Foto: trans-o-flex / Wolfgang P. Albeck

Der richtige Zeitpunkt für Dekarbonisierungsmaßnahmen war eigentlich gestern und vorgestern

Bis 2030 will die Europäische Union die CO2-Emissionen um mindestens 55 Prozent senken und 2050 klimaneutral sein. Bereiten diese Klimaziele Transport-und Logistikunternehmen Kopfzerbrechen? Wie sich herausstellt, läuft es gar nicht so schlecht. Obwohl die europäischen Unternehmen den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft laut der EIB-Klimaumfrage als große Herausforderung betrachten, investieren mehr als 40 Prozent von ihnen in Klimaschutzmaßnahmen. Und zwar schneller als Unternehmen in den Vereinigten Staaten. Auch die Transport-und Logistikbranche erkennt die Notwendigkeit der Dekarbonisierung, fordert aber eine stärkere systemische Unterstützung und Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation bei der Festlegung von Umweltstandards.

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Das Unternehmen trans-o-flex will auch im nächsten Jahr in einen (klima-)effizienten Fuhrpark investieren und seine Nachhaltigkeitsstrategie ausbauen, die das ganze Unternehmen, seine Mitarbeiter und Kunden in den Blick nimmt. 

Das fing an mit dem Bezug von Strom aus nachhaltigen Energiequellen und reicht bis zur Umstellung auf 100 Prozent Altpapier. Auch die Förderung der Artenvielfalt nehmen wir in den Blick, indem wir an unseren Standorten beispielsweise Bienenvölker ansiedeln oder in der Nähe unseres Hauptsitzes ein Naturschutzprojekt gegen die Verbuschung der Landschaft und für die Wiederansiedlung einer bestimmten Schlangenart fördern, die in Deutschland als stark gefährdet gilt, sagt Wolfgang P. Albeck, Vorsitzender der Geschäftsführung von trans-o-flex.

Das Unternehmen betont jedoch gleichzeitig, dass was den Fuhrpark angeht, es für dessen Einsatzzwecke, vor allem in der aktiv temperaturgeführten Logistik, noch keine effizienten LKW-Angebote, beispielsweise mit elektrischem Antrieb, gibt.

Aber wir stellen beispielsweise die Temperierung unserer Fahrzeuge auf elektrische Kühlanlagen um. Die sind in der Anschaffung zwar teurer, aber in den Gesamtkosten niedriger als Dieselaggregate, so Albeck.

Das Unternehmen betont auch, dass es für eine klimagerechte Transportlogistik nicht ausreicht, lediglich den Fahrzeugantrieb auszutauschen, denn vor allem muss man die Logistikkette neu denken. Deshalb testet trans-o-flex beispielsweise in Bremen auf der letzten Meile den Einsatz von Lastenrädern, die den Einsatz konventioneller Transporter in Innenstadtbereichen komplett ersetzen sollen.

Auch im Lager- und Umschlagbereich gibt es vielfältige Möglichkeiten, effizienter zu werden und gleichzeitig klimafreundlich zu arbeiten. Große Hebel sind die Senkung des Energieverbrauchs durch bessere Dämmung von Lagern, die Umstellung auf effizientere Heizungen oder auch die Umstellung auf LED-Beleuchtung. 

Die Beleuchtung macht in vielen Lägern bis zu 30 Prozent des Energieverbrauchs aus! Gleichzeitig bieten die großen Dachflächen vieler Logistikzentren sehr gute Möglichkeiten, mit Photovoltaikanlagen selbst einen Teil des Stroms zu produzieren, der gebraucht wird. Das ist nicht nur ein aktiver Klimaschutzbeitrag, sondern führt auch zu langfristig kalkulierbaren Kosten für den Strombezug, erklärt Albeck.

Bei der Planung neuer Logistikzentren gehört es bei trans-o-flex inzwischen außerdem dazu, dass das Unternehmen mit einem Versickerungssystem Regenwasser nicht in die Kanalisation leitet, sondern versickern lässt. 

