Daten aus dem Bericht „Transport in Europa – Trends, Daten, Analysen 2/2025“, herausgegeben vom Polnischen Institut für Straßentransport (PITD), deuten auf eine Fortsetzung der schwachen Konjunktur in Europa hin. Trotz eines Anstiegs von Frachtangeboten auf dem Spotmarkt und höherer Transportpreise fehlen stabile Nachfrageimpulse und ausreichend Transportunternehmer – der Markt bleibt geprägt von Unsicherheit.
Im April übertrafen von den sieben untersuchten Ländern lediglich Spanien und Polen die Schwelle zum Konjunkturoptimismus. In Spanien ist dies ein stabiler Trend – in den letzten zwölf Monaten wurde der 100-Punkte-Wert nur einmal minimal unterschritten.
Polnische Unternehmer zeigten erste Anzeichen von Optimismus erst in den letzten drei Monaten – von Februar bis April. Zum Vergleich: Die Niederlande, die zum Jahreswechsel 2024/2025 noch Werte von 99,5 bis 100,4 Punkten erreichten, fielen im April deutlich auf 97,7 Punkte. Ein ähnlicher Trend zeigte sich in Italien – nach 99,8 Punkten im Januar sank der Index in den Folgemonaten kontinuierlich, was auf eine Verschlechterung des Wirtschaftsklimas hindeutet.
Die Lage in Deutschland – der größten Volkswirtschaft Europas – bleibt unverändert, was keine gute Nachricht ist. „Der kranke Mann Europas“ hat seit einem halben Jahr nicht einmal die 90-Punkte-Marke überschritten. Etwas besser stehen die ESI-Werte für die gesamte EU und die Eurozone, bleiben jedoch klar unter der Optimismusgrenze.
Die Eurozone verzeichnete ein moderates Wachstum, das unter den Erwartungen blieb – vor allem aufgrund anhaltender Herausforderungen wie hoher Energiekosten und langsamer Produktivitätsentwicklung. Ein Aufschwung wird erst nach Lösung dieser Probleme möglich sein“, sagt Vic Vandeput, Ökonom am Institute of Transport and Logistics in Belgien, im Gespräch mit dem PITD.
PMI im verarbeitenden Gewerbe – Polen als Ausnahme
Ein ähnliches Bild ergibt sich beim Industrie-PMI. Nur Polen überschritt seit Jahresbeginn die 50-Punkte-Schwelle gleich dreimal – im Februar, März und April. Den Niederlanden und Spanien gelang dies jeweils nur einmal – im Februar bzw. Januar. Im März lagen beide Länder nahe der Marke, fielen aber im April wieder darunter.
In Deutschland steigt der Industrie-PMI seit Jahresbeginn zwar langsam, aber kontinuierlich – ein Hoffnungsschimmer für ein industrielles Comeback und steigende Frachtvolumina. Ähnliche Signale kommen aus Frankreich und generell aus der Eurozone.
Am deutlichsten war jedoch der Wandel in Italien – im März noch Schlusslicht der untersuchten Länder, stieg der Index im April auf über 49 Punkte und katapultierte sich damit auf Rang zwei der Rangliste.
Neue Ausrichtungen im europäischen Transport
Laut Prof. Dr. hab. Ing. Adam Koliński von der Hochschule für Logistik zeigt sich aktuell eine deutliche Reorganisation integrierter europäischer Lieferketten. Marktteilnehmer sehen Unternehmen aus anderen EU-Ländern zunehmend nicht mehr als Partner zur Effizienzsteigerung und Synergiebildung. Diese Erosion der Integration verringert die Wettbewerbsfähigkeit der EU gegenüber den USA und China.
Ungarn zieht sich aus der logistischen Zusammenarbeit mit EU-Partnern zurück und öffnet sich stattdessen für östliche Märkte. Deutschland betreibt Protektionismus und schließt Grenzen, was die Effizienz der europäischen Verkehrskorridore beeinträchtigt“, sagt Prof. Koliński.
Als Folge werden alternative Routen immer häufiger ins Auge gefasst – etwa asiatische Handelswege oder die Stärkung von Nord-Süd-Verbindungen innerhalb Europas. Auch die Balkanstaaten und die Türkei gewinnen an Bedeutung im Rahmen der Neuen Seidenstraße.
Die wirtschaftliche Schwäche in Deutschland, Frankreich und Großbritannien bedeutet geringeres Exportvolumen, weniger Aufträge und stärkeren Preisdruck – besonders für Unternehmen aus Mittel- und Osteuropa“, erklärt Jarosław Bartczak, Geschäftsführer Polen bei XPO.
Seiner Ansicht nach bieten derzeit Spanien, Polen und die Niederlande attraktive Alternativen – mit besseren makroökonomischen Kennzahlen, stabilerer Nachfrage und günstigerem Zugang zu preiswerter Energie.
Der hohe ESI-Wert in diesen Ländern ist ein klares Signal an die TSL-Branche: Genau dort lohnt sich jetzt der Ausbau von Geschäftsbeziehungen und die Akquise neuer Aufträge – denn diese Märkte können 2025 den europäischen Transport mitziehen“, so Bartczak.
Transport in neuer Rolle – kürzere Strecken, höhere Effizienz
Angesichts der wirtschaftlichen Umbrüche und der Neustrukturierung europäischer Lieferketten ist der Ausbau des intermodalen Transports eine wichtige Alternative“, erklärt Prof. Koliński.
Das ist ein Signal an große Logistikbetreiber ebenso wie an kleine Fuhrunternehmen. Letztere müssen laut Experte nicht in intermodale Infrastruktur investieren – vielmehr wird sich der Charakter ihrer Aufträge ändern.
Mit der Weiterentwicklung intermodaler Lieferketten wird der Straßengüterverkehr zunehmend auf kurze Distanzen – etwa 100–200 km – beschränkt bleiben, statt ganz Europa zu bedienen, heißt es im PITD-Bericht.
Die Herausforderung wird es sein, diese Aufträge wettbewerbsfähig zu gestalten und nach Optimierungsmöglichkeiten zu suchen, die Kosteneffizienz sichern“, ergänzt Prof. Koliński.
Die wichtigsten Trends für den Transport in Europa 2025:
- Rückgang von Exportaufträgen aus Deutschland und Italien – bislang Motoren des EU-Handels; besonders alarmierend: schrumpfende Nachfrage im Industriebereich.
- Wachstumsmärkte Polen und Spanien – mit besseren Makrodaten und stabilerer Nachfrage, ideale Zielmärkte für TSL-Dienstleister.
- Zwang zur Diversifizierung – Transportunternehmen müssen neue Routen und Branchen erschließen, um Abhängigkeiten zu vermeiden.
- Bedeutung des Kurzstreckentransports – Intermodale Logistik reduziert den klassischen Straßengüterverkehr zunehmend auf „die letzte Meile“ von 100–200 km.