Mit Millionen Transportbewegungen pro Jahr ist Rotterdam der größte Hafen Europas. Entsprechend groß ist seine Bedeutung für die Logistikaktivitäten in einer ausgedehnten Wirtschaftsregion. Die unzähligen Transportprozesse im Zusammenhang mit dem Hafenbetrieb ermöglichen es daher dem Management, einen erheblichen Einfluss auf die nachhaltige Gestaltung der Logistik zu nehmen. Der Hafenbetrieb arbeitet an einer Reihe zusammenhängender Projekte, um dieses Ziel in Industrie und Logistik voranzutreiben: von der Veranschaulichung von Strategien für optimale Verbindungen mittels nachhaltiger Transport-Modalität bis zur Herstellung alternativer Kraftstoffe in Rotterdam und der Förderung einer schnellen und effizienten Abwicklung von Hafenaktivitäten.
In Zusammenarbeit mit BigMile unternimmt der Hafenbetrieb Rotterdam einen wichtigen Schritt, um auf Grundlage fundierter Daten diese Nachhaltigkeitsstrategie in konkrete Lösungen umzusetzen. BigMile bietet eine Berechnungs- und Analyseplattform nach dem SaaS-Prinzip an, mit der Verlader und Logistik-Dienstleister die multimodalen transportbezogenen CO2-Emissionen optimieren und reporten können. Die Lösung, die bereits mehr als 200 Nutzer hat, ermöglicht es Unternehmen, die bevorstehende Berichtspflicht für CO2-Emissionen und künftige CO2-Abgaben einzuhalten.
Emissionsbilanz für alle Transportketten
Das gemeinsam mit dem Hafenbetrieb Rotterdam entwickelte Softwaresystem kombiniert Daten, die unter anderem von AIS (einem System zur Registrierung aller Schiffsbewegungen) stammen, mit Rechenmodellen der niederländischen Organisation für angewandte naturwissenschaftliche Forschung TNO. Die Plattform gewährt damit beispielsweise Einblick in das Emissionsgeschehen an einem Betriebsstandort. Zudem verschafft sie Unternehmen mehr Informationen über die ausgestoßenen Mengen an CO2 und anderen Substanzen über ihre gesamten Transportketten hinweg.
Derzeit ist die Lösung bereits einsetzbar, um beispielsweise zu veranschaulichen, wie viele Emissionen ein Schiff emittiert, während es am Kai liegt. Diese Informationen lassen sich bei der Entwicklung von Landstromprojekten verwenden: Am Kai liegende Schiffe schalten ihre Generatoren aus und schließen sich an die landseitige Stromversorgung an. In diesem Fall kann die BigMile-Plattform veranschaulichen, wie viel Luftverschmutzung ein Landstromanschluss verhindern kann.
Zunächst handelt es sich bei der gemeinsamen Lösung noch um ein Pilotprojekt, in dessen Rahmen sich die Schiffsbewegungen der See- und Binnenschifffahrt in Rotterdam berechnen lassen. In einem folgenden Stadium werden dann die Emissionen des Straßen- und Bahntransports hinzugefügt. Ziel ist es, im nächsten Halbjahr auch die Ausstoßmengen der Transportketten vor und nach dem Rotterdamer Hafenbetrieb einzubeziehen, sodass das Emissionsgeschehen des gesamten Transportwegs von Tür zu Tür erkennbar wird. In der zweiten Jahreshälfte 2022 werden die digitale Plattform und die damit gewonnenen Erkenntnisse mit Reedereien und Terminals geteilt.
Erste Gebietsemissionen erfasst
In der ersten Projektphase konzentrieren wir uns auf die Gebietsemissionen im Rotterdamer Verwaltungsbereich, ab 60 Kilometern außerhalb des Hafens bis zu Brienenoordbrug. Für See- und Binnenschifffahrt ‚kartieren‘ wir im wahrsten Sinn des Wortes die Emissionen, und zwar aufgrund der tatsächlichen Bewegungen von Schiffen und Fahrzeugen“, erläutert Wouter Nering Bögel, Projektleiter bei BigMile.
Die Analysen gestatten es, auf der Basis von belastbaren Daten direkt auf konkrete Verbesserungsmöglichkeiten hinzuwirken. Es lässt sich so vorab klarer erkennen, welche Auswirkungen bestimmte Maßnahmen haben. Dies soll es Unternehmen ermöglichen, auf eine CO2-Reduzierung hinzuwirken, sowohl im Hafen als auch in der gesamten Transportkette.
Rotterdam könnte der erste Schritt zu einer breit angelegten nachhaltigen Transformation großer Seehäfen sein, wie Tobias Häßler, CEO von BigMile Deutschland erklärt:
Was wir in Rotterdam testen und umsetzen, sollte Vorbild für entsprechende Maßnahmen in anderen Häfen wie Hamburg oder Bremerhaven sein. Es handelt sich um ein Pionierprojekt, das sich an die Gegebenheiten zahlreicher Hafeninfrastrukturen flexibel anpassen lässt. Damit rückt das Erreichen der Dekarbonisierungsziele der Seelogistik in greifbarere Nähe.“