Foto: Daimler Truck AG

E-Actros wurde unter harten Bedingungen am Polarkreis getestet

Transportunternehmen stellen an batterieelektrische Lkw dieselben Anforderungen wie an ihre Pendants mit konventionellem Diesel-Motor. Auch unter schwierigen Witterungsbedingungen etwa mit Kälte, Eis und Schnee müssen die Fahrzeuge zuverlässig ihren Dienst tun.

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17.03.2023

Vor diesem Hintergrund erwiesen sich die diesjährigen Wintererprobungen von Mercedes-Benz Trucks im finnischen Rovaniemi einmal mehr als wichtige Härtetests. Mit dabei waren Fahrzeuge verschiedener Baureihen – darunter Prototypen des batterieelektrischen eActros LongHaul, dessen Serienreife für 2024 geplant ist, und des batterieelektrischen eActros 300 als Sattelzugmaschine sowie der konventionell mit Diesel angetriebene Actros L. Unter klimatischen Extrembedingungen wie beispielsweise auf verschneiter und vereister Fahrbahn, schneidendem Wind und Temperaturen bis zu minus 25 Grad testete das Entwickler- und Versuchsteam die einzelnen Modelle, um daraus Maßnahmen für weitere Optimierungen abzuleiten.

Dr. Christof Weber, Head of Global Testing Mercedes-Benz Trucks:

Die Erprobung unserer Produktpalette unter extremen Winter-Bedingungen ist auch in Sachen alternativer Antriebe ein wesentlicher Bestandteil unserer Fahrzeugentwicklung. Denn Transportunternehmen müssen sich in einem hart umkämpften Wettbewerbsumfeld zu jeder Jahreszeit genauso auf unsere E-Lkw verlassen können, wie sie es von konventionell angetriebenen Fahrzeugen gewohnt sind. Unsere Versuchsingenieure haben in Finnland aus diesem Grund die Fahrzeuge über sechs Wochen intensiv auf Herz und Nieren geprüft.“

Umfassender Kriterienkatalog

Schon auf der Fahrt nach Finnland nahmen die Entwicklungsingenieure von Mercedes-Benz Trucks sämtliche Funktionen und Systeme der Fahrzeuge im Praxiseinsatz unter die Lupe. So etwa die Unterstützung beim Spurwechsel als Teil des aktiven Abbiege-Assistenten oder die aktive Spurführung beim Active Drive Assist beim Actros L. Da außerdem mehrere Landesgrenzen zu passieren waren, konnte auch der Einfluss von länderspezifischen Spurmarkierungen, Verkehrszeichen oder digitalen Kartendaten auf die Performance der in den Lkw verbauten Assistenzsysteme gemessen werden. Dadurch, dass die Lkw den ganzen Tag erprobt wurden, ließen sich aber auch Aspekte wie zum Beispiel der Komfort des Fahrersitzes bewerten.

Fokus auf batterieelektrische Lkw während der Tests am Polarkreis

Vor Ort legten die Experten beim eActros LongHaul und beim eActros 300 als Sattelzugmaschine besonderes Augenmerk auf das Verhalten der Batterien und des elektrischen Antriebsstrangs bei widrigen Witterungsverhältnissen. Zu diesem Zweck wurden unter anderem das Startverhalten sowie die Kälteabsicherung der Antriebskomponenten, Software und Schnittstellen überprüft. Zudem wurden das Thermo- und Energiemanagement intensiv getestet. Beides sorgt dafür, dass sowohl der Antriebsstrang als auch die Fahrerkabine selbst bei tiefen Temperaturen richtig und energieeffizient temperiert sind.

Hierbei zeigte sich zum Beispiel, dass der eActros LongHaul durch seinen kleineren Heizkreis mit großer Leistung das Fahrerhaus grundsätzlich schneller erwärmt als ein Diesel-Lkw. Da die Energie hierfür aber den im Fahrzeug verbauten Batterien entnommen wird und sich so die Reichweite reduziert, empfiehlt sich das sogenannte Pre-Conditioning beziehungsweise energieeffiziente Vorklimatisieren des E-Lkw an einer Ladesäule. Nach dem Pre-Conditioning büßt der eActros LongHaul auch bei extremer Kälte weniger an Reichweite ein.

Dr. Christof Weber, Head of Global Testing Mercedes-Benz Trucks:

Wir sind sehr zufrieden mit unseren Testergebnissen. Denn die Prüfungen etwa des Verhaltens der Batterien und des elektrischen Antriebsstrangs bei extremen Temperaturen oder auch des Fahrverhaltens der Fahrzeuge auf spiegelglatten Straßen zeigen: Selbst bei sehr winterlichen Verhältnissen sind unsere batterieelektrischen Lkw voll einsatzbereit.“

Bestandteil der Wintererprobung waren außerdem zahlreiche Tests zum Fahr- und Bremsverhalten auf unterschiedlich griffigen Oberflächen und der Einfluss zum Beispiel von Schneematsch auf die Wirksamkeit der Sensoren von Fahrerassistenzsystemen. Ebenso wurde getestet, wie der Trailer Stability Assistent die Schleudergefahr von Sattelzügen bei Kurvenfahrten oder Ausweichmanövern auf winterlichen Straßen reduzieren kann und wie die MirrorCam mit den unterschiedlichen Kontrastverhältnissen auf Eis und Schnee umgeht.

Baldiger Serienstart

Die erstmals auf der IAA Transportation 2022 in Hannover vorgestellte Modellvariante des eActros 300 als Sattelzugmaschine kann unter Berücksichtigung der maximal zulässigen Gesamtzuglänge alle gängigen europäischen Auflieger ziehen. Der E-Lkw basiert auf derselben Technologie wie der eActros 300/400. Drei Batteriepakete mit jeweils 112 kWh[1] installierter Batteriekapazität ermöglichen eine Reichweite von bis zu 220 Kilometern[2] ohne Zwischenladen. Der Serienstart ist für die zweite Jahreshälfte 2023 vorgesehen.

Im Jahr 2024 soll der eActros LongHaul für den Fernverkehr serienreif sein. Mercedes-Benz Trucks hat im Rahmen der IAA Transportation im vergangenen Jahr in Hannover einen Konzept-Prototyp des Elektro-Lkw enthüllt. Der eActros LongHaul verfügt in der Serie über eine Reichweite von rund 500 Kilometer ohne Zwischenladen und wird das Hochleistungsladen ermöglichen. Auf der IAA wurde er von der „International Truck of the Year“ Jury mit dem „2023 Truck Innovation Award“ ausgezeichnet. Im eActros LongHaul kommen Batterien mit Lithium-Eisenphosphat-Zelltechnologie (LFP) zum Einsatz. Diese zeichnen sich vor allem durch eine hohe Lebensdauer und mehr nutzbare Energie aus.


[1]Nennkapazität einer neuen Batterie, basierend auf intern definierten Rahmenbedingungen. Diese kann je nach Anwendungsfall und Umgebungsbedingungen variieren.

[2]Die Reichweite wurde unter optimalen Bedingungen, unter anderem mit 3 Batteriepaketen nach Vorkonditionierung im teilbeladenen Verteilerverkehr mit Sattelanhänger bei 20°C Außentemperatur, intern ermittelt.


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