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Gemeinschaftslizenz im grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraft- und Kabotageverkehr mit Fahrzeugen über 2,5 t zGG

Themengebiet: Praxis Zum 21. Februar 2022 bzw. bzw. 21. Mai 2022 treten Neuregelungen zu den Markt- und Berufszugangsverordnungen für Fahrzeugen über 2,5 t zulässigem Gesamtgewicht im grenzüberschreitenden Verkehr in Kraft. Wichtigste Neuerung ist, dass auch für diese Fahrzeuge im grenzüberschreitenden Verkehr die Gemeinschaftslizenz vorhanden sein muß. Besonders für Unternehmen, die bisher mit diesem Themenbereich kaum Berührung hatten, ist das mit erheblichem und ggfs. auch finanziellen Aufwand verbunden. Sofern diese Lizenz nicht rechtzeitig vorliegt, können diese Unternehmen in wirtschaftliche Schieflage geraten, da grenzüberschreitende Transportleistungen nicht mehr wie bisher erbracht werden können.

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Der Bundesverband der Kurier-, Express-, Post-Dienste e.V. (BdKEP) hat einige wichtige Informationen zu diesem Thema zusammengestellt. Diese Zusammenstellung ist jedoch weder vollständig noch abschließend. KEP Unternehmer*innen sind gefordert, sich im Detail mit den Themengebieten zu befassen. Neben den weiter unten genannten Rechtsgrundlagen, sind abhängig vom Leistungsangebot der Unternehmen zusätzlich bspw. folgende Themengebiete relevant: Handelsgesetzbuch (HGB), Sozialvorschriften VO (EG) Nr. 561/2006 und VO (EU) Nr. 165/2014, Arbeitszeitvorschriften Richtlinie 2002/15/EG, Maße und Gewichte Richtlinie 96/53/EG, Technischer Fahrzeugzustand Richtlinien 2014/45/EU und 2014/47/EU, Geschwindigkeitsbegrenzer Richtlinie 92/6/EWG, Berufskraftfahrerqualifikation Richtlinie 2003/59/EG, Fahrerlaubnisrecht Richtlinie 2006/126/EG, Gefahrgutrecht Richtlinie 2008/68/EG, Tiertransportrecht VO (EG) Nr. 1/2005.

Der Verband empfiehlt KEP Unternehmen sich sofern noch nicht geschehen unverzüglich und umfassend mit dem Thema zu befassen sowie über die Vorgehensweise ab 21. Mai 2022 zu entscheiden. Sofern dann noch grenzüberschreitende Transporte ohne Gemeinschaftslizenz erbracht werden bzw. gegen andere Vorschriften verstoßen wird, besteht das Risiko hoher Bußgeldzahlungen und weiterer Sanktionen. Diese können den grenzüberschreitenden Geschäftsbetrieb zum Erliegen bringen.

Zu den Themengebieten Recht sowie Praxis informieren Sie sich bitte hier:

Praxis

3.1 Können Unternehmen ohne Gemeinschaftslizenz Nachunternehmen, die eine Gemeinschaftslizenz haben, mit der Erbringung grenzüberschreitender Transporte beauftragen?

Grundsätzlich ja (GüKG§ 7c). Jedoch darf das Unternehmen dann nicht beauftragt werden, wenn das auftraggebende Unternehmen weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass der Auftragnehmer

  • nicht Inhaber einer Gemeinschaftslizenz ist, oder die Lizenz unzulässig verwendet,
  • bei der Beförderung Fahrpersonal einsetzt, das die Voraussetzungen nicht erfüllt,
  • weitere Frachtführer oder Spediteure einsetzt oder zulässt, dass ein solcher tätig wird, der die Beförderungen ohne Gemeinschaftslizenz durchführt.

Die rein vertragliche Zusicherung, dass Auftragnehmer über eine Gemeinschaftslizenz verfügen, ist zwar hilfreich aber im Zweifel nicht ausreichend. Es müssen alle weiteren zumutbaren Kontrollen durchgeführt werden.

3.2 Welche Sanktionen drohen, wenn Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig nach dem Inkrafttreten am 21.5.22 grenzüberschreitende Transporte mit Fahrzeugen über 2,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht ohne Gemeinschaftslizenz durchführen?

