Bereits vor der Pandemie stand fest, dass sich die Transport- und Logistikbranche in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen wiederfinden wird. Das liegt vor allem daran, dass immer weniger Auszubildende den Weg in diese Branche finden.
Auch im Pandemiejahr 2020 wurden erneut weniger Ausbildungsverträge in der Transport- und Logistikbranche abgeschlossen als im Vorjahr. Das belegen die Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Dies scheint zunächst etwas erstaunlich, denn gerade im Jahr der Pandemie wurde besonders deutlich, wie wichtig diese Branche für jeden Einzelnen von uns ist. Dennoch belegen die Zahlen, dass die Nachfrage nach Arbeitsplätzen im Transport- und Logistikgewerbe weiter schwindet – mit gravierenden Folgen in der Zukunft. Doch woran liegt das und wie kann dem gegengesteuert werden? Mit diesen Fragen möchten wir uns im Folgenden näher befassen.
Warum verliert die Logistik- und Transportbranche immer mehr an Attraktivität?
In den nächsten Jahren wird sich eine der wichtigsten Branchen der Wirtschaft mit großen Problemen auseinandersetzen müssen. Immer mehr Menschen, die derzeit in der Branche arbeiten, werden in den kommenden Jahren in ihre wohlverdiente Rente gehen, aber der Nachwuchs fehlt. Besonders stark wird sich dies im Bereich der Berufskraftfahrer auswirken, denn besonders hier liegen die Zahlen von Angestellten nahe dem Rentenalter und solchen mit neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen extrem weit auseinander.
Ursachen dafür zu finden, ist nicht immer ganz einfach. Auch wenn zahlreiche Gründe offensichtlich scheinen, sind diese nicht die einzigen, die zu der schwierigen Situation mit fehlendem Nachwuchs geführt haben und weiterhin führen.
- Löhne nicht hoch genug
Beschäftigt man sich mit diesem Thema, wird als häufigster Grund die finanzielle Unattraktivität der Branche angegeben. Dieser Grund ist schwer von der Hand zu weisen, sind doch die Jobs in dieser Branche körperlich teilweise hart und anstrengend und der Lohn im Vergleich zu anderen, weniger anstrengenden Berufen, eher gering. Wäre es also möglich, mehr Interesse an Ausbildungen zu erreichen, wenn die Löhne angehoben würden?
- Unattraktive Arbeitszeiten und -bedingungen
Ein weiterer Grund sind die Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen. Besonders für Berufskraftfahrer sind die Arbeitszeiten häufig nicht sehr familienfreundlich. Je nachdem in welchem Bereich man tätig ist, sieht man die Familie die gesamte Woche nicht und verbringt die Ruhezeiten auf überfüllten Rastplätzen, von denen zu allem Überfluss auch noch zu wenige vorhanden sind. Daneben spielt der zeitliche Druck eine wichtige Rolle, denn die Ladung muss so schnell wie möglich an ihrem Bestimmungsort ankommen. Nicht umsonst heißt es in einem bekannten Sprichwort: „Zeit ist Geld“. Könnte mit etwas mehr Komfort und attraktiveren Arbeitszeiten eine Kehrtwende eingeleitet werden?
Lösungsansätze
Die genannten Gründe sind recht offensichtlich und werden zum Thema Fachkräftemangel in der Logistik- und Transportbranche immer wieder aufgeführt. Aber ist das wirklich alles? Und könnten die Probleme mit recht einfachen Mitteln kurzfristig gelöst werden? Oder steckt eventuell weitaus mehr dahinter, so dass die Lösung der Probleme vielschichtiger sein muss und der Anstrengung jedes Einzelnen bedarf?
Beleuchtet man die Situation der Branche von einer anderen Perspektive, wird man feststellen, dass der Mangel an Nachwuchskräften nicht mit einfachen Mitteln wie mehr Geld und verträglicheren Arbeitszeiten behoben werden kann. Tatsache ist jedoch, dass die Logistikbranche bisher nicht sehr viel unternommen hat, um den Beruf für Auszubildende attraktiver zu gestalten, so dass man auf diese Weise den kommenden Schwierigkeiten mit Zuversicht entgegentreten könnte.