Der richtige Zeitpunkt für Dekarbonisierungsmaßnahmen war eigentlich gestern und vorgestern, sagt Albeck.

Deshalb hat trans-o-flex beispielsweise mit der Umstellung auf grünen Strom bereits im Jahr 2008 begonnen. Es ist richtig, dass die Bundesregierung und die europäische Kommission versuchen, einen für alle Bürger, für Industrie, Dienstleister und Landwirtschaft gültigen Rahmen in der Klimafrage aufzubauen, betont das Unternehmen.

Wer hier über ein zu hohes Tempo klagt, der sollte bedenken, dass wir uns ansonsten selbst den Ast absägen, auf dem wir sitzen. Schließlich wollen wir auch morgen und übermorgen noch Sendungen abholen, transportieren und zustellen können, betont der Vorsitzende von trans-o-flex vehement.

Frachtführer wollen in neuere Fahrzeuge investieren

Die Klimastrategie der EU zwingt Frachtführer jetzt schon zum Kauf neuerer Fahrzeuge. Laut der litauischen Niederlassung von Asstra wird dies im nächsten Jahr jedoch eher Frachtführer betreffen, die nach Deutschland und in andere westeuropäische Länder fahren. Im Laufe der Zeit wird sich die Liste der Länder, in denen umweltfreundlichere Autos erforderlich sein werden, jedoch definitiv erweitern.

Die meisten Transporte in der Europäischen Union sind Straßentransporte, und wenn wir über Straßentransporte sprechen, sehen wir eine Umstellung auf höhere Euro-Normen (nach der Änderung der Mautsätze in Deutschland). Darüber hinaus wird HVO (hydriertes Pflanzenöl) weiterentwickelt, das derzeit vor allem in den Benelux-Ländern genutzt wird, aber wir beobachten eine Expansion auf die Märkte für alternative Kraftstoffe in anderen Ländern, sagt Dmitri Krõlov, Sustainable Development Manager bei Asstra.

Die Investition in Elektro-LKW wird von den Unternehmen aufgrund der noch nicht ausreichend entwickelten Infrastruktur, der Energiekosten und des damit verbundenen finanziellen Aufwands noch etwas zögerlich angegangen. Krõlov weist jedoch auf die wachsende Bedeutung des intermodalen Verkehrs hin.

Wir beobachten auch Investitionen in die intermodale Infrastruktur, die für die Kunden von Interesse ist – diese Lösung trägt oft dazu bei, die Frachtkosten und die Umweltbelastung zu senken. Es ist ein Anstieg von Investitionen seitens Unternehmen und Ländern sowie die Entwicklung riesiger EU-Projekte zu sehen, betont er.

Auch in Logistiklagern ist die Dekarbonisierung auf Kurs. Geschäftsinhaber, insbesondere von Lagerhäusern und Produktionsanlagen, investieren in Sonnenkollektoren auf Dächern oder in die Isolierung von Entladerampen.

Dank der umweltfreundlichen Gabelstapler und des WMS werden die Schadstoffemissionen in die Atmosphäre minimiert und der Stromverbrauch durch eine optimierte Organisation des Lagerbetriebs gesenkt,  sagt Jakub Lewczuk, Leiter des Bereichs Schienenverkehr für die Regionen EU und China bei Asstra.

Foto: Dmitri Krõlov, Sustainable Development Manager bei Asstra. Quelle: Asstra

Automatisierung wird die Dekarbonisierung beschleunigen

Citronex Trans Energy hingegen plant, die ersten Elektro-LKW zum Jahreswechsel 2024/2025 zu kaufen.

Um eine effektive Infrastruktur zu gewährleisten, arbeiten wir an der Inbetriebnahme einer 750-kW-Schnellladestation in unserem Hub in Zgorzelec, sagt Robert Zarzecki, Inhaber von Citronex Trans Energy.

Zudem will das Unternehmen seinen Fuhrpark modernisieren.