Unternehmen die vorsätzlich oder fahrlässig grenzüberschreitende Transporte mit Fahrzeugen über 2,5 Tonnen ohne Gemeinschaftslizenz nach § 3 GüKG im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr betreiben§ 19 GüKG Absatz 2, müssen laut § 19 GüKG Absatz 7 mit Geldbußen bis 20.000 Euro rechnen.

Die Behörden im Ausland sind mit Kontrollen der Gemeinschaftslizenz seit vielen Jahren vertraut. Es ist davon auszugehen, dass ab dem Inkrafttreten der Vorschrift entsprechend kontrolliert und sanktioniert wird.

3.3 Welche anderen möglichen Ordnungswidrigkeiten und damit Sanktionen drohen im Zusammenhang mit der Gemeinschaftslizenz?

Verstöße gegen die umfangreichen und auch teilweise komplizierten Regelungen im internationalen Güterverkehr gefährden andere Verkehrsteilnehmer und verzerren oft den Wettbewerb. Unternehmen bzw. verantwortliche Personen, die diese Verstöße zulassen, sollen sanktioniert werden und ggfs. auch aus dem Markt ausscheiden. Dazu kommt ein Risikoeinstufungssystem zum Einsatz. Es zielt auf die persönliche Zuverlässigkeit nach der Berufszugangsverordnung für den Güterkraftverkehr (GBZugV) ab. Sofern die Verantwortlichen zu viele Verstöße gegen geltende Vorschriften zulassen, zieht man diese in Zweifel oder erkennt sie sogar ab. Letzteres geht mit dem Verlust der Gemeinschaftslizenz einher.

In diesem System werden mögliche Verstöße gruppiert und in Schwergrade – schwerster | sehr schwerwiegender | schwerwiegender | geringfügiger Verstoß – eingeteilt (Richtlinie2006/22/EG Anhang III). Darauf aufbauend kommt in Deutschland ein Ampelsystem zur Risikoeinstufung der Unternehmen zum Einsatz. Dazu hat das Verkehrsministerium einen Leitfaden zur Risikoeinstufung von Kraftverkehrsunternehmen herausgegeben. Aus den Verstößen wird über eine Formel das Unternehmensrisiko berechnet. Bei mittlerem Risiko (gelb) wird das Unternehmen binnen 2 Jahren einer Prüfung unterzogen, bei hohem Risiko muß eine unverzügliche Prüfung erfolgen. Im Rahmen der Überprüfung vergewissert sich die zuständige Behörde, ob die Berufszugangsvoraussetzungen weiterhin vorliegen.

Die Behörden führen dazu die sogenannte Verkehrsunternehmensdatei. Hier sind Informationen zur Rechtsform des Unternehmens, über den/ die Verkehrsleiterin, Anzahl der Fahrzeuge, Tatbestände bei nicht ordnungsgemäßer Unternehmensführung sowie Versagung nach dem Güterkraftverkehrsgesetz hinterlegt.

3.4 Tauschen die EU Staaten Informationen über Verstöße aus?

Die Mitgliedstaaten tauschen bestimmte Informationen über Verstöße oder über Verkehrsleiter, die für ungeeignet erklärt wurden, aus. Die Mitgliedstaaten speichern den mitgeteilten Verstoß im jeweiligen einzelstaatlichen elektronischen Register. (Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 Artikel 18)

3.5 Wie wird mit grenzüberschreitendem Nahverkehr umgegangen?

Sonderregelungen für den grenzüberschreitenden Nahverkehr sind in den geänderten Rechtsvorschriften nicht vorgesehen. Spielraum für den nationalen Gesetzgeber besteht nicht.

3.6 Wer bestraft in welchem Land? – Wie wird Doppelbestrafung von Unternehmen verhindert? Gibt es bei Verstößen Meldungen an deutsche Behörden?

