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Interview:” Wir sind eine Brücke zwischen dem kleinen Frachtführer, der nicht in Digitalisierung investieren kann und einem großen Verlader der immer höhere Anforderungen an Frachtführer hat.”

Lesezeit 10 Min.

Als kleines Unternehmen will man mit InstaFreight zusammenarbeiten, um von dem Thema Digitalisierung zu profitieren,sagt Maximilian Schäfer, Co-Founder und Geschäftsführer des Start-ups InstaFreight.

Natalia Jakubowska, Trans.INFO: Laut dem Bundesverband deutscher Start-ups bekommen neun von zehn Start-ups die negativen Folgen der Corona-Krise zu spüren. Wie schwer ist InstaFreight betroffen?

Maximilian Schäfer, Co-Founder und Geschäftsführer,InstaFreight: Unser Kundenmix ist sehr breit und wir sehen, wie Unternehmen unterschiedlich von der Corona-Krise betroffen sind. Während einige ihre Produktion stoppen mussten, erfahren andere zur Zeit eine hohe Nachfrage nach ihren Produkten. Wir haben einen großen Vorteil davon gehabt, dass zu unseren Kunden viele E-Commerce und FMCG Unternehmen zählen. Dadurch waren wir von den vielen Hamsterkäufen positiv betroffen. So konnten wir im März gegenüber Februar ordentlich wachsen. Im April wird das Wachstum nicht mehr so steil sein, aber insgesamt stabil bleiben. Unsere Kunden haben besonders während der Corona Krise schätzen gelernt, dass wir sehr flexibel auf veränderte Kundenanforderungen reagieren können.

Also Liquiditätsprobleme haben Sie keine ?

Nein. Wir haben unser Finanzierungsrunde mit Shell erst Ende letzten Jahres abgeschlossen, sodass wir für die nächsten zwei bis drei Jahre gut finanziert sind. Mit dem eingesammelten Kapital können sogar profitabel werden wenn wir das jetzt wollen. Ohne die Corona-Krise wären wir natürlich deutlich schneller gewachsen – viele Unternehmen haben da aber gerade ganz andere Probleme.

Als der Lockdown verkündet wurde, wie haben Sie reagiert? Wurden irgendwelche Maßnahmen im Rahmen des Krisenmanagements eingeleitet?

Wir haben die Mitarbeiter schon über eine Woche vor dem Lockdown ins Home Office geschickt. Wir hatten das Arbeiten von Zuhause aus bereits im Vorfeld mit einigen Teams geübt. Da unsere Systeme und Prozesse sehr gut im Home Office funktionieren haben wir dann auch sehr schnell alle von zu Hause aus arbeiten lassen.

Trans.INFO hat Anfang April eine Umfrage unter deutschen Unternehmen aus der Transportbranche zu den Auswirkungen der Corona-Krise durchgeführt. Diese hat ergeben, dass ein Rückgang der Transportaufträge und sinkende Frachtraten das Problem sind. Wie beurteilen Sie die Lage? Bekommen Sie irgendwelche Signale seitens Ihrer Kunden?

Ich kenne eine Zahl, dass der Markt für dieses Jahr zwischen fünf bis zwanzig Prozent einbrechen wird. Unter unseren Kunden sind die Volumenveränderungen stark von der Branche abhängig. Wir sehen aktuell, dass beispielsweise E-Commerce von der Krise profitiert. Einige unserer Automotive Kunden haben dafür nahezu alle Transporte eingestellt. Ich denke es ist schwer eine generalistische Aussage zu machen. In Bezug auf Preise sehen wir aktuell, dass die Preisbereitschaft von Kunden insbesondere für Spot Transporte gesunken ist. Viele unserer Verträge sind jedoch Rahmenverträge mit festen Preisen die wir auch zum größten Teil fest an Frachtführer vergeben haben.

Haben Sie Kunden aufgrund der Krise verloren?

Nein. Tender, die wir vor dem Ausbruch von COVID-19 gewonnen haben, starten nun teilweise zu einem späteren Zeitpunkt als ursprünglich geplant. Verloren haben wir aber keine Kunden.

Hellmann Logistics und Thyssenkrupp haben von ihren Partnern jüngst einen Abschlag von der Nettofracht verlangt, wie würden Sie das kommentieren?

Eine faire Bezahlung unserer Fuhrunternehmer ist gerade jetzt besonders wichtig. Viele unserer kleinen Partner geraten gerade in Liquiditätsprobleme. Wir haben darum im April beispielsweise unsere Zahlungsziele für einige unserer Partner verkürzt um sie zu unterstützen.

