Foto: AdobeStock_artjazz

EU-Kommission will Lieferkettengesetz verschieben und Nachhaltigkeitsberichterstattung lockern

Die Europäische Kommission will die Bestimmungen der Richtlinie zur Lieferkette (CSDD) und der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) lockern. Dies ist eine gute Nachricht für die europäischen Unternehmen.

Lesezeit 6 Min.

Brüssel kommt den EU-Unternehmen entgegen und will den mit der Lieferkettenrichtlinie verbundenen bürokratischen Aufwand verringern. Am Mittwoch, den 26. Februar, stellte die EU-Kommission ein Vereinfachungspaket – „Omnibus 1“ – vor, das unter anderem vorsieht, das Inkrafttreten der umstrittenen CSDD um ein Jahr, d. h. bis 2028, zu verschieben und die CSRD zu lockern.

Hintergrund

Die CSDD gilt für Unternehmen mit 1.000 oder mehr Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mindestens 450 Millionen Euro. Sie erlegt ihnen die Sorgfaltspflicht auf, ihre eigenen Geschäftstätigkeiten und die der Akteure in der Wertschöpfungskette sowie deren Auswirkungen auf die Umwelt und die Menschenrechte kontinuierlich zu prüfen. Wie bei der CSRD können auch kleinere Unternehmen von der Richtlinie betroffen sein, wenn sie Teil der Wertschöpfungskette eines Unternehmens sind, das diesen Rechtsvorschriften unterliegt.

„Omnibus 1“ ist Teil eines umfassenderen Reformpakets, das den europäischen Unternehmen helfen soll. Diese Reformen umfassen auch Anreize für die Industrie zur Dekarbonisierung und Maßnahmen zur Senkung der Energiekosten. Die Maßnahmen der Kommission sollen die Wettbewerbsfähigkeit Europas gegenüber den USA und China stärken.

Entlastung kommt für Großunternehmen zu spät

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) zeigt sich zwar erfreut über die Omnibus-Initiative zur Vereinfachung von Berichtspflichten, allerdings könne die Initiative nur ein erster Anfang für einen umfassenden Bürokratieabbau seitens Brüssel sein.

Viele Großunternehmen und auch große Mittelständler haben bereits umfangreiche Vorbereitungen getroffen, um den komplexen Anforderungen des EU-Lieferkettengesetzes sowie den CSRD-Berichtspflichten gerecht zu werden. Die Verschiebung der ersten Umsetzungsfristen des EU-Lieferkettengesetzes um ein Jahr sowie die Verschiebung der CSRD-Berichtspflichten für bestimmte Unternehmen um zwei Jahre entfaltet für sie deshalb kaum Wirkung. Diese Entlastung kommt zu spät. Kleinere Unternehmen könnten aber von den Verschiebungen profitieren. Sie gewinnen wertvolle Zeit, um sich auf die komplexen Anforderungen bestmöglich vorzubereiten und von den Erfahrungen anderer Unternehmen zu lernen”, erklärt VDA-Präsidentin Hildegard Müller.

Verpflichtungen werden für große Akteure gelten

Die Europäische Kommission will die Berichtslast in der ersten Phase in der ersten Hälfte des Jahres 2025 um 25 Prozent reduzieren, was für die europäischen Unternehmen Einsparungen in Höhe von 40 Milliarden Euro (42 Milliarden Dollar) bedeuten soll.

