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Gültigkeit der „mobilen Briefmarke“ darf nicht auf 14 Tage begrenzt sein

Der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat im Streit um die Wirksamkeit einer Vertragsbestimmung, wonach die „Mobile Briefmarke“ mit Ablauf einer 14-tägigen Frist nach Kaufdatum ihre Gültigkeit verliert, u.a. entschieden, dass die entsprechende Befristung Käufer unangemessen benachteiligt und insoweit unwirksam ist.

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19.06.2023

Geklagt hat der Dachverband der 16 Verbraucherzentralen der Länder und 28 weiterer verbraucherpolitischer Verbände in Deutschland. Die Beklagte bietet Beförderungsleistungen für Briefe und Pakete an. Für Briefe und Postkarten offeriert sie Verbrauchern als Nachweis für die Zahlung des Beförderungsentgelts eine sogenannte Mobile Briefmarke, auch „Portocode“ genannt. Kauf und Zahlung dieser mobilen Briefmarke erfolgen durch die Verbraucher über eine Smartphone-App. Nach der Bestellung und Bezahlung wird diesen in der App der achtstellige Porto-Code zur Frankierung angezeigt, damit sie ihn handschriftlich auf der Briefsendung oder der Postkarte anbringen können. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (nachfolgend: AGB) für den Onlinehandel der Beklagten heißt es, die Mobile Briefmarke sei lediglich als ad-hoc Frankierung zum sofortigen Gebrauch gedacht. Weiterhin ist darin Folgendes niedergelegt: „Erworbene Mobile Briefmarken verlieren daher mit Ablauf einer 14-tägigen Frist nach Kaufdatum ihre Gültigkeit. Das maßgebliche Kaufdatum ist in der Auftragsbestätigung genannt. Eine Erstattung des Portos nach Ablauf der Gültigkeit ist ausgeschlossen.“ Auf die Gültigkeitsdauer weist die Beklagte die Verbraucher bereits vor dem Erwerb der mobilen Briefmarke hin.

Das Landgericht Köln hat jetzt der Klage mit Urteil vom 20. Oktober 2022 (Az. 33 O 258/21) vollumfänglich stattgegeben. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hin hat der 3. Zivilsenat die Entscheidung mit Urteil vom 13. Juni 2023 – Az. 3 U 148/22 – bestätigt und insoweit ausgeführt,das Landgericht habe die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche (u.a. nach § 1 UKlaG, s.u.) zu Recht bejaht. Die angegriffene AGB benachteilige den Verbraucher unangemessen.

Zu den wesentlichen Grundgedanken der für schuldrechtliche gegenseitige Verträge geltenden Regeln des bürgerlichen Rechts gehöre das Prinzip der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung. Im Falle einer temporalen Verfallfrist – wie hier – werde in das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung eingegriffen, weil der Verwendungsgegner zwar den Preis für die Leistung bezahlt habe, ihm die Gegenleistung aber nur befristet zustehen solle und zeitlich über die Verjährungsregelungen hinaus beschränkt werde. Solche Verfallklauseln seien daher an der Vorschrift des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu messen, wobei der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB eine Leitbildfunktion zukomme. Zwar sei nicht jede zeitliche Begrenzung der Gültigkeitsdauer als nicht hinnehmbare Verletzung des Äquivalenzprinzips und unangemessene Benachteiligung des Kunden anzusehen. Durch die Abkürzung der regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig Jahren (vgl. § 195 BGB a.F.) auf drei Jahre (vgl. § 195 BGB) habe der Gesetzgeber allerdings bereits den Interessen der Schuldner Rechnung getragen; damit hätten sich die Anforderungen an die Rechtfertigung von AGB, die eine Oberlandesgerichts Köln kürzere als die gesetzliche Verjährungsfrist zur Anspruchsdurchsetzung statuieren, erhöht. Vorliegend habe das Landgericht (auch) zutreffend in den Blick genommen, dass es sich um eine erhebliche zeitliche Beschränkung des Erfüllungsanspruchs handele. Denn durch die Beschränkung der Gültigkeit auf 14 Tage werde der Erfüllungsanspruch auf etwa 1% der gesetzlich vorgesehenen Verjährungsfrist verkürzt. Höherrangige oder zumindest gleichwertige Interessen der Beklagten, die der Bewertung entgegenstünden, seien hier nicht ersichtlich. Zwar halte der Senat es für ein nachvollziehbares Interesse, den Code auf eine praktikable und einfach zu handhabende Länge zu beschränken. Es bestehe aber, wozu
näher ausgeführt ist, keine Notwendigkeit, die Gültigkeit der Codes auf 14 Tage zu begrenzen.

Das Landgericht sei zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die in Rede stehenden Regelungen als AGB unwirksam seien. Sie seien, wozu näher ausgeführt wird, nicht von einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB ausgenommen. Bei dem Erwerb der „mobilen Briefmarke“ handele es sich im Übrigen um einen Kaufvertrag und nicht, wie von der Beklagten angenommen, bereits um einen konkreten Frachtvertrag, so dass sich die Verjährungsfrist nach § 195 BGB (s.u.) bestimme und drei Jahre betrage.

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