Verschafft Ihnen die Tatsache, dass Sie eine digitale Spedition sind, einen Vorteil in der Krise?

Ja, absolut.Für uns war der Umstieg ins Home Office überhaupt kein Problem. Unser komplettes System ist cloudbasiert und somit können wir von überall zu jederzeit darauf zugreifen. Alle unsere Mitarbeiter haben Laptops, unsere Telefonie funktioniert digital und die Prozesse sind digital oder gar komplett automatisiert. Wir mussten keine großen Vorbereitungen treffen und waren sozusagen „remote-ready“. Das ist anders als bei vielen Unternehmen.

Aber wo liegt der Vorteil für Ihre Kunden?

Erstmal, dass wir erreichbar und zuverlässig sind. Eine Unsicherheit, die ich nicht als Kunde haben möchte ist, ob mein Logistikdienstleister operativ und zu vollen Zügen erreichbar ist. Das ist das, was wir viel besser machen. Der zweite Vorteil ist die Flexibilität, die wir unseren Kunden aufgrund unseres großen Partnernetzwerks bieten können. Wir konnten so ein neues Service-Angebot für China-Transporte hinzunehmen, um die Lieferketten unserer Kunden aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus bieten wir auch digitale Produkte wie beispielsweise unseren Control Tower an, hierdurch haben unsere Kunden mehr Transparenz über ihre Lieferströme. Kurz: Wir sind flexibler aufgestellt, leichter erreichbar und bieten unseren Kunden mehr Transparenz.

Werden kleine und mittlere Speditionen noch Bestand haben nach der Krise?

Grundsätzlich wird es immer einen Bestand für kleine oder mittlere Speditionen geben. Der Verband geht jedoch davon aus, dass 20% bis 30 % der Speditionen dieses Jahr nicht überleben werden. Besonders betroffen sind die kleinen Firmen, die eigene Assets haben. Wenn ich als kleiner Spediteur abhängig bin von einigen Kunden und diese Kunden verliere, dann habe ich schnell ein Problem, weil ich auf die Schnelle kein Geschäft akquirieren kann. Solche Unternehmen werden Probleme haben die Krise zu überleben – egal ob klein oder groß.

Wären diese Unternehmen digital besser aufgestellt, hätte sie die Krise nicht so stark erwischt?

Ich glaube, dass es kleinen Speditionen sehr schwer fällt, ein digitales Geschäftsmodell einzuführen. Dadurch dass wir risikokapitalfinanziert sind und Geld von Investoren haben, können wir viel mehr in IT investieren. Hätten wir nicht diesen Puffer an Kapital zur Verfügung, dann würden wir jetzt ebenfalls Probleme haben. Viele der kleinen Speditionen die jetzt eigenständig ein digitales Geschäftsmodell eingeführt hätten, könnten ein noch größeres Problem haben. All diesen Partnern bieten wir natürlich an mit uns zusammenzuarbeiten, denn die Digitalisierung in der Transportbranche heißt nicht, dass jeder seine eigene Software programmieren oder kaufen muss.

Wie können die Kleinen also von der Digitalisierung profitieren? Sollten sich Unternehmen vielleicht über Plattformen zusammenschließen?

Absolut. Ein kleiner Frachtführer kann so schnell an Geschäfte kommen. Ein Frachtführer, der einen Ankerkunden verloren hat, kann sich uns anschliessen und das GPS-Tracking und elektronische Rechnungen nutzen. Wir können ihn schneller bezahlen, sodass er weniger Cashflow-Probleme bekommt. Der Vorteil ist enorm. Als kleines Unternehmen will man mit InstaFreight zusammenarbeiten, um von dem Thema Digitalisierung zu profitieren. Wir sind eine Brücke zwischen dem kleinen Frachtführer, der nicht in Digitalisierung investieren kann und einem großen Verlader der immer höhere Anforderungen an Frachtführer hat.

Sie haben vorhin die LKW-Transporte China- Europa erwähnt. Wann wurde der Dienst gelauncht?

Wir haben es zunächst mit einem Kunden als Pilot noch zu Anfang der Corona-Krise gemacht. Als wir gesehen haben, dass dies gut funktioniert, haben wir es offiziell Anfang April verkündet und stellen diesen Service nun auch anderen Kunden zur Verfügung.

Wie ist die Nachfrage?

Die Nachfrage ist sehr gut. Es gibt viele Kunden, die sich diversifizieren wollen, was ihren Transport angeht. Luftfracht ist extrem teuer geworden, die Schiene ist ausgebucht, teurer geworden und dauert auch länger, deshalb finden unsere Kunden das Trucking-Produkt interessant. Grundsätzlich ist das Produkt im Wettbewerb zu Luftfracht zu sehen. Ohne die aktuellen Maßnahmen sind es 14 Tage Transitzeit, aktuell 20 Tage aufgrund der Umladungen. Hier arbeiten wir selbstverständlich daran. Luftfracht dauert zusammen mit den ganzen Prozessen unabhängig vom Flug auch acht Tage.

Was waren die größten Herausforderungen?

Was lange gedauert hat, war, einen vernünftigen Versicherer für die Transporte zu finden. Auch Frachtführer zu finden, die ein gutes Sicherheitskonzept vorweisen, ist eine Herausforderung.Das fängt zum Beispiel bei Box Trailern mit einem Schließsystem an, das nur aus der Zentrale geöffnet werden kann um Diebstähle zu verhindern.

Wie verifizieren Sie die Zuverlässigkeit der Fahrer?

Das ist etwas komplizierter als bei den Frachtführern, die wir normalerweise auswählen. Wir gucken uns natürlich die gängigen Zertifizierungen an. Wenn jemand sagt, er sei GDP-zertifiziert, dann schauen wir uns das Zertifikat an. Wir arbeiten auch sehr viel auf Basis von Empfehlungen und Marktrecherche und sprechen potenzielle Partner gezielt an.

Werden Sie das Produkt auch nach der Krise im Portfolio beibehalten?

Ich bin grundsätzlich von dem Produkt überzeugt. Nach der Krise müssen wir das natürlich neu bewerten. Sollten wir es beibehalten, dann könnte ich mir vorstellen, dass wir dazu eine Railverbindung anbieten.

Kunden aus welchen Branchen interessieren sich für den Dienst?

Sehr unterschiedlich. Das Interesse ist groß im Bereich Handel und Medical Supplies, die Schutzausrüstung angefragt haben. Es haben uns auch einige Pharmakunden angefragt, deshalb überlegen wir, einen Piloten zu starten. Aber auch Technologiekonzerne sind interessiert an Waren, die sie für ihre Produktion aus China brauchen. Das ist so ein Fall, wo das Produkt selbst nicht teuer ist, aber teuer werden kann, wenn derjenige es nicht beschaffen kann.

Sind Leerfahrten ein Problem?

Dadurch dass wir selber direkt mit Frachtführern arbeiten, können wir Inbound und Outbound anbieten. Dies zu balancieren ist natürlich eine große Herausforderung. Aber die Partner die wir einsetzen, haben nicht nur Kunden in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern inner- und außerhalb Europas. Viele von den Fahrzeugen fahren nicht direkt nach China zurück, sondern bekommen eine Anschlussfahrt in Europa.

Wie wird sich die Transport-und Logistikbranche innerhalb der nächsten sechs Monate entwickeln?

Die Transport-und Logistikbranche ist unabhängig von der Krise unglaublich wichtig. Ich denke, es wird dazu kommen, dass Kunden einige Themen nach vorne heben. Das Thema Kontrolle und Flexibilität von Supply Chains wird an Wichtigkeit gewinnen: Was passiert, wenn sich kurzfristig meine Supply Chain ändert? Wie kann ich als Unternehmen schneller darauf reagieren? Selbstverständlich werden auch viele Unternehmen versuchen Kosten zu sparen, daher wird der Preisdruck vermutlich kurzfristig weiter steigern oder auch dem aktuellen Niveau halten. Ich denke jedoch, dass der Markt sich in den kommenden Monaten wieder regulieren wird.

Werden sich die Geschäftsmodelle ändern?

In der Vergangenheit haben wir gesehen, dass viele Verlader direkt mit Frachtführern zusammenarbeiten wollten – ich denke das sich dieser Trend nun umkehren wird und vermehrt Speditionen nachgefragt werden. Dies liegt vor allem daran, dass Speditionen mehr Flexibilität bieten. InstaFreight bietet hierfür ein Produkt an, dass es Verladern erlaubt mit kleinen Frachtführern auf transparente Art und Weise und ohne eine großen Preisaufschlag zusammenzuarbeiten. Dieses Produkt hat bereits heute eine starke Nachfrage und wir werden es weiter ausbauen, da wir davon ausgehen, dass es in der Krise noch attraktiver geworden ist.

Foto: InstaFreight

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