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Baden-Württemberg will Zahl der Verkehrsunfälle mit Beteiligung von LKW verringern

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28.11.2019

Verkehrsminister Winfried Hermann und Innenminister Thomas Strobl gehen gemeinsam gegen schwere Unfälle in Baustellenbereichen auf Autobahnen vor. Auch sollen verstärkt Maßnahmen in Autobahnabschnitten ergriffen werden, in denen sich Unfälle häufen (sogenannte Hotspots). Ziel eines am Dienstag (26. November) in Stuttgart vorgelegten Maßnahmenpakets ist es, die Zahl der Verkehrsunfälle deutlich zu verringern. Besonders Unfälle, an denen LKW beteiligt sind, sollen reduziert werden.

Ungebremst in die Baustelle – damit muss Schluss sein, forderte Verkehrsminister Winfried Hermann. Wir warnen und reduzieren die Geschwindigkeit früher und gestuft.

Nach Aussagen des Ministers ist vor allem die Zahl der Verkehrsunfälle, an denen LKW beteiligt sind, immer noch hoch.

Allein durch ihr Gewicht und ihre Größe stellen Lkw ein erhöhtes Gefahrenpotential für andere Unfallbeteiligte dar. Mit einem Bündel an Maßnahmen wollen wir es schaffen, dass Unfälle gar nicht erst passieren, so Hermann.

Nach Zahlen des Innenministeriums starben 2018 im Zusammenhang mit LKW-Unfällen in Baden-Württemberg 104 Menschen. 2017 waren es 111. Das Maßnahmenpaket umfasst unter anderem Überholverbote für LKW, reduzierte Geschwindigkeiten und mobile Stauwarnanlagen, aber auch einen verstärkten Einsatz von Polizeimotorrädern, um Störungen auf der Autobahn noch schneller zu beseitigen.

Innenminister Thomas Strobl ergänzte: Wenn ein Viertel der Verkehrstoten bei Unfällen unter Beteiligung von LKW verunglücken, dann ist es doch ganz klar, dass wir den Schwerverkehr besonders im Blick haben. Störungen auf der Autobahn ziehen häufig kilometerlange Staus und schwere Unfälle am Stauende nach sich. Deshalb hat das Freimachen der Unfallstelle, gerade bei Kleinstunfällen ohne Verletzte, oberste Priorität. Zu diesem Zweck zieht die Polizei ein Unfallfahrzeug jetzt auch schon mal selbst von der Straße.“

Analyse im Auftrag des Landes identifiziert Unfallursachen

Das Maßnahmenpaket des Landes fußt auf einer Ursachenanalyse der Regierungspräsidien Karlsruhe und Stuttgart, die das Verkehrsministerium und das Innenministerium in Auftrag gegeben hatten. Demnach kommt es immer wieder in Baustellenbereichen auf Autobahnen zu teils schweren Verkehrsunfällen mit gravierenden Folgen. Als hauptsächliche Unfallursache, so ein Ergebnis der Analyse, gilt die Nichteinhaltung von Geschwindigkeitsbeschränkungen im Baustellenzulauf und innerhalb der Baustelle. Außerdem wurden Stauenden als Unfallschwerpunkt identifiziert. Hier kommt es aufgrund Abstandsverstößen, Unaufmerksamkeit oder Ablenkung zu verspäteten Bremsreaktionen. Wenn ein LKW-Fahrender dann nicht aufpasst, sind die Unfallfolgen meist besonders schwer.

Gefahren gehen weiterhin von hohen Differenzgeschwindigkeiten zwischen PKW und LKW aus, was bei Verkehrsverdichtungen im Bereich von Baustellen zu gravierenden Unfällen mit schweren Unfallschäden führen kann. Als Schwerpunkte für Auffahrunfälle mit teilweise gravierenden Folgen haben sich zudem die Reduktion von Fahrstreifen (zum Beispiel von drei auf zwei) an einem Ausbauende mit der Folge eines Rückstaus erwiesen, sowie auch Zulaufbereiche hochbelasteter Anschlussstellen, die wegen zahlreicher Verflechtungs- und Einfädelungsvorgänge bei dichtem Verkehr zu Stockungen führen können.