Sofern Bußgelder verhängt werden, geschieht dies durch die am Ort des Verstoßes zuständige Behörde. Die Mitgliedstaaten tauschen bestimmte Informationen über Verstöße oder über Verkehrsleiter, die in Mitgliedsstaaten gesperrt wurden, aus. Die Mitgliedstaaten speichern den mitgeteilten Verstoß im jeweiligen einzelstaatlichen elektronischen Register. (Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 Artikel 18)

3.7 Kontrollieren die Staaten die inländischen Unternehmen/ Fahrer oder/ und ausländische Unternehmen?

Grundsätzlich erfolgt eine diskriminierungsfreie Überprüfung unabhängig vom Zulassungsstaat der Fahrzeuge. Betriebskontrollen vor Ort werden durch die für den Sitz zuständigen Behörden durchgeführt. Die Vorschrift für Fahrzeuge von 2,5 – 3,5 t gilt nur im grenzüberschreitenden Verkehr. Deshalb ist davon auszugehen, dass in den jeweiligen Ländern auch nur ausländische kleine Nutzfahrzeuge kontrolliert werden. Dadurch kann die Wahrscheinlichkeit, kontrolliert zu werden, stark ansteigen. Besonders effiziente Kontrollen sind in Grenznähe denkbar.

3.8 Wie wird das Risiko eingeschätzt, das sich durch diese Vorgabe der Fahrermangel stärker auch auf die KEP Branche (selbstfahrende Unternehmer) überträgt?

Der Gesetzgeber sieht die verschiedenen Interessen im ausführlich auf unionsebene diskutierten Mobilitätspaket hinreichend berücksichtigt. Besondere Benachteiligungen werden nicht erwartet.

3.9 Wieviel Fahrzeuge benötigen die Lizenz?

Jedes für grenzüberschreitende Transporte genutzte Fahrzeug benötigt die Lizenz. Die Kopie der Lizenz ist im Fahrzeug mitzuführen. Es wird je gemeldetem Fahrzeug von der ausgebenden Stelle nur eine beglaubigte Kopie ausgegeben. Sofern verschiedene Fahrzeuge grenzüberschreitende Transporte durchführen, muss also die „Original-Kopie“ an das neue Fahrzeug vor Grenzübertritt übergeben werden. Änderungen im Fuhrpark müssen der Vergabestelle angezeigt werden

3.10 Kann eine Lizenz nacheinander für verschiedene Fahrzeuge genutzt werden?

Ja. Sofern verschiedene Fahrzeuge grenzüberschreitende Transporte durchführen, muss die „Original-Kopie“ an das neue Fahrzeug vor Grenzübertritt übergeben werden.

3.11 Welche Rolle spielt die Entsenderichtlinie?

Ein „entsandter Arbeitnehmer“ ist ein Arbeitnehmer (Frau oder Mann), der von seinem Arbeitgeber in ein anderes EU-Land geschickt wird, um dort während eines begrenzten Zeitraums eine Dienstleistung zu erbringen. (siehe EU Kommission – Beschäftigung, Soziales und Integration)

Die Zusammenfassung der dazugehörigen Regelung für Kraftfahrern im Straßenverkehrssektor ist auf den Seiten der EU Kommission hier zu finden. Die Regelungen zur Entsendung sind komplex. Eine Beschäftigung im Detail ist dringend zu empfehlen.

Die Entsenderegelungen gelten für Kraftfahrer im Güterverkehr grundsätzlich dann, wenn Sie im EU Ausland Kabotagefahrten erbringen. Die Entsenderegelungen sehen umfangreiche Melde- und Dokumentationspflichten vor.

Bilaterale Beförderungen von Gütern sind keine Entsendungen gemäß Richtlinie 96/71/EG (gilt ab 2. Februar 2022). Bei bilateralen Beförderungen transportieren Fahrer*innen Güter von einem Mitglieds- bzw. Drittstaat in einen anderen oder umgekehrt. Hin- und Rückfahrt sind jeweils eine bilaterale Fahrt. Unter genau definierten engen Bedingungen können dabei unterwegs weitere Güter ge- und entladen werden. (Richtlinie (EU) 2020/1057 Artikel 1 Absatz (3))

Transitbeförderungen sind keine Entsendungen. Bei Transitbeförderungen fahren Fahrer*innen durch Mitgliedsstaaten durch, ohne dort Güter auf- oder abzuladen. (Richtlinie (EU) 2020/1057 Artikel 1 Absatz (5))


Quellen:


Achtung: Die folgenden Informationen beinhalten keinen Rechtsrat. Sie sind sorgfältig recherchiert, stellen jedoch keine Rechtsberatung dar und geben die aktuelle Lage nur auszugsweise wieder. Sie können eine den Besonderheiten des einzelnen Sachverhaltes gerecht werdende individuelle Beratung nicht ersetzen und begründen keine Haftungsansprüche. Die Angaben erfolgen ohne Gewähr.

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