Die Modernisierung umfasst nicht nur den Ersatz älterer Modelle durch neuere, sondern auch Investitionen in Technologien, die die Kraftstoffeffizienz erhöhen und den CO2-Ausstoß reduzieren, sagt Zarzecki.

Um die europäischen Anforderungen in Bezug auf die Lagerverwaltung zu erfüllen, setzt das Unternehmen auf Automatisierungssysteme wie Lagerroboter und fahrerlose Stapler.

Nach Ansicht des Inhabers von Citronex Trans Energy ist die Implementierung von Lösungen auf Basis erneuerbarer Energien aufgrund der unklaren Aussichten für die Energiepreise für die Zukunft notwendig.

PV-Anlagen, Investitionen in energieeffiziente Beleuchtungs- und Klimaanlagen sind ebenfalls ein Schritt zur Reduzierung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen, argumentiert er.

Zarzecki plädiert jedoch für einen ausgewogenen Ansatz bei den Klimazielen, da alle Standards und Anforderungen die aktuelle wirtschaftliche Situation berücksichtigen sollten.

Das Beispiel der Mauterhöhung in Deutschland zeigt, dass die Motivation für Veränderungen wirksam sein kann, aber einen ausgewogenen Ansatz erfordert. In unserem Unternehmen sind wir der Meinung, dass ein solcher Prozess schrittweise erfolgen sollte, mit einer angemessenen Unterstützung für das Transportgewerbe, um die Branche nicht zu überfordern überlasten und die Möglichkeit zu geben, sich effektiv an die neuen Anforderungen anzupassen, urteil er.

Elektro- und Wasserstofftechnologien sind die Zukunft

OMEGA Pilzno Logistics plant alle künftigen Investitionen so, dass sie eine ökologische Komponente beinhalten.

Wenn wir ein neues Lager für einen Kunden einrichten, achten wir darauf, dass es über alle Systeme und technischen Lösungen zur Emissionsreduzierung verfügt. Auf diese Weise kann die Anlage – zusätzlich zu ihrem logistischen Nutzen – einen positiven Einfluss auf die Verringerung des CO2-Fußabdrucks der Organisation haben, die ihre Waren dort lagert. Gleiches gilt für die Anschaffung neuer LKW, die sich mit jeder Generation durch einen geringeren Kraftstoffverbrauch und geringere Emissionen auszeichnen, betont Grzegorz Borowicz, Geschäftsführer von OMEGA Pilzno Logistics.

Das Unternehmen war eines der ersten in Polen, das eine Flotte von LNG-betriebenen Fahrzeugen in Betrieb nahm. Im Jahr 2024 will  OMEGA Pilzno Logistics seine Flotte weiter modernisieren.

Wir beobachten derzeit den Markt und verfolgen die Entwicklung von Wasserstoff- und Elektrotechnologien genau, denn sie könnten die Zukunft der Transportbranche sein, sagt Borowicz.

Das Unternehmen hält die Dekarbonisierungsbemühungen der EU für eine gute Sache, aber die Ziele sind zu ambitioniert.

Es lässt sich nicht leugnen, dass die Beschränkungen für den Verkehr im Zusammenhang mit der Dekarbonisierung recht drastisch und weitreichend sind. Die Abhängigkeit des Mautsatzes vom CO2-Ausstoß oder das Verbot der Zulassung von Verbrennungsfahrzeugen sind zwei interessante Beispiele, die in der Öffentlichkeit viel Beachtung gefunden haben. Es ist erwähnenswert, dass der Straßenverkehr für 1/5 aller Kohlendioxidemissionen in der Europäischen Union verantwortlich ist, so Borowicz abschließend.

Grzegorz Borowicz von OMEGA Pilzno Food ITiS Godawski & Godawski Sp z o.o

Foto: Grzegorz Borowicz, Geschäftsführer von OMEGA Pilzno Logistics.Quelle: OMEGA Pilzno Food ITiS Godawski & Godawski Sp z o.o

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