Der Bundesverband der Kurier-, Express-, Post-Dienste e.V. (BdKEP) hat einige wichtige Informationen zu diesem Thema zusammengestellt. Diese Zusammenstellung ist jedoch weder vollständig noch abschließend. KEP Unternehmer*innen sind gefordert, sich im Detail mit den Themengebieten zu befassen. Neben den weiter unten genannten Rechtsgrundlagen, sind abhängig vom Leistungsangebot der Unternehmen zusätzlich bspw. folgende Themengebiete relevant: Handelsgesetzbuch (HGB), Sozialvorschriften VO (EG) Nr. 561/2006 und VO (EU) Nr. 165/2014, Arbeitszeitvorschriften Richtlinie 2002/15/EG, Maße und Gewichte Richtlinie 96/53/EG, Technischer Fahrzeugzustand Richtlinien 2014/45/EU und 2014/47/EU, Geschwindigkeitsbegrenzer Richtlinie 92/6/EWG, Berufskraftfahrerqualifikation Richtlinie 2003/59/EG, Fahrerlaubnisrecht Richtlinie 2006/126/EG, Gefahrgutrecht Richtlinie 2008/68/EG, Tiertransportrecht VO (EG) Nr. 1/2005.
Der Verband empfiehlt KEP Unternehmen sich sofern noch nicht geschehen unverzüglich und umfassend mit dem Thema zu befassen sowie über die Vorgehensweise ab 21. Mai 2022 zu entscheiden. Sofern dann noch grenzüberschreitende Transporte ohne Gemeinschaftslizenz erbracht werden bzw. gegen andere Vorschriften verstoßen wird, besteht das Risiko hoher Bußgeldzahlungen und weiterer Sanktionen. Diese können den grenzüberschreitenden Geschäftsbetrieb zum Erliegen bringen.
Zu den Themengebieten Umsetzung & Erwerb der Gemeinschaftslizenz sowie Praxis informieren Sie sich bitte hier:
Recht
1.1 Welche Änderungen zu den Themen „Gemeinschaftslizenz“ & „zulässigem Gesamtgewicht (zGG) im grenzüberschreitenden Verkehr über 2,5 Tonnen“ treten wann in Kraft?
Zum 21. Mai 2022 treten Neuregelungen zu den Markt- und Berufszugangsverordnungen für Fahrzeuge über 2,5 t zulässige Gesamtgewicht im grenzüberschreitenden Verkehr in Kraft. Demnach benötigen Unternehmen für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr sowie Kabotageverkehr mit Fahrzeugen bereits über 2,5 Tonnen und nicht erst wie bisher über 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht die sogenannte Gemeinschaftslizenz.
Sofern Unternehmen ausschließlich mit Fahrzeugen zwischen 2,5 und 3,5 t zulässigem Gesamtgewicht grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr erbringen, gelten die Regelungen ab 21. Mai 2022. Sofern auch Fahrzeuge über 3,5 t zulässiges Gesamtgewicht eingesetzt werden, gelten bestimmte geänderte Regelungen zu den Gemeinschaftslizenzen bereits ab dem 21. Februar 2022. (siehe Verordnung (EU) 2020/1055)
Für inländische deutsche Verkehre von Unternehmen mit Niederlassung in Deutschland verändern sich die Lizenz- oder auch andere Erlaubnispflichten durch diese Verordnung nicht. Hingewiesen sei hier trotzdem auf die Anzeigepflicht für den Transport adressierter Sendungen bis 31,5 kg bei der Bundesnetzagentur.
1.2 Was bedeutet die Gemeinschaftslizenz?
Frachtführer, die auf dem Gebieten der Europäischen Union, der EWR-Staaten sowie der Schweiz (Achtung: Kabotageverbot) aktiv sein wollen, benötigen für grenzüberschreitende Beförderungen zwischen den genannten Staaten eine sogenannte Gemeinschaftslizenz, nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009. Diese Lizenz ermöglicht auch die Durchführung von Kabotagebeförderungen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben (vgl. Artikel 8 und 9 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009).
Ausnahme: Kabotageverbot in der Schweiz
In der Schweiz darf damit jedoch grundsätzlich keine Kabotage durchgeführt werden. Das Merkblatt Binnentransporte – Kabotage -im gewerblichen Güterverkehr der Eidgenössischen Zollverwaltung informiert über das Verbot und sogenannte Toleranzen bspw. im Zusammenhang mit der Weiterbeförderung von Anhängern.
1.3 Unter welchen Bedingungen bekommen Unternehmen die Gemeinschaftslizenz?
Unternehmen erhalten die Gemeinschaftslizenz, wenn sie die Bedingungen für die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers erfüllen. Die Regelungen sind maßgeblich in den Verordnungen (EG) Nr. 1071/2009 sowie 1072/2009 sowie für Deutschland im Güterkraftverkehrsgesetz (GükG), der Berufszugangsverordnung für den Güterkraftverkehr (GBZugV) definiert.
Demnach bekommen Unternehmen die Gemeinschaftslizenz, wenn sie:
- über eine tatsächliche und dauerhafte Niederlassung in einem Mitgliedstaat – in diesem Fall in Deutschland – verfügen
- mindestens eine natürliche Person, den sogenannten Verkehrsleiter benennen, der die Kriterien der § 2 Persönliche Zuverlässigkeit (GBZugV) sowie § 4 Fachliche Eignung (GBZugV) erfüllt.
- sowie über die angemessene § 3 Finanzielle Leistungsfähigkeit (GBZugV) verfügen.
1.4. Gibt es gesonderte verpflichtende nationale Durchführungsverordnungen oder andere Regelwerke zur Umsetzung der Verordnung?
Nein, die Änderungen aus dem Mobilitätspaket I sind sogenannte EU-Verordnungen, die im Gegensatz zu EU-Richtlinien keiner gesonderten nationalen Umsetzung bedürfen, sondern in den Mitgliedstaaten unmittelbar gelten. Im Mobilitätspakt I vorgesehene legislative Spielräume (bspw. die Praktikerregelung – siehe dazugehörige FAQ) für Mitgliedsstaaten können diese umsetzen, jedoch müssen sie hier nicht tätig werden. (Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1071/2009 – Seite L 249/24)
1.5 Ist die Gemeinschaftslizenz auch für Kabotageverkehre mit Fahrzeugen ab 2,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht notwendig?
Nach Verordnung (EU) 2020/1055) sind Kabotagefahrten dann erlaubt, wenn der Verkehrsunternehmer „eindeutige Belege für die grenzüberschreitende Beförderung in den betreffenden Mitgliedstaat vorweisen kann.“ Demnach ist die Gemeinschaftslizenz zur Erbringung von Kabotagefahrten für Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 2,5 Tonnen notwendig, da vorab ein grenzüberscheitender Transport mit diesem Fahrzeug vorgenommen werden musste.
Quellen:
- Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex%3A31996L0071
- Verstärkte Durchsetzung der EU-Rechtsvorschriften über die Entsendung von Arbeitnehmern https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=LEGISSUM:c10508
- Europäische 20Union – Neue mehrsprachige Entsendeplattform (Road Transport Posting Declaration Portal) – ab dem 02. Februar 2022 – ATSÖ
- Verordnung (EU) 2020/1055
- Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009
- Verordnungen (EG) Nr. 1071/2009 sowie 1072/2009
- Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1071/2009 – Seite L 249/24
- Verordnung (EU) 2020/1055
- Verzeichnis der Genehmigungsbehörden der Länder für Personenverkehr und gewerblichen Güterkraftverkehr beim BAG)
- Verordnung (EU) 2020/1055 zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1071/2009 – Seite L 249/24
- Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 Artikel 7
- Vollständige Liste der Sachgebiete in Anhang 1 L 300/64
- Richtlinie2006/22/EG Anhang III
- Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 Artikel 18
- EU Kommission – Beschäftigung, Soziales und Integration
- Seiten der EU Kommission
- Richtlinie 96/71/EG
- Richtlinie (EU) 2020/1057 Artikel 1 Absatz (3)
- Richtlinie (EU) 2020/1057 Artikel 1 Absatz (5)
- https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex%3A31996L0071
- Anzeigepflicht für den Transport adressierter Sendungen bis 31,5 kg bei der Bundesnetzagentur.
- Güterkraftverkehrsgesetz (GükG)
- §7c GüKG
- §19 GüKG Absatz 2
- §19 GüKG Absatz 7
- Berufszugangsverordnung für den Güterkraftverkehr (GBZugV)
- §2 Persönliche Zuverlässigkeit (GBZugV)
- §3 Finanzielle Leistungsfähigkeit (GBZugV)
- §4 Fachliche Eignung (GBZugV)
- Berufszugangsverordnung für den Güterkraftverkehr (GBZugV)
- Leitfaden zur Risikoeinstufung von Kraftverkehrsunternehmen
Achtung: Die folgenden Informationen beinhalten keinen Rechtsrat. Sie sind sorgfältig recherchiert, stellen jedoch keine Rechtsberatung dar und geben die aktuelle Lage nur auszugsweise wieder. Sie können eine den Besonderheiten des einzelnen Sachverhaltes gerecht werdende individuelle Beratung nicht ersetzen und begründen keine Haftungsansprüche. Die Angaben erfolgen ohne Gewähr.