in den Lieferketten ist momentan ein absoluter Knackpunkt, der durch Herausforderungen wie die Corona-Pandemie oder die Blockade des Suez-Kanals zusätzlich an Bedeutung gewonnen hat. Hier haben wir durch unsere neuen Lösungen, die ganz eng mit unseren Kunden zusammen entwickelt wurden, einen erheblichen Zuspruch.

Wie stehen Ihre Kunden Digitalisierung gegenüber?

Absolut positiv. Wir sind als Anbieter von Transportleistungen immer mittendrin. Egal ob Automotive, Fashion oder Healthcare – es ist enorm wichtig, dass wir unsere Dienstleistungen insbesondere mit Bezug auf digitale Produkte vom Kunden her denken. Dabei gibt es unserer Erfahrung nach sehr viele Kunden, die große Lust haben, mit uns zusammen auf die digitale Reise zu gehen, die übergreifenden Prozesse neu zu denken und anschließend zu prototypen. Hier ist eine agile Haltung und Arbeitsweise enorm wichtig, damit man sehr schnell Feedbackschleifen einbaut, um die Bedürfnisse des Kunden voll zu treffen.

Wie sehen die nächsten Schritte Ihrer Digitalisierungsstrategie aus?

Im zweiten Halbjahr 2021 gehen zwei unserer großen Transformationsprojekte erstmalig in den Pilotländern live. Hier geht es um die Einführung komplett neuer Arbeitsweisen auf Basis eines modernen Transportmanagementsystems in unseren Kernprodukten der Luft- und Seefracht sowie im Landverkehr. Es wird hochspannend zu sehen, wie diese neuen Arbeitsweisen den digitalen Wandel in unseren Niederlassungen vorantreiben. Weiterhin haben wir viele zukunftsweisende digitale Kundenservices in der Pipeline, die Schritt für Schritt live gehen – von der digitalen Angebotsabfrage und Buchung über Verbesserungen der Transparenz in der Supply Chain bis hin zu verbesserten digitalen Kundenservices.

Darüber hinaus arbeiten wir stetig an unserer Organisationsentwicklung hinsichtlich der Agilität sowie einer „Digital First DNA“. Natürlich ist es extrem wichtig, immer wieder digitale Services herauszubringen, die Kundenbedarfe zu befriedigen, um im Markt relevant zu bleiben. Dies kann nur nachhaltig gelingen, wenn wir auch intern die richtige Haltung etablieren und die digitalen Fähigkeiten in unserer Organisation stetig weiterentwickeln.

Macht der Staat Ihrer Meinung nach genug was den digitalen Wandel betrifft?

Der Staat unterstützt den digitalen Wandel bereits in vielerlei Hinsicht, jedoch gibt es meiner Meinung nach in dem ein oder anderen Bereich noch möglichen Spielraum nach oben: Dabei geht es beispielsweise um den Ausbau der Förderung von ganzen Ökosystemen, die gleichermaßen eine Infrastruktur bieten, aber auch Wissenstransfer und Netzwerke (wie z.B. Inkubatoren oder digitale Cluster) integrieren und abrufbar machen. So können sich insbesondere mittelständische Familienunternehmen mit Blick auf die Digitalisierung kontinuierlich weiterentwickeln und mit Partner*innen aus der Gründerszene innovative Projekte effizient realisieren. Gleichzeitig könnte auch die Integration von digitalen Lerninhalten in den Schulunterricht noch stärker vorangetrieben werden, da die Digitalisierung zukünftig eine essentielle Rolle sowohl in der Wissenschaft als auch in der Wirtschaft spielen wird.

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