WERBUNG
Object

Bei der Tank- und Rastanlage Hunsrück West an der A61 wurde das 5. Telematik-Parksystem gestartet. (Quelle: Maurice Kaluscha / Autobahn GmbH)

Mehr Parkplätze ohne Neubau? Telematik soll LKW-Stellplatzkrise entschärfen

Lesezeit 4 Min.

Deutschlandweit fehlen zehntausende LKW-Stellplätze – mit digitaler Technik will der Bund nun gegensteuern. Ein neues Telematik-Parksystem in Rheinland-Pfalz soll vorhandene Flächen effizienter nutzbar machen. Doch reicht das aus, um die kritische Lage zu entschärfen?

Deutschland kämpft seit Jahren mit einem strukturellen Mangel an LKW-Stellplätzen entlang der Autobahnen. Allein laut einer Zählung der Autobahn GmbH fehlten 2023 über 20.000 Stellplätze – Tendenz steigend. Mit dem Projekt „Telematik-Parksystem Hunsrück West“ will der Bund nun gegensteuern und die bestehenden Flächen effizienter nutzen.

Vorhandene LKW-Parkflächen bestmöglich nutzen – dabei helfen Telematik-Parksysteme, schreibt das Bundesverkehrsministerium zur Inbetriebnahme der kostenlosen Stellflächen für LKW.

Mehr Kapazität ohne Neubau: 50 Prozent mehr Stellplätze

Das neue System an der Rastanlage Hunsrück West (A61) erhöht die nutzbare Kapazität durch ein telematisches Einweisungsverfahren von 50 auf 78 Stellplätze – ohne bauliche Erweiterung. Einschließlich der bestehenden Zusatzflächen stehen nun insgesamt 88 LKW-Stellplätze zur Verfügung.

Diese Verdichtung durch intelligentes Kompaktparken gilt als Chance, insbesondere an Standorten mit begrenzten Flächen oder schwierigen baurechtlichen Voraussetzungen.

Telematik als skalierbare Lösung – bis zu 50 Anlagen bis 2030

Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder betont:

Die Logistik ist einer der größten Wirtschaftsbereiche in Deutschland (…). Täglich sind Tausende LKW-Fahrerinnen und Fahrer auf Deutschlands Straßen im Einsatz und leisten eine unverzichtbare Arbeit. Für ihre Ruhepausen brauchen sie gut ausgebaute und gut erreichbare LKW-Parkmöglichkeiten.

Er kündigte zudem an, dass der Bund bis 2030 bis zu 50 weitere Rastanlagen mit der neuen Technik ausstatten will. Dafür richtet die Autobahn GmbH ein Kompetenzzentrum für telematisches Parken ein, das Planung, Bau und Betrieb der Systeme bündeln soll.

In der begleitenden Erklärung des Ministers heißt es weiter, das Verfahren ermögliche eine effizientere Nutzung bestehender Flächen, sei ein bedeutender Fortschritt – und der Bund investiere rund 900.000 Euro in das neue Parksystem.

Technischer Fortschritt entlastet – ersetzt aber keinen Neubau

Auch Dirk Brandenburger, technischer Geschäftsführer der Autobahn GmbH, bezeichnet das System als „schnelle digitale Lösung“, um vorhandene Flächen besser zu nutzen:

Wir schaffen mit dem telematischen Parkverfahren eine schnelle digitale Lösung, die LKW mithilfe von dynamischen Anzeigen optimal einreiht.

 

Auf Threads ansehen

 

ACE-Analyse: Nacht für Nacht drohen gefährliche Zustände

Wie dringend die Entlastung ist, zeigt eine aktuelle Analyse des Auto Club Europa (ACE). Zwischen April und Juni 2025 untersuchte der Verband 31 Rastanlagen in Ostdeutschland – mit alarmierenden Ergebnissen:

  • Insgesamt wurden 2.168 abgestellte LKW gezählt, obwohl nur 1.412 reguläre Plätze vorhanden waren – eine Überbelegung von rund 50 Prozent.
  • Besonders dramatisch war die Lage an der A4 bei Bautzen (165  Prozent Überbelegung) und an der A17 bei Dresden (bis zu 120  Prozent).
  • Auf 21 Anlagen wurden konkrete Verkehrsgefährdungen festgestellt, etwa durch LKW in Ein- und Ausfahrten oder auf PKW-Stellplätzen.

Positiv fiel auf, dass keine Fahrzeuge auf dem Standstreifen parkten. Dennoch zeigt sich, dass der Druck auf die Infrastruktur enorm ist – vor allem in den Abendstunden.

Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr (BGL), spricht von einem regelrechten „Kleinkrieg“ ab 16 Uhr um die wenigen verfügbaren Plätze.

Zahlen der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) bestätigen: 2023 standen nachts über 102.000 LKW lediglich 82.490 regulären Stellplätzen gegenüber. Der BGL schätzt die tatsächliche Lücke sogar auf rund 40.000 fehlende Plätze – und warnt: Der Ausbau von Ladeinfrastruktur für E-LKW könnte die Knappheit weiter verschärfen.

Nadelöhr bleibt – Telematik hilft nur kurzfristig

Das neue Parksystem ist ein wichtiger Impuls – aber kein Ersatz für flächendeckenden Stellplatzausbau. Die Politik setzt auf Digitalisierung, um Zeit zu gewinnen. Doch der Handlungsdruck bleibt hoch, denn ohne massive Investitionen in neue Flächen und abgestimmte Lösungen mit privaten Autohöfen, bleibt das Nachtparken für LKW-Fahrer auch künftig ein Risiko.

Tags: