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LKW-Kartell: Neue Erkenntnisse können zur Neubewertung der Schadensersatzansprüche führen

Dem Branchenverband Camion Pro zufolge gibt es neue Erkenntnisse, die das LKW-Kartell als Ganzes in ein ganz anderes Licht rücken und zu einer Neubewertung der Schadensersatzansprüche führen könnten.

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Am 29. Februar 2024 fand vor dem Oberlandesgericht (OLG) München die Berufungsverhandlung im Rechtsstreit des Berufsverbands Camion Pro gegen MAN statt, wobei MAN stellvertretend für die europäischen LKW-Hersteller auf Schadenersatz in Millionenhöhe verklagt wurde.

Zwar erging in der mündlichen Verhandlung weder ein Urteil, noch wurden die Schadenersatzforderungen von Camion Pro oder Details zum Ablauf der kartellrechtswidrigen Absprachen der Hersteller behandelt. Dennoch könne die Verhandlung eine „Zeitenwende im europäischen LKW-Kartell einläuten“, so Camion Pro. Man habe dem Gericht „vertrauliche Informationen der Europäischen Kommission vorgelegt“, die das LKW-Kartell „insgesamt in einem vollkommen anderen Licht erscheinen lassen und deuten auf deutlich höhere Schadenersatzansprüche aller Geschädigten hin“. Das berichtet eine Pressemitteilung von Camion Pro vom Montag, 11. März.

Nach Angaben des Branchenverbands zeigen eigene Recherchen, dass es „nicht erst seit 1997, sondern schon seit Mitte der Achtzigerjahre offenbar intensive, wettbewerbssensible Kontakte zwischen den europäischen LKW-Herstellern“ gab. Die Anwälte von Camion Pro legten die entsprechenden Beweise im Entschädigungsverfahren 2022 vor dem OLG München vor, die bisher noch nicht berücksichtigt wurden.


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Unterlagen der EU-Kommission sind der Öffentlichkeit nicht zugänglich

Die im Prozess gegen MAN vor dem OLG München bereits 2022 eingebrachten Informationen stammen aus den Ermittlungsakten der Europäischen Kommission gegen die am LKW-Kartell beteiligten Hersteller“, erklärt Andreas Mossyrsch, Vorstand von Camion Pro.

Die Akten sind der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Camion Pro erklärt jedoch, dass „detaillierte Informationen zu den Meetings und den Namen der teilnehmenden Unternehmen, Personen, Inhalten sowie den Örtlichkeiten, an denen die Absprachen getroffen wurden“, vorliegen. Wie der Branchenverband an diese Unterlagen gekommen ist, will man nicht mitteilen. Andreas Mossyrsch, erklärt jedoch:

Aus unserer Sicht beschreiben die dem Gericht von uns zur Kenntnis gebrachten Informationen bisher völlig unbekannte Aspekte und detaillierte Abläufe zu den widerrechtlichen Aktivitäten der europäischen LKW-Hersteller. Dadurch entsteht ein ganz anderes Bild über die Dimension und die Qualität des LKW-Kartells als bisher bekannt.“

Neue Erkenntnisse deuten auf höhere Schadensersatzansprüche hin

Camion Pro Vorstand Andreas Mossyrsch erklärte weiter:

Sollte es zutreffen, dass die Kartellabsprachen schon Mitte der 1980-er Jahre begonnen hatten, würde das bedeuten, dass Sachverständige in ganz Europa den falschen Zeitraum bewertet haben und die Wirkung des LKW-Kartells auf die Marktpreise 1997 schon längst eingeflossen war. Der Schaden wäre daher insgesamt deutlich höher als bisher bekannt und nachweisbar.“

Dies müsse „zwangsläufig“ auch zu einer Neubewertung der Schadensersatzansprüche gegen alle am LKW-Kartell beteiligten Hersteller führen, heißt es weiter.

Camion Pro klagt seit 2017 vor dem Landgericht München/OLG auf Schadensersatz in Millionenhöhe, wobei die Ansprüche der Mitglieder nach eigenen Angaben bereits 2017 dem Verein abgetreten worden sind. Weiter heißt es, dass die Klage 2019 in erster Instanz abgewiesen wurde und im jüngsten Verfahren hat das Oberlandesgericht eine Entscheidung für den 6. Juni 2024 angekündigt.

Der Branchenverband sieht durch seine Recherchen „die Position der Kläger stark verbessert sowie eine gute Möglichkeit, deutlich höhere Schadenersatzforderungen gegen die Hersteller durchzusetzen”, heißt es abschließend.

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