Missstände sind auch in folgenden Bereichen der Branche zu beklagen:
- Ungenau definiertes Berufsbild
Es entsteht der Eindruck, dass potenziellen Auszubildenden keine genaue Vorstellung von diesem Beruf vermittelt wird. Die genauen Aufgaben der einzelnen Berufszweige im vielschichtigen Transport- und Logistiksektor sind verschwommen und werden zu wenig definiert. Das heißt, den jungen Leuten ist nicht klar, wie wichtig ihre mögliche Arbeit in dieser Branche ist und wie sehr sie dort gebraucht werden. Auch haben sie wenig Vorstellung davon, was sie erwartet, wenn sie einen Beruf in einem der Zweige erlernen.
- Angst vor Arbeitsplatzverlust durch Digitalisierung
Ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist die Angst vor Digitalisierung, welche oft mit der Befürchtung eines Abbaus von Arbeitsplätzen einhergeht. Tatsache ist, dass die Transport- und Logistikbranche aufgrund von vermehrter Digitalisierung in den kommenden Jahren stark verändert und effektiver gestaltet werden wird. Aber zieht diese Digitalisierung tatsächlich den Abbau von Arbeitsplätzen nach sich? Oder ist sie nicht vielmehr darauf ausgerichtet, Arbeitnehmern zu helfen, das stetig steigende Arbeitsvolumen besser zu bewältigen? Wir sind der Meinung, dass Letzteres der Fall sein und eine verstärkte Digitalisierung keinesfalls Ursache für den Verlust von Arbeitsplätzen sein wird! Der Grund dafür liegt auf der Hand: Das Arbeitsvolumen, das die Branche zu bewältigen hat, steigt seit Jahren stetig an und ist ohne Digitalisierung von Prozessen kaum mehr zu bewältigen. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass durch Digitalisierung die Arbeit eines jeden Mitarbeiters der Branche zwar vereinfacht und dessen Produktivität gesteigert wird, dadurch aber keine Arbeitsplätze verloren gehen.
Wie kann das Problem gelöst werden?
Um das Problem des fehlenden Nachwuchses in den Griff zu bekommen und um junge Leute für eine Ausbildung im Logistik- und Transportgewerbe zu gewinnen, muss die gesamte Branche an einem Strang ziehen und sich besser positionieren. Sie muss von ihrer Bedeutung als Lebensader der Wirtschaft und ihrer Relevanz für jeden Einzelnen überzeugen. Ein besseres Marketing kann dabei Wunder wirken. Auch die bereits oben genannte, notwendige Aufklärung über die einzelnen Berufszweige ist ein äußerst wichtiges Medium, um die Berufe der Branche attraktiver wirken zu lassen.
Folglich kann jeder einzelne Arbeitgeber in der Logistik- und Transportbranche seinen Teil dazu beitragen, die immer größer werdende Lücke an Arbeitskräften zu verkleinern und auf diese Weise den Fachkräftemangel abzumildern. Selbstverständlich wird das nicht die gesamten Probleme gleichzeitig lösen, aber es ist eine praktikable Möglichkeit, zeitnah zu einer positiveren Entwicklung beizutragen. Damit diese veränderte Positionierung zu einem sichtbaren Erfolg und dem Abschluss von mehr Ausbildungsverträgen führt, muss die gesamte Branche zusammenarbeiten und jeder einzelne Unternehmer seinen Anteil dazu beitragen, denn so lassen sich die größtmöglichen Fortschritte erzielen.
Gelingt es der Branche, ein positiveres Bild in der Öffentlichkeit abzugeben und das Image der einzelnen Berufe zu verbessern, werden die Berufe der verschiedenen Zweige deutlich attraktiver werden und mehr junge Menschen auf einen beruflichen Weg in dem unglaublich wichtigen Transport- und Logistiksektor locken. Frei nach dem Motto „Gemeinsam sind wir stark“ sollten alle zusammenhalten und sich den Herausforderungen der Zukunft geschlossen stellen. Nur dann wird es tatsächlich gelingen, gestärkt und mit genügend Arbeitskraft aus der bereits bestehenden Krise herauszugehen und für die künftigen Aufgaben gerüstet zu sein. Packen wir es an, gemeinsam können wir viel erreichen!
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