Solche „Hotspots“ finden sich überall dort wo es besonders häufig zu Stau oder stockendem Verkehr kommt, bspw. wenn ein Fahrstreifen wegfällt und es statt dreispurig nur noch zweispurig weitergeht oder wenn schlicht zu viele Fahrzeuge unterwegs sind und es so zu Behinderungen kommt. Wenn zudem auch noch hohe Differenzgeschwindigkeiten von PKW und LKW oder zahlreiche Verflechtungsvorgänge an Autobahnkreuzen oder Anschlussstellen dazukommen, erhöht sich die Stau- und damit auch die Unfallgefahr.

Mit Überholverboten für LKW und mobilen Stauwarnanlagen für mehr Sicherheit

Das nun vorgestellte Maßnahmenpaket des Landes sieht unter anderem die Anordnung von LKW-Überholverboten im Vorfeld der Baustelle als stets notwendige Maßnahme vor. Je nach den örtlichen Verhältnissen soll die Differenzgeschwindigkeit zwischen PKW und LKW verringert werden, ohne allerdings den Verkehrsfluss zu beeinträchtigen.

Neu ist der vorgesehene Einsatz mobiler Stauwarnanlagen vor „Hotspots“ zur optischen Warnung. Mobile Stauwarnanlagen können in unterschiedlicher Ausprägung (mit oder ohne dynamische Geschwindigkeitsanzeige), abhängig von der Situation vor Ort, eingesetzt werden. Vor Baustellen mit einer Dauer von mehr als vier Wochen sind solche Stauwarnanlagen bereits im Einsatz. Ergänzt werden können die mobilen Stauwarnanlagen durch akustische Warnungen, die über CB-Funk übertragen werden. Damit können rund 25 bis 30 Prozent der LKW-Fahrerinnen und LKW-Fahrer erreicht werden.

Wir stellen den zuständigen Behörden einen Instrumentenkasten zur Verfügung, aus dem sich die Straßenverkehrs- und Straßenbaubehörden bedienen können. Abhängig von den Gegebenheiten vor Ort, können die Behörden die für sie passenden Maßnahmen ergreifen und so unsere Autobahnen sicherer machen, erklärte Minister Hermann.

Eine wesentliche Rolle im Konzept des Landes spielt eine intensive Verkehrsüberwachung. Die Wirkzusammenhänge zwischen Kontrolldruck, Sanktionshöhe und Verhaltensänderung sind wissenschaftlich erwiesen. Innenminister Strobl verwies auf die laufende Beschaffung weiterer Geschwindigkeitsmessanhänger. Es handelt sich hierbei um PKW-Anhänger, in denen ein Gerät zur Geschwindigkeitsüberwachung verbaut ist. Hiermit kann der Verkehr bis zu zehn Tage autonom überwacht und der Kontrolldruck merklich gesteigert werden.

Strobl kündigte weiterhin an, dass die Polizei auch fahrfremde Tätigkeiten von LKW-Lenkern verstärkt kontrollieren wird.

Wir können und wollen es nicht akzeptieren, dass während der Fahrt auf dem Smartphone rumgetippt oder Krafttraining betrieben wird. Wenn Sie drei Sekunden lang nicht auf die Straße schauen, bedeutet das bei Tempo 80 (km/h) einen Blindflug von rund 70 Metern. Das kann Menschenleben kosten, verdeutlichte Innenminister Thomas Strobl.

Über das Maßnahmenpaket hinaus setzt sich das Land dafür ein, dass die Fortschreibung der rechtlichen Vorgaben für Notbremsassistenten durch die EU Kommission über das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) weiter vorangetrieben werden.

Foto: Trans.INFO

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