Hier sind einige der wichtigsten Änderungen im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD):

  • rund 80 Prozent der Unternehmen aus der CSRD herauszunehmen – dies wird die Verpflichtungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung auf die größten Unternehmen konzentrieren, die wahrscheinlich die größten Auswirkungen auf die Bevölkerung und die Umwelt haben;
  • Sicherstellung, dass die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Großunternehmen nicht zu Lasten kleinerer Unternehmen in deren Wertschöpfungsketten gehen;
  • Verschiebung der Berichtspflichten für Unternehmen, die derzeit unter die CSRD fallen und ab 2026 oder 2027 Bericht erstatten müssen, um zwei Jahre (bis 2028);
  • Verringerung der Berichtslast des EU-Systems und Beschränkung auf die größten Unternehmen (entsprechend dem Anwendungsbereich der CSDD), wobei die Möglichkeit der freiwilligen Berichterstattung für andere große Unternehmen im künftigen Anwendungsbereich der CSRD erhalten bleibt. Es wird erwartet, dass dies zu erheblichen Kosteneinsparungen für kleinere Unternehmen führen wird, während Unternehmen, die Zugang zu nachhaltiger Finanzierung wünschen, diese Berichterstattung fortsetzen können.

In Bezug auf die CSDD sieht die Europäische Kommission die folgenden Änderungen in „Omnibus 1“ vor:

  • Verschiebung des Umsetzungsdatums der Richtlinie um ein Jahr (auf 2028) in den Mitgliedsstaaten,
  • Sorgfaltspflichten in den Lieferketten sollen sich auf direkte Geschäftsbeziehungen beschränken, und die betroffenen Unternehmen müssen ihre Zulieferer alle fünf Jahre auf Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden überprüfen, statt wie geplant jährlich,
  • EU-Haftungsbedingungen werden abgeschafft und der Umfang der Informationen, die von den größten Unternehmen zur Überwachung der Wertschöpfungskette verlangt werden können, wird reduziert, um einen Dominoeffekt für den KMU-Sektor zu verhindern,
  • die neuen Verordnungen enthalten jedoch u. a. Bestimmungen zum Anspruch der Geschädigten auf vollständige Entschädigung für die durch die Nichteinhaltung der Vorschriften entstandenen Schäden.

Die geplante Straffung und Vereinfachung der CSRD- und CSDDD-Regularien wird dazu beitragen, die Einhaltung der Vorschriften zu verbessern. Hier kommt es jetzt auf die konsequente Umsetzung der angekündigten Vereinfachungen an. Das gilt insbesondere für die vorgesehene Harmonisierung der Datenpunkte, denn Fakt ist: Mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung, dem EU-Lieferkettengesetz wie auch der Taxonomie werden tausende, oft redundante und sich oft überschneidende Daten erhoben. Diese Berichtspflichten müssen endlich zusammengefasst werden. Ebenso muss geprüft werden, ob redundante Meldepflichten auch durch andere Anforderungen bestehen”, so Müller weiter.

Bis Juli 2026 wird die Europäische Kommission die notwendigen Leitlinien herausgeben, um Unternehmen beim Aufbau bewährter Verfahren in den Lieferketten zu unterstützen.

VDA schlägt Schwellenwert von 3.500 Mitarbeitenden

Die Anhebung der Schwellenwerte bei den Mitarbeitenden und dem Nettoumsatz für die Anwendung des EU-Lieferkettengesetzes sowie bei der EU-Richtlinie zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) seien nach Auffassung des VDA zwar grundsätzlich Schritte in die richtige Richtung, “reichen allerdings nicht aus, die Regelungen treffen den industriellen Mittelstand weiterhin direkt und belasten ihn erheblich. Der VDA schlägt daher einen Schwellenwert von 3.500 Mitarbeitenden vor”.

Hinzu kommt: Umsatzschwellen geben in der Industrie keine verlässliche Auskunft über die Größe eines Unternehmens, da die hohen Kosten für Vorprodukte und Anlagen einen großen Teil des Umsatzes ausmachen, ohne dass dies die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit widerspiegelt”, heißt es abschließend..

Trotz der Lockerung der Vorschriften für die Berichterstattung über die Umweltpolitik erklärt die EU-Kommission, dass die Europäische Union an ihren Nettoemissions- und anderen Klimaschutzzielen festhalten wird.

Mitarbeit: Sabina Koll

Tags